Nonnen, Kelche und Gewänder: Kirche bei "Bares für Rares"
"Wir sind gespannt, wie die Händler reagieren, wenn wir auftauchen", sagen Schwester Thekla und Mirijam und lachen in die Kamera. Die beiden Benediktinerinnen aus Eibingen (einem Stadtteil von Rüdesheim am Rhein) hatten den Klosterdachboden ihrer Abtei aufgeräumt und dort einen Lochplattenspieler gefunden, den sie kurzerhand Anfang dieses Jahres zur ZDF-Nachmittagssendung "Bares für Rares" brachten. Seit mehr als zehn Jahren feilschen dort eine Handvoll Trödelhändler um Kuriositäten und edle Stücke. Dabei geht es manchmal auch hoch her – doch als die Ordensfrauen den Händlerraum betreten, geben sich die Käufer ungewohnt ruhig. Doch dann bieten sie los und bescheren den Ordensfrauen 500 Euro für ein soziales Projekt in Frankfurt. Dabei war der Auftritt der Ordensfrauen bei weitem nicht die erste kirchliche Szene in der ZDF-Show.
Das mit Abstand teuerste Objekt bei "Bares für Rares" war gleichzeitig auch ein kirchliches. 2019 ging ein edelsteinverziertes Brustkreuz über die TV-Theke: Für 42.000 Euro. Das Pektorale soll drei Splitter aus dem Kreuz Jesu eingearbeitet haben. Die Echtheit der Reliquie, so erklärte es die ZDF-Kunsthistorikerin Heide Rezepa-Zabel, sei mit einem päpstlichen Siegel aus der Zeit Clemens' IX. (1667-1669) verbürgt. Auf dem Kreuz funkelten eine große Anzahl von Diamanten, deren Gewicht die Expertin auf 40 Karat schätzte – Materialwert 15.000 bis 17.000 Euro. Den erstaunten Verkäufern und Moderator Horst Lichter erklärte Rezepa-Zabel, dass das rund 300 Jahre alte Schmuckstück möglicherweise aus dem Besitz eines Bischofs stammen könne. Die Verkäuferinnen Stephanie Huber und Cosima Birk aus der Pfalz hatten das Kreuz geerbt: Eine Tante hatte einst eine alte Dame regelmäßig in den Gottesdienst begleitet. Aus Dankbarkeit dafür hinterließ die Dame ihrer Begleiterin das Schmuckstück, das so in die Familie der beiden Frauen kam. Händlerin Susanne Steiger bot in der Show am meisten Geld für das Reliquienkreuz. Sie zeigte sich nach dem Kauf überwältigt. Nach einem solchen Stück suche man als Händler das Leben lang, sagte sie. "Das ist die Nadel im Heuhaufen. Und die habe ich heute Abend hier gefunden. Ich bin wahnsinnig glücklich und mir fehlen einfach nur die Worte."
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Ähnlich überwältigt war im Frühjahr 2022 der ehemalige Kölner Dompropst Norbert Feldhoff. Der Domherr schaut gerne nachmittags die beliebte ZDF-Sendung an. An diesem Nachmittag spricht ein ZDF-Kunstexperte von einem "einzigartigen Stück mit Museumscharakter" – auf dem Tisch lag ein etwa 30 Kilogramm schweres Stück Eichenholz, das von künstlerischer Hand aufwendig bearbeitet wurde. "Es handelt sich um eine Konsole, die wahrscheinlich als Aufstellungsort für eine Heiligenfigur diente. Die Schnitzerei ist im gotischen Stil und zeichnet sich durch eine exzellente Qualität aus. Die Eiche stammt von einem mächtigen Balken des 1868 abgebrochenen Domkrans, der mehr als 400 Jahre das Wahrzeichen der Stadt Köln war", erklärt er. "Neben den drei Wappen der Königshäuser von Preußen, Sachsen und Bayern, die im 19. Jahrhundert den Fortbau des Doms finanziell unterstützten, finden sich auf der Konsole Darstellungen des Doms aus der Zeit des Weiterbaus sowie eine Vision der vollendeten Kathedrale." Die Inschrift "Aus dem Holzwerk des 1868 abgebrochenen Domkranes, des 400-jährigen Wahrzeichens der Stadt Köln gefertigt" lässt keinen Zweifel an der Herkunft des Unikats. Feldhoff ist hellwach, greift zum Telefonhörer und ruft Dombaumeister Peter Füssenich an. Die beiden sind sich einig, das Museumsstück für den Dom zu erwerben. Das Problem: In der ZDF-Show wechselte das Holz für mehr als 4.000 Euro den Besitzer, die Händlerin verlangt nun rund 10.000 Euro. Die Kölner erbitten Bedenkzeit – und machen sich auf die Suche nach einem Sponsor. Mit Erfolg: Ein Mitglied der Blauen Funken finanziert den Kauf des Kunstwerks.
