Mit Gott ins Weiße Haus

Was christliche Nationalisten für eine zweite Trump-Ära planen

Veröffentlicht am 29.04.2024 um 00:01 Uhr – Von Thomas Spang (KNA) – Lesedauer: 

Washington ‐ Nationalisten christlicher US-Kirchen planen für den Tag nach einer Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus. Mit dem "Projekt 2025" präsentieren sie eine Blaupause zum Umbau der Vereinigten Staaten.

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Russell Vought sieht sich und die Christenheit in Amerika als Opfer. Folgt man dem Narrativ des ehemaligen Haushaltsdirektors im Weißen Haus, werden Gläubige in den USA diskriminiert, ihre Werte aus dem öffentlichen Leben verbannt. Das steht aus Sicht des Chefs des Trump-nahen Center for Renewing America im klaren Widerspruch zu den Gründungswerten der USA.

So sehen das auch andere Gruppen, wie die weit nach rechts gerückte Denkfabrik Heritage Foundation, die sich im "Projekt 2025" zusammengeschlossen haben. Dabei herausgekommen ist eine rund 1.000 Seiten lange Blaupause für den Umbau des Landes. "An Tag eins kommt die Abrissbirne", sagt Vought, der als Anwärter für das Amt des Stabschefs bei einer möglichen Rückkehr Trumps ins Weiße Haus im Gespräch ist.

Er steht für eine Agenda, deren Herzstück die Errichtung einer christlichen Nation ist. Dazu gehören das Ende der Trennung von Religion und Staat, die Förderung einer gesellschaftlichen Kultur, die von Christen dominiert wird, und eine Rückkehr traditioneller Werte. Als Einwanderer willkommen sind demnach nur Personen, die "Israels Gott, seine Gesetze und sein Geschichtsverständnis akzeptieren".

Recherchen und ein Dementi

Laut Recherchen von "Politico" könnte Vought in eine Schlüsselposition gelangen, die es ihm erlauben würde, Teile des "Projekts 2025" tatsächlich umzusetzen. Das Portal stützt sich auf zwei Insider, die anonym über die Umbauziele sprechen. Trumps Wahlkampfteam dementiert die Aussagen.

Vought und seine Mitstreiter wollen den Bedeutungsverlust traditioneller Werte im Land rückgängig machen. Dabei gibt es erhebliche Schnittmengen zwischen traditionellen Evangelikalen und christlichen Nationalisten; etwa beim Streben nach einem weitreichenden Abtreibungsverbot, dem Stopp der gleichgeschlechtlichen Ehe und Restriktionen bei Genderlehre und Sexualaufklärung.

US-Präsident Donald Trump
Bild: ©picture alliance/NurPhoto/Jaap Arriens

Bei der nächsten US-Wahl könnte Donald Trump wieder Präsident werden.

Wie weit solche Ideen in republikanisch geführten Bundesstaaten schon gediehen sind, zeigt das Beispiel Alabamas. Dort fällte das Oberste Gericht vor einigen Wochen ein Urteil zur künstlichen Befruchtung, das selbst vielen altgedienten Konservativen zu weit ging. Darin sprach der Supreme Court eingefrorenen Embryonen Persönlichkeitsrechte zu. Ihre Zerstörung ist demnach verboten und kann bestraft werden. In der Urteilsbegründung führte das Gericht auch theologische Argumente an.

Veränderungen im Verhältnis zur Demokratie

Der Religionswissenschaftler Matthew Taylor sieht einen wesentlichen Unterschied zwischen der alten und der neuen christlichen Rechten im Verhältnis zur Demokratie. Während sich Evangelikale an die demokratischen Spielregeln hielten, hätten die immer einflussreicher werdenden christlichen Nationalisten eine kriegerische Sichtweise. "Es gibt tektonische Veränderungen im religiös-rechten Lager", so Taylor.

Die neue Radikalität drückt sich in veränderten Zielen aus, die in das "Projekt 2025" Einzug gehalten haben – und in Staaten wie Florida bereits Realität geworden sind. Etwa bei Einschränkungen im Schulunterricht.

Strategen wie Vought raten Trump, bereits am Tag der Amtseinführung vom "Insurrection Act" Gebrauch zu machen. Das Aufstandsgesetz aus dem Jahr 1807 gibt dem US-Präsidenten die Befugnis, die Streitkräfte innerhalb der Vereinigten Staaten zur Bekämpfung von Aufständen einzusetzen. So könnten mögliche Proteste gegen radikale Reformen unterbunden werden.

Neuere Umfragen belegen, dass die Sympathien für christlich-nationales Denken in den vergangenen Jahren gestiegen sind. Nach Angaben des Public Religion Research Institute bekennen sich inzwischen drei von zehn US-Amerikanern dazu. Und etwa die Hälfte der erwachsenen US-Bürger zeigt sich offen dafür, dass die Bibel einen gewissen Einfluss auf amerikanische Gesetze haben sollte.

Von Thomas Spang (KNA)