Nahost-Krieg: Erzbischof Bentz und Ärzte ohne Grenzen für Waffenruhe
Der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz und die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" fordern einen Waffenstillstand im Gaza-Krieg. Das Ende der militärischen Gewalt werde aber noch lange keinen Frieden schaffen, sagte Bentz dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Klar ist: Die Gewalt muss auf allen Seiten ein Ende finden", so der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten der Deutschen Bischofskonferenz laut Pressemitteilung nach seiner Reise aus Israel und den palästinensischen Gebieten. Bentz war am Samstagabend zurückgekehrt.
Der Angriff der radikalislamischen Hamas am 7. Oktober habe alle traumatisiert. Misstrauen sei oft auch in Hass umgeschlagen. "Das hat mir vor Augen geführt, dass Frieden nur in kleinen Schritten wachsen kann", erklärte der Erzbischof. "Er kann nicht von oben aufgezwungen werden, sondern nur im gemeinsamen Dialog und im gegenseitigen Verständnis entstehen." Besonders junge Menschen seien dabei Hoffnungsträger für eine friedlichere Zukunft in der Region.
"Gerade wir als Christen dürfen uns nicht einfach auf irgendeine Seite ziehen lassen, sondern müssen immer wieder alle Seiten wahrnehmen, auch die problematischen Aspekte auf beiden Seiten deutlich benennen und miteinander ins Gespräch bringen", sagte Bentz. Die Rechte des palästinensischen Volkes stünden aus seiner Sicht dem Sicherheitsinteresse Israels nicht entgegen. "Überall dort, wo Menschen ihre grundlegenden Rechte nicht leben können, entsteht neuer Nährboden für Extremismus."
Situation in Gaza-Streifen sei ein "Albtraum"
Der Geschäftsführer von "Ärzte ohne Grenzen" in Deutschland, Christian Katzer, bezeichnete die Situation im Gaza-Streifen als einen "Albtraum" und warb für einen sofortigen sowie dauerhaften Waffenstillstand. Zuletzt waren bei einem israelischen Luftangriff Anfang der Woche sieben Mitarbeitende der Hilfsorganisation World Central Kitchen getötet worden. "Wir sehen immer wieder ganz klar Angriffe auf medizinische Einrichtungen", sagte er am Samstag im WDR5-"Morgenecho". "Seit Beginn des Krieges sind fast 200 Mitarbeitende von Hilfsorganisationen getötet worden, darunter auch fünf Mitarbeitende von Ärzte ohne Grenzen." Medizinische Einrichtungen könnten nur funktionieren, wenn ihr neutraler Schutzstatus von allen Konfliktparteien akzeptiert werde.
Katzer beklagte zudem einen Mangel an Materialien zur Basisversorgung wie etwa Verbandsstoffe, Narkosemittel und Schmerzmittel. Vor der Eskalation des Konfliktes seien täglich mehr als 500 Lkw in den Gaza-Streifen gekommen, um Menschen zu versorgen, erläuterte der Geschäftsführer von "Ärzte ohne Grenzen». «Im Moment, an guten Tagen, sind es knapp 100." Das erschwere die Arbeit «extrem». Die von Israel angekündigte Erweiterung des Zugangs sei zu begrüßen. Allerdings sei Ärzte ohne Grenzen noch skeptisch, weil es in der Vergangenheit öfter Ankündigungen dieser Art gegeben hätte.
Auch der Wassermangel im Gaza-Streifen ist nach Worten des Gesundheitswissenschaftlers Oliver Razum dramatisch. Es gebe nicht genug Wasser zum Trinken und Kochen, zum Waschen sei es zum Teil überhaupt nicht mehr verfügbar, sagte der Leiter der Taskforce zu Krieg und Public Health eines internationalen Netzwerks von Gesundheitswissenschaftlern dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Mindestmenge an Wasser von 15 Litern pro Person am Tag werde "zum Teil dramatisch unterschritten". "Wassermangel und defekte Kläranlagen begünstigen die Ausbreitung von Infektionskrankheiten", warnte der Wissenschaftler der Universität Bielefeld.
Vor dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober habe der Gaza-Streifen einen großen Teil des Wassers über drei Wasserleitungen aus Entsalzungsanlagen in Israel erhalten. Seit dem 7. Oktober seien diese Leitungen nur noch teilweise in Betrieb. Eigene Entsalzungsanlagen des Gaza-Streifens seien zum Teil beschädigt oder wegen der abgeschalteten Stromversorgung aus Israel nicht mehr in Betrieb. Auch die Kläranlagen arbeiteten derzeit nicht mehr. Wichtig sei es jetzt, alle Wasserleitungen aus Israel wieder in Betrieb zu nehmen, mahnte der Gesundheitswissenschaftler. (epd)