Zwischenbericht nennt Zahlen von Beschuldigten

Aufarbeitung von Missbrauch im Bistum Fulda könnte länger dauern

Veröffentlicht am 19.03.2024 um 10:49 Uhr – Lesedauer: 

Fulda/Würzburg ‐ Das Bistum Fulda ermutigt weitere Missbrauchsbetroffene, ihr erlittenes Leid mitzuteilen. Die Untersuchungen werden aber wohl länger dauern als eigentlich gedacht. Eine andere deutsche Diözese hatte indes Probleme, ein Beratungsangebot zu machen.

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Die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im Bistum Fulda könnte länger dauern als ursprünglich angenommen. Bischof Michael Gerber erwägt, dass die "Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Fulda" über den Sommer hinaus weiterarbeitet, wie am Montag in Fulda bekanntgegeben wurde. Aufgabe der 2021 eingesetzten Kommission ist es, die Fälle sexualisierter Gewalt im Bistum von 1946 bis in die Gegenwart aufzuarbeiten. Die Mitglieder sind nur bis August 2024 berufen. Bis dahin werde die Arbeit voraussichtlich noch nicht abgeschlossen sein, hieß es. Eine Verlängerung der auf drei Jahre angelegten Berufung sei grundsätzlich möglich.

"Ich bin sehr dankbar für den bisherigen Einsatz der Kommissionsmitglieder", betonte Gerber. Für ihn sei es unerlässlich, dass die Aufarbeitung weiter gründlich und gewissenhaft vorangetrieben werde. "Wenn die Kommissionsmitglieder dafür zur Verfügung stehen, habe ich die klare Bereitschaft, das Mandat bis zum Abschluss der Arbeiten zu verlängern." Anlass ist ein zweiter Zwischenbericht, der jetzt im Internet bereitgestellt wurde und die Arbeit der Kommission im Jahr 2023 darstellt. Demnach gibt es (Stand: Dezember 2023) 57 Namen von Priestern und Personen im "pastoralen Dienst des Bistums", bei denen zum einen Teil die Täterschaft feststehe und bei denen zum anderen Teil aktuell von einer Nichttäterschaft auszugehen sei.

Der Arbeitskreis "Betroffene hören" der Kommission konzentriert sich laut Mitteilung vor allem darauf, Betroffenen und Zeitzeugen eine Stimme zu geben und diese zu ermutigen, über das Erlebte zu sprechen. Bistumsweit würden zudem weiterhin Menschen bestärkt, sich Unterstützung zu holen. Dafür sei ein Fragebogen an alle Pfarrgemeinden versandt worden, um mögliche weitere Betroffene und Zeitzeugen erreichen zu können.

Würzburg findet kein unabhängiges Beratungsangebot für Missbrauch

Unterdessen konnten das Bistum Würzburg und der dortige Betroffenenbeirat in zwei Jahren Suche kein unabhängiges Beratungsangebot für Missbrauchsbetroffene finden. Laut Mitteilung vom Montag können sich Betroffene von sexualisierter Gewalt im kirchlichen Kontext ab sofort an die Beratungsstellen für Ehe-, Familie- und Lebensfragen (EFL) des Bistums als Erstinformationsstelle wenden. Dazu sei am Montag eine Vereinbarung geschlossen worden. Die Diözese setzte den Angaben zufolge damit eine Empfehlung des Betroffenenbeirats um. Betroffene hätten aber weiterhin die freie Wahl, auch zu jeder anderen Beratungsstelle zu gehen.

Im März 2022 hatte sich das Bistum Würzburg diesbezüglich auf eine Zusammenarbeit mit Pro Familia verständigt. Diese war aber nach nur einem Monat auf Wunsch des Betroffenenbeirats wieder beendet worden. An sich sieht die Ordnung der Diözese Würzburg für den Umgang mit Missbrauchsbetroffenen eine nichtkirchliche Fachberatungsstelle vor. Die EFL biete Betroffenen, deren Erziehungsberechtigten oder Betreuern eine umfassende und ergebnisoffene Information über das kirchliche Bearbeitungs- und Anerkennungsverfahren, hieß es. Ob sie in ein solches eintreten wollten, bleibe den Betroffenen überlassen. Auf Wunsch könne die kostenfreie Beratung auch anonym erfolgen. (tmg/KNA)