Laudato si!
Frage: Monsignore Pilz, die demnächst erscheinende Umwelt-Enzyklika von Papst Franziskus soll wohl "Laudato sii" heißen. Wie haben Sie reagiert, als Sie davon gehört haben?
Pilz: Ich habe erstmal ganz kräftig lachen müssen und gedacht: Das ist ja fast die Sensation meines Lebens!
Frage: Papst Franziskus bezieht sich auf Franz von Assisi und seinen Sonnengesang, so wie Sie mit dem von Ihnen geschriebenen Lied "Laudato si". Warum haben Sie dieses berühmte Gebet als Grundlage gewählt?
Pilz: Den heiligen Franz habe ich schon immer sehr bewundert. Es gab aber auch einen konkreten Anlass: Die Melodie ist nämlich nicht von mir, die habe ich vor 40 Jahren gehört. In Rocca di Papa in Italien gab es internationale Kurse, die dabei helfen sollten, die Beschlüsse des Konzils in die ganze Christenheit hinein zu tragen. An so einem Kurs habe ich 1973 und 1974 teilgenommen. Zum Programm gehörte, morgens zu meditieren. Eine Stunde lang. Und als wir da so lagen, versammelte sich auf der Etage über uns eine italienische Jugendgruppe mit Gitarren, und die sangen "Laudato si". Am laufenden Band, endlos, während wir so da lagen. Ans Meditieren war da nicht mehr zu denken, aber ich fand es einfach fantastisch. Ich habe es auf ein kleines Fetzchen Papier notiert und mit nach Hause genommen.
Frage: Und dann haben Sie daraus die heute bekannte Version gemacht?
Pilz: Ja, ich habe mir gedacht, dazu müsste man eigentlich einen deutschen Text machen. Und der stellte sich fast wie von selber ein. Eigentlich bin ich Dilettant, kein Profi, und deshalb war ich zunächst etwas zurückhaltend. Vor genau 40 Jahren, 1975 an Pfingsten, explodierte dieses Lied dann plötzlich im Jugendhaus Altenberg. Ich habe es den Jugendlichen beigebracht, die griffen es auf und hörten gar nicht auf zu singen und fingen an zu tanzen. Und seitdem macht das Lied seine Runde – darüber freue ich mich sehr.
Frage: "Laudato si" hat es bis an den Strand von Mallorca geschafft, Mickie Krause hat eine Partyversion daraus gemacht. Wie finden Sie die?
Pilz: Ich habe ihm geschrieben und gesagt "Hier meldet sich der Autor", aber er hat leider nicht geantwortet. Ich fand die Version lustig. Mickie Krause kommt wohl auch aus der katholischen Jugendarbeit und soll einen Pfarrer gefragt haben, wie er das fand. Der fand es eher kritisch. Mallorca ist nicht meine Szene, aber warum denn nicht: Kreativität ist doch wunderbar! Der heilige Franz hätte wahrscheinlich auch lachen müssen.
Frage: Die Melodie ist auch sehr eingängig ...
Pilz: Es ist eine einfache Melodie, aber sie ist im Grunde genial: Man kann das "Laudato si" immer durchsingen, und darüber die Strophen. Es wundert mich, dass ich noch kein anderes Lied gefunden habe, wo das möglich ist. Leider weiß ich nicht, wer der Komponist ist.
Frage: Von Ihnen kommt der deutsche Text. Welche Spiritualität steckt dahinter?
Pilz: Nach dem Konzil gab es bei der Jugend einen spirituellen Aufbruch. Dazu gehörte die Bewahrung der Schöpfung. 1976 war der 750. Todestag des heiligen Franz, deshalb war er uns allen sehr präsent. Überall haben wir ihn thematisiert und versucht, sein Leben spirituell aufzugreifen. Ich freue mich deshalb natürlich riesig, dass erstmals ein Papst sich wider alle Erwartung so nennt, und dass er dann die Worte seines Patrons so in die Welt hineinträgt.
Frage: Erkennen Sie im aktuellen Pontifikat auch die Aufbruchsstimmung wieder, die sie in der Jugendarbeit gespürt haben?
Pilz: Ja, aber ich sehe das nicht nostalgisch: Ich glaube, daß der Himmel da manchmal einen eigenen Rhythmus hat. Es gab nach dem Konzil auch revisionistische Tendenzen, die bremsen wollten. Die Neuen Geistlichen Lieder waren manchen suspekt – aber jetzt stehen sie als Klassiker im Gotteslob. 40 Jahre sind ja durchaus eine biblische Zeit. Auf einmal ist jetzt wieder etwas da und sehr aktuell, was wir damals mit viel Engagement vertreten und erarbeitet hatten.
Linktipp: Möglicher Name von Umweltenzyklika verraten
Mit Spannung wird die Umweltenzyklika des Papstes erwartet, die in wenigen Wochen erscheinen soll. Nun hat der Chef der Druckerei über den möglichen Namen des Schreibens geplaudert.Frage: Wenn ein Papst eine Enzyklika zu Umweltfragen "Laudato si" nennt, welche Aspekte sollte er aus Ihrer Sicht aufgreifen?
Pilz: Das weiß der Heilige Vater selber am besten, die Themen stehen ja an: Die Natur ist bedroht, es gibt Ausbeutung, das Nord-Süd-Gefälle, die Unterscheide zwischen Arm und Reich – wir erleben, wie Menschen in vielen Teilen der Welt missachtet werden. Das gehört dazu: Es geht nicht nur darum, Bäume zu schützen und die Flüsse sauber zu halten, sondern den Menschen zu schützen, der in einer entsetzlichen Weise geschändet wird. Das hat der Papst mit einem seiner ersten Zeichen deutlich gemacht, als er zu den Flüchtlingen auf Lampedusa gefahren ist.
Frage: Welche Bedeutung haben "Laudato si" und der heilige Franz heute für Sie persönlich?
Pilz: Die Geschichte hat ihre eigenen Winkel und Geheimnisse. Ich lebe jetzt in meiner alten Heimat in der Oberlausitz, und hier gibt es eine Kirche, um die ich mich kümmere – und die ist ausgerechnet dem heiligen Franz geweiht. Weit und breit gibt es keine weitere mit diesem Patronat, aber hier bei mir schon. Die Kirche steht ganz oben auf dem Berg, wie ein Leuchtzeichen über die deutsch-tschechische Grenze hinweg. Das ist auch ein schönes Zeichen, dass Franziskus Völker verbinden kann. Im Gottesdienst singe ich hier gerne das "Laudato si", das können Deutsche und Tschechen gemeinsam mitsingen – ein Geschenk des Himmels! Ich habe natürlich mittlerweile auch eine tschechische Fassung des Liedes geschrieben. Der heilige Franziskus ist eine Quelle, die immer weitersprudelt, die nicht ins Museum gehört, sondern, wie der Papst selber sagt, hochaktuell und zukunftsweisend ist.