Wegen Liturgiestreit 486 Tage geschlossen – Kathedrale wieder geöffnet
Nach 486 Tagen finden in der nach Auseinandersetzungen um die Liturgiereform geschlossenen Kathedrale des Großerzbistums Ernakulam-Angamaly wieder Gottesdienste statt. Am Dienstag ordnete das zuständige staatliche Gericht an, die Kirche wieder zu öffnen. Die Eucharistiefeier bleibt aber weiterhin verboten. Am Abend wurden in der Kathedrale erstmals wieder ein Rosenkranzgebet und eine Kreuzwegandacht gefeiert. Gegenüber UCANews sagte der Administrator der Marienkathedrale, Vikar Varghese Manavalan, dass alles friedlich abgelaufen sei. Das Gericht erlaubte die Feier von Gottesdiensten nur mit der Auflage, dass keine Messen zelebriert werden. Außerdem ordnete es Polizeischutz und ein Mediationsverfahren zwischen den verfeindeten Gruppen von Gläubigen an, um die Möglichkeit einer Ostermesse zu prüfen. Die Ergebnisse der Verhandlungen sollen dem Gericht am Mittwoch vorgelegt werden.
Die Kathedrale wurde im November 2022 durch die Polizei geschlossen, nachdem es zwischen Befürwortern und Gegnern der von der Synode der syro-malabarischen Kirche beschlossenen einheitlichen Form der Liturgie zu Zusammenstößen kam. Der damalige Apostolische Administrator des Großerzbistums wurde davon abgehalten, eine Messe in der umstrittenen einheitlichen Form zu feiern. Ursache des Streits ist die Frage, ob die Messe im syro-malabarischen Ritus weiterhin durchweg dem Volk zugewandt gefeiert wird, oder wie von der Synode als Kompromiss beschlossen der Priester sich nur zu Beginn und zum Ende dem Volk zuwendet. Die Kirche war seit ihrer Schließung nur wenige Tage im Dezember 2022 geöffnet und ist seit gewalttätigen Auseinandersetzungen an Weihnachten geschlossen geblieben. Der von Papst Franziskus ernannte Päpstliche Delegat Cyril Vasiľ konnte die Kathedrale Mitte August nur unter Polizeischutz anlässlich einer Sakramentenprozession betreten.
Verfahrener Streit um die ostsyrische Messe
Der Liturgiestreit spaltet die syro-malabarische Kirche seit Jahrzehnten und ist seit dem Synodenbeschluss 2021 noch weiter eskaliert. Im Dezember hatte Papst Franziskus den Rücktritt von Großerzbischof George Alencherry und des Apostolischen Administrators des Großerzbistums Ernakulam-Angamaly angenommen. Zugleich veröffentlichte er eine Videobotschaft an die Gläubigen und forderte sie dringend auf, nicht die Gemeinschaft mit der Kirche zu verlassen und die einheitliche Liturgie anzunehmen. Im Januar wählte die Synode der syro-malabarischen Kirche Raphael Thattil zum neuen Großerzbischof. Die Wahl war mit der Hoffnung auf eine Befriedung des Konflikts verbunden. Auf einen Appell der Synode zur Einheit reagierten die Gegner der einheitlichen Liturgie aber ablehnend.
Die syro-malabarische Kirche im Südwesten Indiens ist die größte der heutigen Kirchen und Gemeinschaften der Thomaschristen, die im 1. Jahrhundert durch den Apostel Thomas auf seinen Missionsreisen gegründet worden sein soll. Durch Verbindungen zur Assyrischen Kirche des Ostens feiert sie ihre Liturgie im ostsyrischen Ritus. Im Zuge der portugiesischen Kolonialisierung wurden die Thomaschristen zur Übernahme westlicher Formen und Hierarchien gezwungen und zerbrachen in mehrere Kirchen. (fxn)