Am vierten Fastensonntag "Laetare" wird rosa getragen

Wie aus einem päpstlichen Brauch eine liturgische Farbe wurde

Veröffentlicht am 09.03.2024 um 12:04 Uhr – Von Marco Benini – Lesedauer: 

Trier ‐ Am vierten Fastensonntag tragen viele Priester rosa Messgewänder in den Gottesdiensten. Doch woher kommt der Brauch, diese Farbe in der Liturgie zu verwenden? Der Trierer Liturgiewissenschaftler Marco Benini geht in seinem Gastbeitrag den Spuren in der Liturgiegeschichte nach.

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Die Freude wird am vierten Fastensonntag hervorgehoben, da nun die Hälfte der Fastenzeit überschritten ist und Ostern naht. Wie auch bei evangelischen Christen, wird dieser Sonntag nach der Eröffnungsantiphon Laetare genannt: "Freue dich [lat.: laetare], Stadt Jerusalem. Seid fröhlich mit ihr, alle, die ihr über sie traurig wart. Freut euch und trinkt euch satt an der Quelle göttlicher Tröstung" (vgl. Jes 66,10f.). Früher durfte in der Fastenzeit nur an Laetare die Orgel erklingen. Die Vorfreude auf Ostern zeigt sich in der möglichen liturgischen Farbe Rosa: Das Violett der Fastenzeit wird mit dem Weiß von Ostern aufgehellt. Gleiches ist für den Gaudete-Sonntag am dritten Advent der Fall. Doch woher stammt das Rosa in der Liturgie?

Rosa ist zum ersten Mal im Tagebuch des päpstlichen Zeremonienmeisters Francesco Mucanzio 1582 für Gaudete und Laetare belegt, wobei Rosa nur auf Papst und Kardinäle beschränkt war. Er berichtet geradezu beiläufig, dass Kardinal Karl Borromäus anstelle des Papstes in Rosa zelebrierte, was darauf schließen lässt, dass Rosa keine Neuheit war, die man eigens betonen müsste. Ob das Rosa am Laetare-Sonntag mit der Goldenen Rose, die der Papst an diesem Tag segnete und zum Geschenk machte, zusammenhängt, lässt sich nicht aus den Quellen ableiten. Auch das Tagebuch des Zeremonienmeisters Paolo Alaleone de Branca berichtet für das Jahr 1621 von rosa Gewändern für Papst und Kardinäle an Gaudete und Laetare, wobei er wie sein Amtsvorgänger bemerkt, dass die anwesenden Bischöfe kein rosa trugen. Das bestätigt auch ein Blick in das Zeremoniale für die Bischöfe, das erstmals 1600 erscheint und die bischöfliche Liturgie normiert.

Außerhalb Roms nicht weit verbreitet

Ab der Zeremoniale-Ausgabe von 1729 durften auch Bischöfe an den beiden Sonntagen rosa Messgewänder tragen, oder falls es solche nicht gibt, die üblichen violetten. Dennoch scheint Rosa außerhalb Roms nicht weit verbreitet gewesen zu sein, jedenfalls weiß der französische Liturgiker Edmond Martène davon nichts zu berichten, obwohl er explizit auf die einzelnen Farben eingeht. Im 19. Jahrhundert mehren sich Rombücher, die auch die päpstliche Liturgie detailliert beschreiben und das Rosa erwähnen. Ob solche Schriften das Rosa auch außerhalb Roms verbreiteten, lässt sich nicht sagen.

Entscheidend dafür war die Liturgische Bewegung, die im 19. und 20. Jahrhunderts die Liturgie als Quelle für die Erneuerung des christlichen Lebens den Gläubigen nahebringen wollte und in das Zweite Vatikanische Konzil und die nachfolgende Liturgiereform gemündet ist. Prosper Guéranger (1805–1875), Abt der französischen Benediktinerabtei Solesmes, hat dafür in seinem 15-bändigen Werk L’Année liturgique (1840–1851) das Kirchenjahr erschlossen. Er druckte die liturgischen Texte in lateinischer und französischer Sprache ab und fügte jedem Tag Erklärungen hinzu. Da er ein hohes Interesse an der römischen Liturgie hatte, berichtete er an Gaudete und Laetare von den rosa Gewändern. Durch die zahlreichen Auflagen und Übersetzungen seines Werkes bereitete er den Boden für die Nachahmung dieses Brauches. Die deutsche Übersetzung überging aber interessanterweise die Nennung der liturgischen Farbe Rosa.

Pater Anselm Schott vor den heutigen Ausgaben des Schott-Messbuchs
Bild: ©KNA/Montage katholisch.de

Anselm Schott brachte den Brauch der liturgischen Farbe Rosa gewissermaßen in den deutschen Sprachraum.

In Deutschland griff Anselm Schott (1843–1896) das Anliegen der sich entwickelnden Liturgischen Bewegung auf und gab 1884 sein erstes "Schott-Messbuch" heraus. Am Gaudete-Sonntag übernimmt er Guérangers Text teilweise wörtlich und verweist am Laetare-Sonntag auf den dritten Advent zurück. Dort heißt es: "Das düstere Violett weicht auf einen Augenblick rosafarbenen Gewändern." Schott und Guéranger scheinen selbstverständlich vorauszusetzen, dass auch Priester rosa Gewänder tragen. Rosa wurde von der Ritenkongregation spätestens 1901 auch offiziell in den Farbkanon aufgenommen. So wurde aus einem päpstlichen Brauch eine allgemeine liturgische Farbe für die Vorfreude.

Im deutschen Sprachgebiet war auch das volksliturgische Apostolat des Augustiner Chorherrn Pius Parsch (1884–1954) aus Klosterneuburg bei Wien einflussreich. In seinem Werk zum Kirchenjahr Das Jahr des Heils, das 17 Auflagen und Übersetzungen in neuen Sprachen erlebte, spricht er am Laetare-Sonntag vom "Freuden-Tag" und natürlich davon, dass der Priester ein rosa Messgewand tragen darf. Die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils hat diese Möglichkeit unverändert an Gaudete und Laetare fortgeführt. Sie sind übrigens die einzigen Sonntage, bei denen die Bezeichnung nach der Eröffnungsantiphon explizit im Messbuch erhalten geblieben ist.

Die Farbe macht die Freude sichtbar, die auch im Tages- und im Gabengebet zum Ausdruck kommt, wenn dort von "froher Hingabe" und von "Freude auf das Osterfest" die Rede ist. Ebenso will die Botschaft der drei Schriftlesungen (Lesejahr B), von Gott geliebt, gerettet und befreit zu sein, unsere Freude an Gott und am Leben stärken.

Von Marco Benini

Der Autor

Marco Benini ist Professor für Liturgiewissenschaft an der Theologischen Fakultät Trier und Leiter der Wissenschaftlichen Abteilung des Deutschen Liturgischen Instituts.

Hinweis

Am Samstag, den 16. März, findet online von 9.30 bis 13 Uhr eine Geistliche Einführung zur Liturgie der Kar- und Ostertage statt (Historisches, Geistliches, Praktisches von Palmsonntag bis Osternacht). Eingeladen sind sowohl Gemeinden (bspw. im Pfarrheim) als auch einzelne Interessierte. Programm, Informationen und Anmeldung: www.lebendig-akademisch.de/osterliturgie.