Bischöfe: Ostern hält die Sehnsucht nach Gerechtigkeit wach
Die christlichen Kirchen in Deutschland sehen in der Osterbotschaft ein starkes Signal dafür, dass die Sehnsucht nach einer Welt der Gerechtigkeit und des Friedens wachbleibt. Mitten in einer Welt voller Krieg und Not halte die Osternacht die große Erzählung von der Freiheit einer kommenden gerechten Welt wach, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, im Limburger Dom. "Und damit hält sie uns wach in unserem Einsatz für diese künftige Welt, wie Gott sie will." Die "unfassbare Botschaft" von der Auferstehung Jesu sei nicht mehr aus der Welt zu schaffen. "Auch mit Gewalt und Verfolgung ist sie nicht mehr kleinzuhalten bis auf den heutigen Tag", sagte der Limburger Bischof.
Die kommissarische Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, rief die Christen auf, Zeichen der Hoffnung zu sein. Sie müssten aufstehen und dabei klar und deutlich Haltung zeigen für ein Leben in Würde, das ausnahmslos jedem Menschen zustehe. Hass und Gewalt müsse die Stirn geboten werden. Die Auferstehung zeige, "dass nicht die Aussichtslosigkeit die Macht über uns gewinnt, sondern Zuversicht sich durchsetzt", so die Hamburger Bischöfin.
Marx: Wiederaufflammen von Konflikten entgegenstellen
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx rief Christinnen und Christen dazu auf, sich dem Wiederaufflammen überwunden geglaubter Konflikte, Hass und Gewalt entgegenzustellen. Angesichts einer Wiederkehr von Gewalt und Krieg, von Hass, Polarisierung und Verschwörungstheorien könne leicht das Gefühl aufkommen, dass sich die "Geister der Vergangenheit" niemals abschütteln ließen, räumte der Erzbischof von München und Freising ein: "Der Lauf der Weltgeschichte ist nicht immer nur ein Fortschritt zum Besseren hin." Die österliche Botschaft sei eine der Hoffnung: Durch den Tod und die Auferweckung Jesu von Nazareth sei "eine Dynamik in die Geschichte eingetragen, die nie wieder zurückgenommen werden kann", sagte Marx im Münchner Liebfrauendom.
Auch der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki rief zum Einsatz für Frieden auf. Ostern fordere die Christen heraus, die Welt besser, gerechter und friedlicher zu machen, so der Erzbischof in seiner Osterpredigt. Der Friede, der an Ostern vom Auferstandenen ausgehe, könne Konflikte lösen, neues Leben schaffen und die Menschen glücklich machen – nicht Kriege, Terror und Gewalt. "So tragen wir die Botschaft von der Auferstehung in unsere Welt, die von Angst und Resignation, von Krieg, Terror und brutaler Gewalt gezeichnet ist", so Woelki.
Auch der neue Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz betonte, dass von Ostern eine Botschaft von Mut und Kraft ausgehe."Der Blick auf den weiten Horizont, den uns der Auferstandene eröffnet, lässt uns aufrecht, mit Hoffnung und Entschiedenheit durch diese Welt gehen", sagte Bentz im Paderborner Dom. Das Fest bringe eine veränderte Perspektive. Trotz des Elends, das "uns in unsrer Welt niederdrückt", feierten Christen Auferstehung und glaubten: "Die Macht der Liebe lässt Jesus nicht im Tod, sondern ruft ihn zu neuem Leben."
Der christliche Glaube an die Auferstehung wird nach Aussage von Münsters Bischof Felix Genn angesichts der Bilder von Terror, Gewalt und Leid auf eine harte Probe gestellt. Noch schwieriger sei offenbar der Glaube an einen persönlichen Gott, sagte Genn. Die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung vom Herbst etwa habe gezeigt, dass viele Christen sich allenfalls eine unpersönliche höhere Macht vorstellen könnten. Das aber sei "der Knackpunkt von Ostern: an einen persönlichen Gott zu glauben".
Overbeck: Fest, das Grenzen ünerwindet
"Ostern ist das Fest, das Grenzen überwindet", schreibt der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck in seiner Osterbotschaft. Aus der Feier der Auferstehung Jesu könne eine Kraft erwachsen, die helfe, das Böse zu überwinden und Kriege zu beenden. Overbeck, der auch Militärbischof der Bundeswehr ist, ergänzte: "Friede ist niemals das Ergebnis von Konventionen, sondern immer von der inneren Überzeugung, dass das Gute in den Menschen und unter den Menschen leben soll."
