Liste mit 53 Namen aus dem Netz entfernt

Bistum Aachen nennt keine Namen von Tätern und Beschuldigten mehr

Veröffentlicht am 15.12.2025 um 11:11 Uhr – Lesedauer: 

Aachen ‐ Es war ein beispielloser Schritt: Das Bistum Aachen hatte 2023 die Namen von 53 mutmaßlichen und verurteilten verstorbenen Missbrauchstätern veröffentlicht. Damit ist jetzt Schluss: Die Liste ist weg. Bischof Helmut Dieser nennt auch Gründe dafür.

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Das Bistum Aachen veröffentlicht keine Namen von mutmaßlichen und verurteilten Missbrauchstätern mehr. Die 2023 veröffentlichte Liste mit Namen wurde bereits Mitte November aus dem Netz genommen, wie die Diözese am Montag gegenüber katholisch.de bestätigte. "Nach intensiven Beratungen mit den unterschiedlichen Gremien, die die Aufarbeitung begleiten und kontrollieren, hat das Bistum die Entscheidung getroffen, künftig auf öffentliche Aufrufe in dieser Form zu verzichten", heißt es in einer Erläuterung auf der Webseite. In begründeten Fällen werde es aber auch weiterhin öffentliche Aufrufe geben. Zuerst hatte die "Aachener Zeitung" am Wochenende über die nur auf einer Unterseite der Bistums-Webseite publizierte und nicht per Pressemitteilung veröffentlichte Ankündigung berichtet. 

Das Bistum Aachen hatte im Oktober 2023 eine Liste mit 53 verstorbenen Beschuldigten und verurteilten Tätern veröffentlicht. Für die systematische Nennung von Namen, die es so in keinem anderen Bistum gibt, hatte die Diözese zusammen mit einer Anwaltskanzlei Kriterien erarbeitet, welche der 126 namentlich bekannten Beschuldigten öffentlich gemacht werden. Kein anderes Bistum war dem Aachener Beispiel gefolgt. 

Bischof Dieser erläutert Kurswechsel 

In einem ebenfalls auf der Webseite veröffentlichten Statement erläutert der Aachener Bischof Helmut Dieser die Änderung im Vorgehen: "Knapp zwei Jahre nach den ersten Veröffentlichungen muss ich heute deutlich sagen, dass ich gewichtige neue Erkenntnisse hinzugewonnen habe und meine Einschätzungen sich in dieser Zeit auch verändert haben." Reaktionen aus dem familiären Umfeld der benannten Personen hätten ihn traurig gemacht: "Für diese Angehörigen war es ein Schock oder ein plötzliches Gestoßen werden in Unruhe, Empörung und Scham, weil sie unvermittelt in die Erkenntnis gestellt wurden, dass ihr schon lange verstorbener Verwandter, ein Bruder, ein Onkel, ein Cousin, ein Verbrecher gewesen sein soll." Über diese Erfahrungen und Reaktionen könne er nicht einfach hinweggehen. Zum Schutz der Missbrauchsbetroffenen könne er ihnen keine weiteren Informationen über die Erkenntnisse der Diözese zu den Vorwürfen nennen. 

Zu den Reaktionen von Angehörigen sei die durch den Vatikan vertretene kirchenrechtliche Rechtsauffassung gekommen. Das Dikasterium für die Gesetzestexte hatte im Februar ein Schreiben veröffentlicht, in dem es klarstellt, dass bei verstorbenen Beschuldigten, die nicht verurteilt wurden, der Schutz des guten Rufs das Interesse der Öffentlichkeit an einer Namensnennung überwiege. Die Schädigung des guten Rufs von Beschuldigten durch Namensnennung sei nur dann legitimiert, wenn dadurch Gefahren für Menschen oder die Gemeinschaft abgewendet würden. "Dieses Schreiben war zwar nicht direkt an uns adressiert, aber seine Ausführungen gelten in der gesamten Weltkirche. Darum sind dieses Dokument und seine klare Positionierung ebenfalls in meine Entscheidung zu einem Kurswechsel mit eingeflossen", so Dieser. 

Gegenüber katholisch.de betonte die Diözese, dass es keine Anweisungen aus dem Vatikan gegeben habe und auch die Position des Dikasteriums nicht ursächlich war: "Die Überlegungen und Beratungen zu diesem Schritt sind unabhängig vom Schreiben aus Rom erfolgt." Es habe auch keine Rechtsmittel von Angehörigen der benannten Personen gegeben. Nach der Veröffentlichung hatte die Familie des beschuldigten Weihbischofs August Peters (1931-1986) das Bistum kritisiert und angekündigt, Rechtsmittel zu prüfen. Nach Informationen der Aachener Zeitung hat sich ein Angehöriger von Peters im vergangenen Jahr an den Apostolischen Nuntius in Berlin mit einer Beschwerde gewandt. (fxn)