EKD-Synodenpräses Heinrich setzt auf Dunkelfeldstudie zu Missbrauch
Für die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch setzt die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, auf eine Dunkelfeldstudie. Ohne sie werde man nie das tatsächliche Ausmaß sexualisierter Gewalt in der Kirche erfahren, sagte Heinrich im Interview der "Augsburger Allgemeinen" (Dienstag). "Eine Dunkelfeldstudie müsste gesamtgesellschaftlich angelegt sein." Die EKD unterstütze entsprechende Bemühungen im Nationalen Rat der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM).
Die Ende Januar vorgestellte "ForuM"-Studie zu sexuellem Missbrauch hatte mindestens 1.259 mutmaßliche Täter und 2.225 Betroffene in den 20 Landeskirchen der EKD sowie der Diakonie festgestellt und von einer vermutlich noch sehr viel höheren Dunkelziffer gesprochen. Zudem hatte die Studie auf kirchliche Strukturen hingewiesen, die die Taten und deren Vertuschung begünstigt hätten. Es gebe "einiges, was wir für künftige Studien gelernt haben", sagte Heinrich mit Blick auf die "ForuM"-Studie. "Jetzt ist es wichtig, auf die 46 Handlungsempfehlungen der Studie zu schauen. Und das gemeinsam mit Betroffenenvertretern und -vertreterinnen." Die Frage nach belastbaren Fallzahlen werde eine Frage der Aufarbeitung bleiben. "Mit ihr werden sich auch die unabhängigen regionalen Aufarbeitungskommissionen befassen, die nun bis Anfang nächsten Jahres eingerichtet werden."
Heinrich: AfD-Mitgliedschaft verträgt sich nicht mit Kirchenamt
Bei der EKD-Synode im Herbst solle über "ein ganz konkretes Maßnahmenpaket" abgestimmt werden, das jetzt im Beteiligungsforum gemeinsam mit Betroffenen erarbeitet werde, erklärte Heinrich. "Andere Vorhaben waren auch schon vor der Veröffentlichung der Studie in Arbeit. Zum Beispiel ein nachgeschärftes Disziplinarrecht oder die Vereinheitlichung der Standards bei den Anerkennungsverfahren." Heinrich sagte, sie hoffe sehr, dass die EKD zu einer Vereinheitlichung von Standards kommen werde. "Es geht unter anderem darum, dass betroffenen Menschen in allen Landeskirchen nach einheitlichen Bemessungskriterien Leistungen zuerkannt werden."
Weiter verträgt sich nach Heinrichs Worten eine Mitgliedschaft in der AfD nicht mit einem Amt in der Kirche. "Völkisch-nationalistisches Denken ist nicht mit unseren christlichen Überzeugungen vereinbar", sagte sie. In der Praxis werde es jedoch kompliziert, daher müsse auch über Unvereinbarkeitsbeschlüsse diskutiert werden. "Ich bin aber keine Juristin und weiß nicht, ob so etwas rechtlich Bestand haben kann", betonte Heinrich. Für anstehende Kirchenvorstandswahlen in Bayern, für die sich dies zeitlich wohl nicht mehr umsetzen lasse, gelte: "Wir müssen hier im Vorfeld klar kommunizieren. Es muss ganz klar sein: Rechtsextremes Gedankengut und Menschen, die damit sympathisieren, haben im Kirchenvorstand nichts zu suchen", so Heinrich. (tmg/KNA)