Und auch im Winter 2020 musste es schnell gehen: Der Düsseldorfer Religionslehrer Rolf Scheibner traute seinen Augen nicht, als eine Frau ein "Karnevalskostüm" mit in die Sendung brachte. Der Kunstexperte der Show klärte das Missverständnis schnell auf, denn statt eines Kostüms hatte die Frau ein hochwertiges Messgewand aus dem 19. Jahrhundert mitgebracht. Das schwarz-goldene Gewand wechselte im Händlerraum dann auch den Besitzer und wurde vom Eifeler Antiquitätenhändler Walter "Waldi" Lehnertz ersteigert. In diesem Moment griff Scheibner in Düsseldorf zum Telefon und rief seinen Freund und Pfarrer Michael Dederichs an. Mit Hilfe einiger Bekanntschaften schafften es die Rheinländer, das Gewand für sich zu reservieren. Für rund 1.000 Euro kaufte die Gemeinde schließlich die schwarze Kasel. Seitdem wird es in Düsseldorf-Oberkassel bei Exequien verwendet.
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Auch in anderen Folgen wurden Paramente versteigert. So präsentierte wenige Jahre zuvor Christine Rubenschuh den Händlern ein goldenes, neogotisches Messgewand in Form einer Bassgeige. Das Gewand sei schon seit einigen Jahren in Familienbesitz, erzählte die protestantische Rheinländerin. "Mein Papa hat das in Bayern bekommen und dann hing es immer im Gästezimmer", so Christine. Der zuständige Kunstsachverständige Albert Maier zeigte sich ganz begeistert von dem goldenen Gewand und sagte: "Ich könnte mir vorstellen, dass es Gemeinden gibt, die auf traditionelle Art die Messe halten und überglücklich wären, ein solches Prunkstück zu erhalten." Das Gewand wie bisher bei Rubenschuhs als Wandschmuck zu verwenden, sei wohl etwas pietätlos, sagte er. Kurz bevor es in den Händlerraum ging, warnte er: "Es ist sehr schwierig, Messgewänder zu verkaufen." Doch dann zeigten sich die Händler äußerst beeindruckt von dem Gewand. Letztlich ersteigerte es erneut "Waldi" Lehnertz für 750 Euro. Sein Kommentar: "Da kannste jeden Seidenteppich für inne Tonne kloppen."
Etwas voluminöser wurde es in einer anderen Folge. Modedesigner Peter Timpe aus Bielefeld brachte einen großen Holzaltar mit ins Fernsehstudio. Er hatte den Altartisch vor rund 35 Jahren von einem Bekannten bekommen, der soll ihn wiederum aus einer Kirche in Westfalen bekommen haben. Seitdem lagerte der Altar in seinem Keller, weil er sich nicht getraut habe, den Altar zu zersägen. Kunstexperte Albert Maier erklärte, dass der Tisch rund 150 Jahre alt sei. Aufgrund seiner Größe sei er aber schwer verkäuflich, weil niemand etwas davon anfangen könne. Aufgrund dieser Widrigkeiten schätzte Maier den Wert des Stücks auf 1.500 Euro. Das war Timpe aber viel zu wenig – er erhoffte sich 3.500 bis 5.000 Euro. Aufgrund dieser Erwartungsunterschiede gab es den Regeln der Show entsprechend keine Händlerkarte und Timpe nahm den Altar wieder mit nach Hause.
