Ein mazedonisches Ehepaar hofft in Deutschland auf Asyl

Wenn der Glaube zum Verhängnis wird

Veröffentlicht am 02.06.2015 um 00:01 Uhr – Von Maike Müller (KNA) – Lesedauer: 
Eine Hand hält ein Kreuz.
Bild: © KNA
Asyl

Berlin ‐ Sami und Perija kommen aus Mazedonien. Weil sie wegen ihres katholischen Glaubens drangsaliert wurden, flohen sie nach Deutschland. Auch wenn ihre Chancen auf Asyl gering sind, geben sie die Hoffnung nicht auf. Und bekommen Hilfe von einem Ehepaar ihrer neuen Kirchengemeinde.

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Im August 2014 hatte es angefangen. Vor der katholischen Kirche in seiner Heimatstadt Skopje war Sami von einer Gruppe Muslime bedroht worden. Zuerst hätten die Männer versucht, den 55-Jährigen für den Islam zu gewinnen. Als Grund dafür sieht Kurtish seinen islamisch klingenden Nachnamen. Da er ablehnte, traten ihn die Männer zu Boden und bedrohten ihn mit dem Tod. Ähnlich war es bei Perija. Als die Hausfrau beim Putzen der Kirche von Muslimen bedroht wurde, traf sie einer der Männer mit einem Axtgriff am Bein. Die Verletzung bereitet ihr heute noch Probleme und muss behandelt werden.

Sami, der gelernter Schlosser ist, aber bei der Caritas in einem Reintegrationsprojekt für Roma gearbeitet hatte, berichtet schon dort von Hetze gegen ihn als Katholik und Roma. Katholiken sind mit 0,5 Prozent der Bevölkerung eine Minderheit in Mazedonien neben der orthodoxen Mehrheit. Eine katholische Roma-Familie sei in dem Gebirgsstaat auf der Balkanhalbinsel noch seltener, erklärt Sami. Die Volksgruppe bildet mit 2,6 Prozent der Bevölkerung eine Minderheit im Land.

Das mazedonische Ehepaar Kurtish gemeinsam mit Birgit Hagenow.
Bild: ©KNA

Das mazedonische Ehepaar Kurtish gemeinsam mit Birgit Hagenow. Das Paar hofft auf Asyl in Deutschland.

Sami erinnert sich an bis zu dreizehn Übergriffe bis Ende November. Die Angreifer hätten ihm sogar ins Gesicht uriniert. Daraufhin fasste das Paar einen Entschluss: Anfang Dezember ließen sie ihr Haus, ihre Habseligkeiten und zwei erwachsene Kinder in Mazedonien zurück und brachen nach Deutschland auf. Ihre Tochter lebe bereits in Leipzig, erzählen die Kurtishs. In Chemnitz stellten sie einen Antrag auf Asyl wegen ethnisch-religiöser Verfolgung. Er wurde mit der Begründung abgelehnt, dass Mazedonien ein sogenannter sicherer Herkunftsstaat sei, in dem es keine politische Verfolgung gebe.

Seit November 2014 hat der Balkanstaat diesen Status. Damit sind Chance auf Asyl für Mazedonier gering. Menschenrechtler fordern mit Blick auf wachsende politische Unruhen im Land und die Diskriminierung von Minderheiten, Mazedonien von der Liste sicherer Herkunftsstaaten zu streichen. Zwischen Mazedoniern und den Minderheiten der Albaner und Roma kommt es immer wieder zu nationalistisch aufgeladenen Konflikten.

Angstattacken und belastende Träume

Nun leben die Kurtishs in einem Asylbewerberheim in Rathenow. Wo sich die Region derzeit mit der Bundesgartenschau präsentiert, bewohnen Sami und seine 49-jährige Frau ein kleines Zimmer. Küche und Bad teilen sie sich mit den anderen Bewohnern. Auch in Deutschland gehen die beiden regelmäßig zur Kirche. Dort haben sie Birgit und Uwe Hagenow aus Rhinow kennengelernt; "unsere deutsche Familie", wie sie sagen.

Linktipp: Dossier zum Thema Flucht und Asyl

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Anfang März sei sie in der Kirche auf Sami aufmerksam geworden, da er verzweifelt aussah, erzählt Birgit Hagenow. Inzwischen ist das mazedonische Paar oft bei der Familie und hat sogar einen eigenes Zimmer im Haus. Zeitweise waren Sami und Perija in einer psychiatrischen Klinik, um die durch die Übergriffe und Flucht hervorgerufenen Traumata zu behandeln. Besonders Perija leide unter posttraumatischen Belastungsstörungen, die ambulant behandelt würden. Beide berichten von Furchtattacken und belastenden Träumen.

Mit Hilfe des Jesuitenflüchtlingsdienstes erheben die Kurtishs nun Einspruch gegen die Ablehnung ihres Asylantrags. Damit das Paar doch noch eine Chance auf Asyl in Deutschland hat, haben die Hagenows vom katholischen Bischof in Skopje eine Bestätigung erbeten, dass Übergriffe auf Christen in Mazedonien nicht ungewöhnlich sind. Die Antwort des Bischofs steht noch aus.

Noch schlimmer als die ausbleibende Bestätigung sei aber das Gefühl, vergessen zu sein, sagt Sami Kurtish. Er holt ein Foto seines Hauses in der Heimat hervor. "Unser Sohn lebt noch dort, aber niemand aus der Gemeinde hat je nach uns gefragt." Ein Foto ist nicht in dem blauen Mäppchen: das vom Enkelkind. Es wurde vor wenigen Tagen in Mazedonien geboren.

Stichwort: Mazedonien

Mazedonien ist ein Gebirgsstaat auf der Balkanhalbinsel. Das Land ist durch das orthodoxe Christentum und den Islam geprägt. Hauptsächlich durch Einwanderung gibt es auch einen stabilen Anteil von Katholiken. Die gut zwei Millionen Einwohner setzen sich aus mehreren Ethnien zusammen. 64 Prozent sind Mazedonier, die größte Minderheit mit 25 Prozent Albaner. Zwischen diesen beiden Gruppen gibt es immer wieder Konflikte, ebenso mit Roma (2,6 Prozent der Bevölkerung). 2001 entging Mazedonien einem Bürgerkrieg, als albanische Kämpfer einige Dörfer besetzten. Ein Friedensvertrag räumte den Albanern mehr Rechte ein. Eine Gleichstellung aller Ethnien gilt jedoch bislang als nicht erreicht. Seit 2005 ist Mazedonien EU-Beitrittskandidat. Vor allem Griechenland blockiert die Verhandlungen jedoch. Sie wurden bislang sechsmal verschoben. Mazedonien gilt im deutschen Asylrecht als sicherer Herkunftsstaat. (KNA)
Von Maike Müller (KNA)