Theologe Sander: Kirchliche Schuld blockiert christliche Botschaft
Aus Sicht des Salzburger Dogmatikers Hans-Joachim Sander muss die Kirche ihre eigene Schuld auf einer elementaren Ebene bekennen und bearbeiten. "Die kirchliche Schuld, die nicht elementar bearbeitet wird, ist eine Gesamtblockade der kirchlich ausgerichteten christlichen Botschaft", sagte Sander in einem auf der Internetseite des Bistums Essen verbreiteten Interview (Donnerstag). Dies werde der Kirche wehtun, da sie anerkennen müsse, dass sie in jeder Hinsicht abgestiegen sei.
Als Beispiel nannte Sander die Umweltenzyklika "Laudate Deum" (2023), die im Gegensatz zum Vorgängerschreiben "Laudato Si" (2015) kaum jemanden interessiert habe. "Wie auch, da ist eine Religionsgemeinschaft, die der Menschheit ins Gewissen redet in Sachen Klimawandel, aber sich selbst nicht ehrlich macht mit dem, was sie auf dem Gewissen hat." Dies sei nicht ungerecht, denn die jeweilige Schuld sage am meisten über eine Existenz aus. "Genau das hat die Kirche ja immer verkündigt und allen gesagt, ob sie es hören wollten oder nicht, und das erwischt sie nun selbst gravierend."
"Diese Haltung wird das Problem nur verschärfen"
Laut Sander sind die Schuldeingeständnisse und Erschütterungs-Bekundungen der Bischöfe, beispielsweise im Blick auf den sexuellen Missbrauch in der Kirche, ernst gemeint. Da so viele dieser Geständnisse nötig sind, seien sie allerdings zum Ritual geworden und beträfen immer den jeweiligen speziellen Fall. "Kein deutscher Bischof entschuldigt sich für den gravierenden sexuellen Missbrauch in Italiens katholischer Kirche, wo man noch nicht einmal mit der Aufarbeitung wirklich angefangen hat. Wie sollte er auch?", so Sander. Dadurch würden die bischöflichen Geständnisse jedoch nicht an die elementare Ebene heranreichen. Dies spürten auch die Betroffenen und könnten es in der Folge nicht mehr hören.
"So lange Schuldbekenntnisse von Bischöfen sowie vom Papst nicht auf diese elementare Ebene gelangen, bleiben sie leider unzureichend bis ritualisiert belanglos", betonte der Dogmatiker. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn immer mehr Menschen sagen würden, dass sie dieses Thema nicht mehr hören könnten. "Diese Haltung wird das Problem nur verschärfen." (cbr)