Der Aachener Bischof Helmut Dieser erklärte, die Osterereignisse hätten den Anhängern Jesu den Boden unter den Füßen weggezogen. Erst nach und nach hätten sie die Bedeutung der Auferstehung und der Botschaft Jesu verstanden. Auch heute könnten die Evangelien die Christen in eine innere Bewegung versetzen, die zum Glauben und zu aktivem Tun führe.
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger beklagte, dass die Gesellschaft immer weiter auseinander drifte – in Extreme. Zudem distanzierte sich Burger von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius. Der SPD-Politiker hatte einen Mentalitätswechsel in der deutschen Gesellschaft hin zu einer wehrhafteren Nation gefordert und betont: "Wir müssen kriegstüchtig werden." Burger sagte dazu: "Christus will, dass wir mit ihm nicht kriegstüchtig, sondern friedenstüchtig, friedenstauglich werden und wir durch unser Leben und Handeln diesem Frieden dienen." Eine Politik der Abschreckung könne begrenzt hilfreich sein. "Sie ist aber nie der Weisheit letzter Schluss."
Der Rottenburger Diözesanadministrator Clemens Stroppel verwies in seiner Osterbotschaft auf wachsende Verunsicherung, Sorgen und Angst in der Gesellschaft. "Menschen sind aufgerieben, drohen zu verzweifeln, resignieren oder werden zynisch, ziehen sich ins Private zurück, werden gleichgültig oder lassen sich für die einfachen Parolen der Extremisten gewinnen." Der christliche Glaube trage jedoch auch "in all den Erschütterungen und Bodenlosigkeiten, wenn alles zu wanken scheint". Ostern bedeute, dass Gott auf die Menschen zugehe. "Gott reicht uns die Hand zum Leben."
Gewalt und Bosheit sind nach den Worten des Mainzer Bischofs Peter Kohlgraf letztlich rätselhaft. "Der Mensch schafft sich das Dunkel selbst", sagte Kohlgraf mit Blick auf anhaltende Kriege und Krisen in seiner Predigt zur Osternacht. "Es bleibt ein großes Rätsel, wie der Mensch, den Gott als sein Ebenbild gut geschaffen hat, zu einer derartigen Gewalt und Bosheit fähig ist", so Kohlgraf.
In großen Fragen der Weltpolitik herrschten derzeit "unterschiedliche Positionen, die trennen und möglicherweise dauerhaft spalten", sagte der Mainzer Bischof, der auch Präsident der katholischen Friedensbewegung Pax Christi ist. Mitverantwortung für die Gesellschaft insgesamt trügen aber alle Bürger: "Die Verantwortung, Licht im Kleinen weiterzugeben, kann niemand an die große Politik weitergeben."
Wiesemann: Ehrfurcht vor dem Geheimnis des Lebens
Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann mahnte zu mehr "Ehrfurcht vor dem Geheimnis des Lebens". Die Unantastbarkeit der eigenen wie der fremden Würde und die Schönheit des Lebens erkenne der Mensch nur, wenn er die Unverfügbarkeit des Lebens anerkenne und das Dasein als Geschenk betrachte. "Tödlich" sei hingegen eine Welt, die "sich selbst zum Alles erklärt" und die größere Perspektive auf das Geheimnis des Lebens aus dem Blick verliere. Deshalb müsse der Schutz des menschlichen Lebens von seinem Anfang bis zum Ende rechtlich garantiert werden.
Als Weckruf sieht der Trierer Bischof Stephan Ackermann die Osterbotschaft an. Von der im November vorgestellten Kirchenmitgliedschaftsstudie könne man den Eindruck gewinnen, "dass ein kontinuierliches Absterben des Glaubens und der Religiosität in unserem Land irgendwie vorbestimmt und unumkehrbar ist", sagte Ackermann. Viele Menschen beklagten zudem, dass das, was ihnen im Glauben wichtig und vertraut gewesen sei, massiv schwinde. "Sie haben das Gefühl, dass ihnen damit ein Stück ihres eigenen Lebens genommen wird." Ein zwangsläufiges Verschwinden des Glaubens anzunehmen, hieße jedoch, der "Kraft des österlichen Lebens nicht zu trauen", sagte Ackermann. Man dürfe nicht meinen, "die Kraft der Auferstehung sei nur so stark, wie wir selbst stark sind im Glauben und in unserer Glaubwürdigkeit". Wer so denke, bringe Ostern um seine Kraft.