2020 brachten zwei Verkäufer ein wesentlich kleineres, aber ganz besonderes Stück mit in die Sendung: einen russisch-orthodoxen Reisealtar, so Kunstexperte Colmar Schulte-Goltz. Seinerzeit waren Mini-Kelch, Mini-Büchse und Tabernakel vergoldet, erklärte Schulte-Goltz. Heute sei jedoch nur noch das Silber zu sehen. Das Objekt von 1876 ging anschließend für 500 Euro über den Tisch – die anfängliche Preisvorstellung der Verkäufer lag bei 30 Euro. Den Erlös spendeten die beiden an ein Tierschutzprojekt.
Der Altar: Tisch des Herrn und Zentrum der Kirche
Ein Altar ist der Mittelpunkt eines Kirchengebäudes. Er ist der Mahltisch für die Eucharistie und dementsprechend mit Symbolik aufgeladen. Darum geht es in dieser Folge des katholisch.de-Wissenspodcasts "Aufgekreuzt".
2013 sorgte eine Krone in der ZDF-Sendung für Aufsehen. "Albert, ich wusste es, die Zeit wird kommen, wo wir eine wahre Krone kriegen. Wobei ich sagen muss, es war ein kleines Köpfchen", sagte Horst Lichter zu Kunstexperte Albert Maier. Woraufhin dieser aufklärte, dass es sich bei dem Krönchen um eine Primizkrone handle. Also eine Krone, die eine symbolische Rolle bei der ersten Messe eines frischgeweihten Priesters spielte. Die liturgische Verwendung dieser Kronen war recht unterschiedlich. Mal trug der Neupriester sie selbst auf dem Kopf, mal trug ein Mädchen als sogenannte "Primizbraut" die Krone auf einem Kissen oder dem Primizkelch in die Kirche. Die kleine Krone aus der ZDF-Sendung wird aufgrund ihrer Größe eher auf einem Kissen getragen worden sein. Im Händlerraum ist es dann wieder "Waldi" Lehnertz, der zuschlägt und die Krone mit in die Eifel nimmt.
Während bei "Bares für Rares" meist Gegenstände aus Kirchen den Weg in die Profanität nehmen, ging es 2020 einmal andersherum: 2020 brachte Frank de Beuckelaer aus Aschersleben mehrere Kisten Fliesen mit in die Sendung. Es stellte sich schnell heraus: Die Fliesen wurden vom Porzellanhersteller Villeroy und Boch gefertigt und zeigen Adler, Löwe, Fisch und Drache als Tiersymbole für die vier Elemente. ZDF-Experte Detlev Kümmel erklärt: "Der Adler steht für die Luft, der Löwe für die Erde, der Fisch fürs Wasser und der Drache steht fürs Feuer." Er sagte: "Wenn man einen großen Hausflur hat, sollte man wirklich alle Elemente einbauen – und dafür war das auch gedacht." Im Herbst 2020 wird auch im westfälischen Everswinkel Bares für Rares geschaut. Dort renovierte man gerade die Kirche und sorgte sich um Schäden im gefliesten Chorraum von St.-Magnus. Und dann flimmerten plötzlich die dringend gesuchten Fliesen über den Bildschirm. Also schlugen die Everswinkeler zu und nahmen Kontakt mit Händler Thorsden Schlößner auf. "Es gab mehrere Interessenten für den Fliesenteppich, aber als er hörte, dass er den alten Boden unserer St.-Magnus-Kirche komplettieren soll, war er begeistert", sagte Heinz Kemker aus dem Kirchenvorstand. Aus dem Fliesenteppich hätte der Händler wesentlich mehr herausholen können, doch er machte der Pfarrgemeinde "ein unschlagbar günstiges Angebot". Schließlich zahlte die Pfarrei 3.000 Euro für die Mettlacher Platten. "Wenn da nicht der Heilige Magnus seine Hände im Spiel hatte", schlussfolgerte Pfarrer Pawel Czarnecki sichtlich erfreut.