Wie weit geht die gegenseitige Meinungstoleranz in der Kirche?
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Auch in der Kirche scheint der Ton immer rauer zu werden. Fast schon unversöhnlich stehen sich in der öffentlichen Wahrnehmung hierzulande mindestens zwei Lager gegenüber, was manche Beobachter und Theologen sogar von einem faktisch längst bestehenden Schisma reden lässt. Keine guten Voraussetzungen für eine Kirche, die sich der Synodalität verschrieben hat.
Anlässlich des Todes des emeritierten Churer Bischof Vitus Huonder vergangene Woche sagte sein Nachfolger Joseph Bonnemain einen versöhnlichen Satz, den sich auch Papst Franziskus immer wieder zu eigen macht: "In der katholischen Kirche gibt es Platz für alle." Das bedeutet: Auch wenn verschiedene Positionen, Ansichten und Überzeugungen aufeinandertreffen, braucht es geschwisterlichen Umgang sowie Förderung von Dialog, Eintracht und Verständnis. Und nicht gegenseitige Verurteilungen und Abkapselung, ließe sich ergänzen.
Diejenigen, die sich eine Lockerung des Zölibats nicht vorstellen können, müssen mit der Argumentation derer klarkommen, die sich für Segnungen homosexueller Paare aussprechen. Genauso gilt aber: Befürworter des Frauendiakonats müssen Freunde der Alten Messe aushalten. Wenn die Kirche nicht nur auf dem Papier eins sein will, ist bei Debatten wohl mehr denn je gegenseitige Meinungstoleranz gefragt. Dabei sollten manche einsehen, dass (loyale) Kritik an als nicht mehr haltbar empfundenen Positionen legitim sein muss. Jedem Gläubigen geht es um die zeitlos notwendige Frage, wie die Kirche der Sache Jesu gerecht wird.
Und was die Reformwünsche vieler Gläubiger betrifft: Selbst wenn Rom manche immer noch mit lehramtlicher Autorität abschmettert – die Hoffnung, dass sich die theologischen Argumente, die bei vielen Themen seit langem auf dem Tisch liegen, in einer synodalen Kirche früher oder später doch durchsetzen, ist nicht komplett unbegründet. Das kirchliche Lehramt war in den vergangenen Jahren durchaus für die eine oder andere Überraschung gut. Wie auch immer die Entscheidungen ausfallen: Toleranz wird dann erneut eine gefragte Tugend sein.
Der Autor
Matthias Altmann ist Redakteur bei katholisch.de.Hinweis
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