Fuldas Bischof Michael Gerber interpretierte Ostern als Start eines Wachstumsprozesses. Traumatische Erlebnisse könnten tiefe Wunden in den Seelen der Menschen hinterlassen. Für die drei Frauen am Grab Jesu sei dieser Ort der Trauer aber zu einem Ort der unerwarteten Hoffnung geworden. "An Ostern wird nicht einfach ein Schalter umgelegt, sondern es beginnt erst langsam ein Wachstumsprozess."
Die Osterbotschaft macht nach den Worten des Bamberger Erzbischofs Herwig Gössl dem Tod einen Strich durch die Rechnung. "Die Auferstehung Jesu Christi ragt in unsere oft so düster erscheinende Welt hinein und macht sie hell", sagte Gössl im Bamberger Dom. Damit könnten die Angst vor dem Tod schwinden und die Zuversicht des Lebens wachsen. Auch wenn die Eindrücke der Menschen geprägt seien von Schmerzen oder Trauer, Enttäuschung über Treulosigkeit und Verrat, sei die Botschaft des Lebens nicht totzukriegen.
Der Augsburger Bischof Bertram Meier rief Christinnen und Christen zum Einsatz gegen Abtreibung und Sterbehilfe auf. Sie sollten Anwälte für das Leben sein, sagte er im Augsburger Dom. Es brauche auch heute Stimmen, die auf der Seite der Schwachen und Ungeschützten stünden. "Nicht wir sind Herren über Leben und Tod. Nicht wir sind es, die das Leben geben und es uns wieder nehmen können. Unser Leben ist weniger Tat als vielmehr Gabe, weniger unser Werk als vielmehr Geschenk." Das gelte auch für die Kirche, so der Bischof. "Wir müssen weder Jesus retten noch die Kirche, die seine ist." Im Blick auf die Kirche sagte Meier zudem: "Wie viel in der Kirche ist 'Mumiendienst', pietätvolle Pflege alter Formen, die längst gestorben sind? Wo sind wir auf dem Weg zum Grab, anstatt dass wir Zeugnis vom Lebendigen geben?"
Hanke: Osterbotschaft ist etwas Revolutionäres
Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke ermutigte dazu, die Osterbotschaft auch in der heutigen Zeit als etwas Revolutionäres zu sehen. Dazu brauche es Zeuginnen und Zeugen der Auferstehung, sagte Hanke in der Eichstätter Schutzengelkirche. Doch die unglaubliche Botschaft, dass Jesus auferstanden sei, finde inzwischen selbst bei Getauften kein sonderlich großes Echo mehr, gab der Bischof zu bedenken. Niemand in der Kirche, den solche Zweifel plagten, müsse sich damit verstecken, sagte Hanke. Den Jüngern sei es schließlich ähnlich gegangen. "Die Schwerkraft der Karfreitagserfahrung zog sie nach unten."
Auch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer betonte: "Jesus braucht Zeugen, die in der Welt von seinem Leben, von seiner Liebe – in Wort und Tat – Zeugnis geben, unerschrocken dazu stehen, dass in ihm der Sinn des Lebens und Grund zu größter Freude besteht."
Der Passauer Bischof Stefan Oster griff das Bild vom Grab Jesu auf, von dem am Ostersonntag der große Stein weggewälzt war: "Welche Steine bedrücken unsere Seele – und machen sie dunkel?", fragte er. "Es können Ängste vor der Zukunft sein, vor dem Krieg, vor dem Klimawandel, aber auch Selbstzweifel, Bitterkeit, die Neigung zur Depression und anderes mehr. All das drückt nieder, raubt die innere Freude. Aber wenn wir uns wirklich in der Seele berühren lassen vom auferstandenen Herrn, dann wird auch in uns der große Grabstein weggewälzt. Christus öffnet von innen die Tür der Seele - und bringt neue, gläubige Zuversicht."
Der Würzburger Bischof Franz Jung ging in seiner Predigt auf Maria Magdalena ein, die am leeren Grab ihren Namen höre, sich daraufhin umwende und erkenne, was mit Jesus passiert sei. Damit eröffne sich ihr eine neue Perspektive. Einen solchen Perspektivwechsel könne man nicht machen und erzwingen: "Man kann nur den Weg dorthin öffnen in Geduld."
Ostern eröffnet laut dem Berliner Erzbischof Heiner Koch für alle Menschen die Chance auf ein Leben nach dem Tod. "Der Weg ins Leben ist für uns alle offen, der Weg zum Auferstehen, der Weg ins ewige Leben", so Koch. Dabei gehe es nicht um naturwissenschaftliche Fakten, sondern um das Vertrauen auf einen Gott, der mächtiger sei als der Tod.
