Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhhof mit Gastbeitrag für "Bayernkurier"

Kirche als Quelle für freiheitliche Verfassung

Veröffentlicht am 31.05.2015 um 15:30 Uhr – Lesedauer: 
Ein Kreuz und eine Deutschland-Flagge.
Bild: © KNA
Gesellschaft

München ‐ In einem Beitrag im "Bayernkurier" hat der frühere Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof die Wichtigkeit der Kirchen für die freiheitliche Verfassung betont. Sie brächten staatliche Grundrechte und universelle Menschenrechte in einen Sinnzusammenhang.

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Deshalb sei für den Staat wesentlich, ob die Kirchen zum Krieg oder Frieden aufforderten und ob sie Verfassungsprinzipien von Rechtsstaat, Demokratie und Sozialstaatlichkeit zurückwiesen oder anerkennten. Auch komme es für den Staat darauf an, ob die Kirchen für Ehe und Familie oder für alltägliche Beliebigkeit würben und ob sie Freiheit in den Kontext von Verantwortlichkeit stellten, schreibt Kirchhof.

Letztlich ergänzten die Kirchen das Menschenbild von der autonomen, freiheitsfähigen Person auch mit der Erfahrung, dass der Mensch sein Leben lang ein hilfsbedürftiges Wesen sei. Das gelte speziell dann, wenn er Kind oder Jugendlicher sei, ein Kranker, Arbeitsloser oder Gebrechlicher.

Religionsfreiheit brauch institutionelle Festigkeit der Kirche

Die Kirchen schafften mit ihren Formen und Riten feste Strukturen für ihre Mitglieder und brächten staatliche Grundrechte und universelle Menschenrechte in einen Sinnzusammenhang, notiert der Staatsrechtler.

Die Religionsfreiheit brauche allerdings die institutionelle Festigkeit in der Kirche. Genauso benötige Wissenschaftsfreiheit die Universitäten, die Berufsfreiheit der Arbeitnehmer wiederum finde in den Gewerkschaften eine Grundlage, die Freiheit der Journalisten setze Verlag und Sender voraus und der Gerichtsschutz würde ohne die Institutionen der Gerichte ins Leere laufen.

"Wäre der religiöse Mensch allein auf die gemeinschaftlich wahrzunehmende Religionsfreiheit verwiesen, gewänne er eine gemeinschaftliche Freiheit vom Staat, nicht aber die Gemeinschaft seiner Kirche", gibt Kirchhof zu bedenken. Dort nämlich nehme er seine Religion wahr, erneuere und vertiefe sie. Die Kirchen ihrerseits würden bei bloßer Inanspruchnahme der Religionsfreiheit ihren Nachbarschafts- und Partnerstatus zum Staat verlieren, und auf eine Freiheit vom Staat zurückgeworfen. Nach den Worten des Juristen ist es letztlich die "hohe Kunst" rechtsstaatlichen Gestaltens, den Institutionen Entfaltungsfreiheit zu belassen, sie aber in ihrem Entfalten zu stützen und zu pflegen. (KNA)