Estland weist Oberhaupt der moskautreuen orthodoxen Kirche aus
Estland hat das Oberhaupt der moskautreuen orthodoxen Kirche des Ostseestaates zur Ausreise gezwungen. Das Handeln des russischen Staatsbürgers Metropolit Eugeni (Reschetnikow) gefährde die nationale Sicherheit, hieß es. Dieser teilte am Dienstag mit, die zuständige Behörde habe endgültig eine Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis abgelehnt. Er werde daher am Dienstag Estland verlassen, aber weiterhin Oberhaupt der Kirche bleiben.
Der 66-jährige Metropolit von Tallinn und ganz Estland – so sein offizieller Titel – kündigte kurz vor der Abreise an, er werde sich weiter um seine "Kirche kümmern, auch aus der Ferne". Zudem gebe es zwei Bischöfe in Estland, denen er weitreichende Vollmachten für ihre Arbeit erteilt habe. Eugeni hatte erfolglos die Entscheidung der Polizei- und Grenzschutzbehörde angefochten, seine am 6. Februar ablaufende Aufenthaltserlaubnis nicht zu verlängern.
Ein hoher Beamter des Nato-Mitglieds Estland hatte die Ablehnung von Eugenis Aufenthaltsantrag damit begründet, dass der Geistliche bei öffentlichen Auftritten Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine gerechtfertigt habe. Trotz Warnungen der Regierung habe er sein Verhalten nicht geändert. Seine Aktivitäten stellten eine Bedrohung der nationalen Sicherheit dar, so die Polizei- und Grenzschutzbehörde.
Eugeni: Politische Entscheidung gegen mich
Eugeni kritisierte zuletzt im estnischen Fernsehen, man habe eine "politische Entscheidung" gegen ihn getroffen. Er vertraue aber auf die Worte des Innenministers Lauri Läänemets, dass sich die Regierung nicht in die inneren Angelegenheiten der Kirche einmischen werde.
Eugeni steht seit 2018 der Estnischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats vor. Zuvor war er seit 2014 Vikarbischof in Moskau und leitete von 1995 bis 2018 die Moskauer Theologische Akademie. Die estnischen Behörden hatten zuletzt Anfang Februar 2022 Eugenis Aufenthaltserlaubnis um zwei Jahre verlängert.
In Estland gibt es zwei orthodoxe Kirchen. Die größere untersteht Moskau, die kleinere Konstantinopel. Bei der Volkszählung 2021 bekannten sich insgesamt 16 Prozent der Bevölkerung zum orthodoxen Christentum. (KNA)