Timmerevers: Oster macht Mut
An die Unteilbarkeit der Menschenwürde und die christliche Friedensbotschaft erinnerte der Magdeburger Bischof Gerhard Feige. "Wer daran glaubt, dass Jesus von den Toten auferweckt wurde, darf davon ausgehen, dass Gott für jeden Menschen eine unvergängliche Zukunft bereithält. Allen kommt von ihm eine unverlierbare Würde zu, unabhängig von Alter und Gesundheit, Leistung und Glück, Nationalität und Religion", sagte Feige.
"Als Gläubige sollten wir den Mut haben, dem schleichenden Tod in all seinen Varianten Widerstand zu leisten: der Selbstsucht und Feigheit, der Depression und Verzweiflung, der Ausgrenzung und Verarmung, der Ungerechtigkeit und Herzlosigkeit", so der Bischof weiter. Christen sollten sich nicht in eine "weltfremde Innerlichkeit" verziehen, sondern sich als eine "gesellschaftsgestaltende Kraft" verstehen.
Ostern macht nach Ansicht des Dresdner Bischofs Heinrich Timmerevers Mut und setzt ein Zeichen gegen Ausgrenzung. "Ostern schenkt für alle Menschen dieser Welt einen neuen Hoffnungshorizont." Tagtägliche Erfahrungen von Leid und Tod seien nicht der Schlusspunkt. Heilung und neues Leben seien möglich. "Wir feiern die Auferstehung Jesu Christi vom Tod. Menschliche Schuld - Neid, Missgunst, Intoleranz, Ignoranz und Machtgier - hat ihn an die Balken des Kreuzes gebracht", so der Bischof von Dresden-Meißen. Jesus aber habe sein Leben am Kreuz für alle eingesetzt, ausnahmslos und unterschiedslos.
Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr warb dafür, dass gute Nachrichten wieder einen höheren Stellenwert bekommen sollten. "Die Überflutung mit mehrheitlich schlechten Nachrichten gibt einem das Gefühl, es geht alles nur noch bergab. Wenn dann jemand etwas Schönes berichtet, ist oft zu merken, dass sich in einem selbst etwas verwandelt", sagte er am Ostersonntag.
"Plötzlich gibt es einen Lichtblick, ein Hoffnungszeichen. Auf einmal ist mehr zu sehen als nur das Schlechte, das zweifellos vorhanden ist." Doch es gebe so vieles, das gut sei, das stärken könne. "Allerdings verbreiten sich gute Nachrichten nicht von allein", mahnte Neymeyr. Christen feierten an Ostern, dass Jesus Christus von den Toten auferstanden sei und das Leben stärker als der Tod.
Heße: Not darf Christen nicht unberührt lassen
Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße mahnte zu Solidarität mit Flüchtlingen. "Es braucht kluge politische Lösungen in der Migrationsfrage", erklärte er. Härte und Menschenverachtung, die die Gesellschaft heute wieder einholten, seien erschreckend. "Niemand, der sich Christ nennt, darf die Not des Bruders und der Schwester, die vor Knechtschaft und Unterdrückung flieht, unberührt lassen", so Heße. "Völlig inakzeptabel ist es für Christen, menschenverachtenden Ideologien anzuhängen." Hierzu hätten sich die Bischöfe deutlich positioniert.
Laut dem Osnabrücker Weihbischof Johannes Wübbe können Christen mit ihrem Glauben an die Auferstehung besser überzeugen, wenn sie zu konkreten Taten bereit sind. "Setzt Jesu Güte in Taten um für die, die das nicht mehr zu hoffen wagen", sagte er. Es gehe darum, wie Jesus das Gottvertrauen auch in dunklen Zeiten zu leben. Einen solchen Einsatz könnten und sollten Christen sich zutrauen, so der Übergangsleiter des Bistums Osnabrück: "Indem wir nicht auf einfache Parolen hereinfallen, als ob Menschenwürde von einer Hautfarbe oder einem Geburtsland abhingen. Indem wir alles dafür tun, dass entstehendes Leben eine Chance erhält, das alternde Menschen nicht die Sorge haben müssen, sie seien überflüssig." Der Osterglaube zeige sich aber auch im Wissen, dass die Kirche selbst frischen Wind und Geist brauche. Eine lebensfrohe und lebensvielfältige Kirche dürfe kein Exklusivverein sein. (mal/KNA)
1.4., 12:30 Uhr: Ergänzt um Bischof Voderholzer.