Wandel von Priesterkirche zu Taufberufungskirche

Theologe Zulehner sieht wachsende "Kirchen-Resilienz"

Veröffentlicht am 26.02.2024 um 13:34 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Daten einer noch bis Ende März laufenden Befragung zeigten: Man stehe "mitten in einem Wandel von einer Priesterkirche zu einer Taufberufungskirche", sagt der Wiener Theologe und Religionssoziologe Paul Zulehner.

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Der Wiener Theologe und Religionssoziologe Paul Zulehner (84) sieht unsere Gesellschaft "mitten in einem Wandel von einer Priesterkirche zu einer Taufberufungskirche". Erste Daten einer noch bis Ende März laufenden Online-Befragung zum Strukturwandel in den Kirchen zeigten, dass der Anteil jener Gläubigen steige, die ihre Taufe entschlossen annehmen. Sie besäßen, was Zulehner "Kirchen-Resilienz" nennt. Diese äußere sich in hoher Zustimmung zu der Aussage: "Auch wenn mich manches in meiner Kirche(ngemeinde) irritiert, lasse ich mich von meinem Engagement nicht abbringen."

Der emeritierte Pastoraltheologe zieht in seinem Blog eine erste Zwischenbilanz seiner Online-Umfrage. Die Beteiligung daran sei hervorragend, so Zulehner. Rund 6.000 Personen hätten sich bereits zu Wort gemeldet; unter anderem zu zwei offenen Fragen, zu denen man von den eigenen Erfahrungen in und mit der Kirche berichten könne.

"Gott braucht mich in seiner Kirche..."

Mit Blick auf die Daten sieht Zulehner die Hoffnung begründet, dass in immer mehr Kirchengemeinden Gläubige bereit seien, ihre christliche Berufung aktiv und bereit anzunehmen. 71 Prozent der Teilnehmenden sagten über sich: "Gott braucht mich in seiner Kirche", damit der Lebensraum der eigenen Pfarrei gerechter, friedlicher, dankbarer, liebevoller werde. Lediglich 10 Prozent stimmten dem nicht zu. 73 Prozent wüssten sich für ihr "Engagement von Gott berufen".

Zum Thema "Kirchen-Resilienz" sagte Zulehner, es gebe "viele Irritationen im kirchlichen Eigenbau". Mit Enttäuschung, manchmal auch "Christenwut", werde auf geistlichen und sexuellen Missbrauch reagiert, auf gefühlte Diskriminierungen von Frauen und Menschen mit "diverser" sexueller Orientierung, auf eine "unzeitgemäße, aber auch unehrliche Lebensform von Priestern".

Gegen Missstände in der Kirche resilient zu sein, lähme keinesfalls die Bereitschaft, Reformen zu fordern und zu betreiben, so der Theologe. "Kirchen-Resiliente treten auf, nicht aus." Und weiter: "Gerade weil die taumelnde Welt und auch die gefährdete Demokratie eine Religion der Hoffnung braucht, die für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung einsteht, sollten wir (...) auch bei innerem wie äußerem kirchlichem Gegenwind für Gott und seine Verheißungen öffentlich unverdrossen einstehen." (KNA)