Standpunkt

Jesuit Jörg Alt – Solche prophetische Christen braucht die Kirche

Veröffentlicht am 23.04.2024 um 00:01 Uhr – Von Thomas Seiterich – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der Jesuit Jörg Alt eckt an: 2022 hatte er etwa aus Protest gegen die Erderhitzung in München eine Fahrbahn blockiert und sich dabei festgeklebt. Mit seinen Handlungen stellt er sich in beste biblische Tradition, kommentiert Thomas Seiterich.

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Sie haben vor dem Amtsgericht München in der Berufung verloren, der Ordensmann Jörg Alt aus Nürnberg und zwei Klimaaktivisten. Der über 60 Jahre alte Pater und seine weit jüngeren, zivilen Mitstreiter bleiben wegen Nötigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Sie hatten mit anderen am 28. Oktober 2022 vor dem Münchner Justizpalast eine Fahrbahn blockiert. Der Priester hatte sich dabei auch mit einer Hand auf die Straße geklebt. Dadurch wurde der Autoverkehr für etwa 90 Minuten beeinträchtigt. Mit der Protestaktion wollten sie, laut eigener Erklärung, Politik und Gesellschaft zu entschiedenerem Handeln gegen die Erderhitzung bewegen.

Das Strafmaß ist milde: zehn Tagessätze. Für den Jesuiten, der besitzlos lebt, macht das insgesamt zehn Euro. Doch es geht nicht ums Geld: Pater Alt eckt an, wenn es um Konfliktfragen der Gerechtigkeit und der Erderhitzung geht. Mit seinen prophetischen Zeichenhandlungen stellt er sich, seitdem er als junger Mann vor Jahrzehnten in den Orden der Jesuiten eintrat, in beste biblische Tradition. Er rüttelt angepasste Kirchenchristen wach. Er sucht die Debatte. Der Jesuit handelt radikal parteiisch für die Schwächsten.

Couragierte Christinnen und Christen wie ihn braucht die Kirche. Leute mit weitem Horizont und der Bereitschaft, sich den brennenden Überlebensfragen mit hoher Bereitschaft zum riskanten, persönlichen Engagement stellen. In bürgerlichen, im Betrieb ermatteten, vor allem mit sich selbst beschäftigten oder satten Kirchen werden solche Prophetinnen und Propheten nicht selten an den Rand gestellt.

Klar: Solche Menschen müssen sich dem fairen Dialog stellen. Sie müssen ihr Tun oder Lassen nachvollziehbar erklären. Auf solche Propheten zu hören und sich von ihnen wachrütteln zu lassen, ist nicht einfach. Aber nötig.

Von Thomas Seiterich

Der Autor

Thomas Seiterich ist Ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift "Publik-Forum".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.