"Theologisches"-Herausgeber wird Diskriminierung vorgeworfen

Text zu Homosexuellen: Prozess gegen Theologen Hauke gestartet

Veröffentlicht am 09.04.2024 um 12:49 Uhr – Lesedauer: 

Bellinzona ‐ Drei Jahre nach der Veröffentlichung eines umstrittenen Textes über homosexuelle Priester in der Zeitschrift "Theologisches" steht Herausgeber Manfred Hauke nun in der Schweiz vor Gericht. Am Montag äußerte sich der Theologieprofessor im Prozess.

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Vor dem Strafgericht im schweizerischen Bellinzona hat am Montag der Prozess gegen den deutschen Theologieprofessor Manfred Hauke begonnen. Hauke, der an der theologischen Fakultät von Lugano lehrt, wird vorgeworfen, als Herausgeber der Zeitschrift "Theologisches" 2021 einen Artikel veröffentlicht zu haben, der gegen das Verbot der Diskriminierung verstoßen und zum Hass gegen Homosexuelle aufgerufen haben soll. Der Prozess war notwendig geworden, nachdem Hauke in dieser Angelegenheit gegen einen im Dezember 2022 mit einer bedingten Geldstrafe bewehrten Strafbefehl Einspruch eingelegt hatte.

Homosexuelle Geistliche als "Krebsgeschwür" und "Plage" bezeichnet

Der Artikel, der den Prozess ausgelöst hat, war als Fortsetzung in den ersten beiden Ausgaben des Jahres 2021 von "Theologisches" erschienen. Der Autor, der polnische Priester und Publizist Dariusz Oko, hatte darin unter der Überschrift "Über die Notwendigkeit, homosexuelle Cliquen in der Kirche zu begrenzen" homosexuelle Geistliche unter anderem als "eine Kolonie von Parasiten", "Krebsgeschwür" und "homosexuelle Plage" bezeichnet. Oko und der verantwortliche Redakteur von "Theologisches", der emeritierte Theologieprofessor Johannes Stöhr, mussten sich für den Text bereits 2022 in Köln vor Gericht verantworten. Zwar wurde das Verfahren wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung eingestellt, beide Priester mussten jedoch Geldauflagen von 3.150 Euro und 4.000 Euro bezahlen.

Hauke hatte im Zuge der juristischen Auseinandersetzung in einem Editorial in "Theologisches" Okos Text verteidigt und homosexuelle Priester selbst als "Verbrecher" bezeichnet. Der Münchner Priester Wolfgang F. Rothe, der sich seit längerer Zeit für die Rechte Homosexueller in der Kirche engagiert, hatte Hauke daraufhin ebenso wie zuvor bereits Oko und Stöhr angezeigt. Ende 2021 lehnte die Staatsanwaltschaft Köln Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen Hauke jedoch ab, da nach Prüfung der Sach- und Rechtslage keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Straftat vorlägen. Gleichwohl wertete die Anklagebehörde Haukes Aussagen über homosexuelle Priester als "heftige Schmähung und einen Angriff auf individuelle Persönlichkeitsrechte".

Hauke plädiert für Aufhebung des Strafbefehls

Der jetzt begonnene Prozess gegen Hauke in der Schweiz geht auf eine Anzeige der Schweizer Bürgerrechts- und Selbsthilfeorganisation "Pink Cross" zurück. Die Organisation ist überzeugt, dass Hauke als Herausgeber von "Theologisches" mit der Veröffentlichung von Okos Artikel gegen die Antirassismusstrafnorm verstoßen hat. Dieser Auffassung schloss sich die Tessiner Staatsanwaltschaft schließlich im vergangenen Jahr an.

Vor Gericht verteidigte Hauke die Veröffentlichung von Okos Artikel am Montag laut einem Bericht der "Neuen Zürcher Zeitung" mit dem Hinweis, dass dem Impressum klar entnommen werden könne, dass die in den Artikeln vertretenen Meinungen nicht identisch seien mit der Auffassung der Chefredaktion und des Herausgebers. Zudem seien viele Zitate aus Okos Text aus dem Kontext gerissen worden. Haukes Verteidiger habe diese Argumentation weitergeführt, indem er unter anderem dargelegt habe, dass homosexuelle Priester nicht generell diskriminiert worden seien, sondern die Analyse im Artikel bestimmte Gruppen und Lobbys von Geistlichen betreffe, die quasi zu einer Mafia-Organisation innerhalb der Kirche und damit zu einer Gefahr geworden seien. Hauke selbst habe in seinem Schlusswort erklärt, dass er sich für unschuldig halte und daher für eine Aufhebung des Strafbefehls plädiere. Das Urteil wird laut dem Bericht am kommenden Montag erwartet. (stz)