Standpunkt

In Gesellschaft und Politik: Glaube macht einen Unterschied

Veröffentlicht am 19.02.2024 um 00:01 Uhr – Von Andreas Püttmann – Lesedauer: 

Bonn ‐ Auch bei zunehmender Säkularisierung sollten sich Christen nicht kleiner machen als sie sind, kommentiert Andreas Püttmann. Er blickt auf das Christsein bei Einstellungen und Wahlverhalten – und betont: Glaube macht einen Unterschied.

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Die Fastenzeit lädt uns zu demütiger Erkenntnis eigener Schwächen und Fehler ein. Dies darf aber nicht so weit gehen, sich falsch zu bezichtigen und ein Antizeugnis gegen Jesu Wort in Mt 5,13-15 zu geben. Etwa durch die Behauptung eines Journalisten hier am Aschermittwoch, es gebe "keinen Faktengrund" für die sichere Annahme, "dass die politischen Ansichten innerhalb der Kirchenmitgliedschaft anders aussähen als in der Mehrheitsbevölkerung"; auch in der sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung KMU unterschieden sich Christen dabei nicht vom "Rest der Bevölkerung".

Really? Alle Studien, die ich kenne, zeigen: Konfession und Kirchennähe bleiben relevante Faktoren für politische und soziale Einstellungen in Deutschland. Laut KMU sind Kirchenmitglieder weniger als Konfessionslose überzeugt, für "wirklichen Einfluss auf politische Entscheidungen" solle es "regelmäßige Volksabstimmungen über Sachfragen geben" oder dass es bei uns "zu viele Asylsuchende und Geflüchtete gibt" und "nicht mehr so viele aufgenommen werden" sollten. Christen haben mehr Vertrauen in politische Parteien, Justiz und den Islam. Sie finden es häufiger wichtig, "sozial Benachteiligten oder gesellschaftlichen Randgruppen zu helfen", aber weniger wichtig, zu "tun und lassen was man will" und "einen hohen Lebensstandard zu haben". Häufiger berichten sie von "engem Kontakt zur Nachbarschaft" und einer "bereichernden und anregenden Beziehung zur Welt und zu meinen Mitmenschen" sowie davon, sich ehrenamtlich zu engagieren. Ihre Lebenszufriedenheit ist etwas höher, die Populismus-Neigung geringer, ihre Forderung nach "einem starken Nationalgefühl" verhaltener. Die Meinung: "So wie die Zukunft aussieht, kann man es kaum noch verantworten, Kinder auf die Welt zu bringen", weisen sie häufiger zurück.

Bei der Bundestagswahl 2021 wählten 8 Prozent der Katholiken, 9 Prozent der Protestanten und 14 Prozent der Konfessionslosen AfD, laut Wahltagsbefragung 2017 in Ostdeutschland 14 Prozent der Katholiken, 18 Prozent der Protestanten und 23 Prozent der Konfessionslosen, im Westen 10 Prozent aller Kirchenmitglieder (Katholiken mit Kirchgang jeden Sonntag: 7) und 13 Prozent der Konfessionslosen. Im März 2018 erreichte die AfD in einer Allensbacher Zählung bei kirchennahen Katholiken 2, kirchennahen Protestanten 5 und Konfessionslosen 22 Prozent. Der "sensus fidelium" – katholisch für "Schwarmintelligenz" – weist von den Rechtsradikalen weg.

Bei aller berechtigten Kirchenkritik sollte man das, was wir als Christen unserer Demokratie zustiften, nicht kontrafaktisch bestreiten. Gläubige, die keinen Unterschied mehr zum "Rest der Bevölkerung" machten, könnten mir gestohlen bleiben. Mit Jesus: Schales Salz "wird weggeworfen und von den Leuten zertreten"! "An ihren Früchten" erkenne man echte Zeugen Gottes. Ein Buchtitel meines Lehrers Alfred Grosser lautet: "Die Früchte ihres Baumes. Ein atheistischer Blick auf die Christen". Christliche Wirksamkeit sogar in Kirchenmedien negiert zu sehen, ist verstörend.

Von Andreas Püttmann

Der Autor

Andreas Püttmann ist Politikwissenschaftler und freier Publizist in Bonn.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.