Standpunkt

Feiert den Gottesdienst am Sonntag weiter – aber besser!

Veröffentlicht am 10.05.2024 um 00:01 Uhr – Von Theresia Kamp – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die evangelische Pfarrerin Hanna Jacobs plädiert für eine Abschaffung des Sonntagsgottesdienstes. Theresia Kamp hält dagegen: Der Sonntagsgottesdienst steht für sie nicht zur Debatte. Es brauche feste Zeiten und Orte, an denen der Himmel offen ist.

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"Schafft den Gottesdienst am Sonntag ab!", lautet die Überschrift von Hanna Jacobs' mutigem Text, der diese Woche in der ZEIT-Beilage Christ & Welt erschienen ist. Ich bin der evangelischen Pfarrerin dankbar, dass sie dazu herausfordert, Selbstverständliches zu hinterfragen. In der Sache muss ich ihr aber widersprechen.

Für mich steht der Sonntagsgottesdienst nicht zur Debatte. Es muss strukturell sichergestellt werden, dass einmal die Woche der Himmel offen steht. Es braucht feste Orte und Zeiten, an denen deutlich wird, dass unser Mühen, unsere Ängste und Sorgen nicht das letzte Wort haben. Dass es einen Gott gibt, der es gut mit uns meint. Dass es Menschen gibt, die für mich hoffen, wenn ich es nicht kann.

Werden die Gottesdienststrukturen gelockert, tickt die Uhr für sie: In unserer Machbarkeits- und Leistungsgesellschaft wird erfahrungsgemäß zuerst das wegrationalisiert, was scheinbar wenig Nutzen hat.

Nichtsdestotrotz besteht Handlungsbedarf. Knapp sechs Prozent der Katholiken und etwa zwei Prozent der Protestanten besuchen regelmäßig den Sonntagsgottesdienst. Im deutschen Katholizismus hängt das meiner Meinung nach neben Versäumnissen in der Verkündigung vor allem an mangelnder Qualität.

Würde jemand, der zufällig in den Gottesdienst stolpert, wiederkommen wollen? Wirken der Zelebrant und alle anderen so, als würden sie gerade die Quelle und den Höhepunkt ihres christlichen Lebens feiern, wie es das Zweite Vatikanische Konzil formulierte?

Die Gottesdienste, die mir positiv in Erinnerung geblieben sind, waren nicht unbedingt besonders gestaltet. Sie wurden mit Ernsthaftigkeit und Freude und vor allem authentisch gefeiert. Das Gegenteil wäre etwa eine vollständig aus dem Internet übernommene Predigt. Oft spüre ich schon im Moment selbst, dass da gerade etwas schief ist, der Prediger nicht hinter dem steht, was er vorliest.

Am Schluss schreibt Hanna Jacobs, dass man vielleicht wieder einmal eine Nachbarin einladen würde, mitzukommen, wenn man sich auf einen sorgfältig vorbereiteten Gottesdienst freuen könne. Dem kann ich mich nur anschließen.

Von Theresia Kamp

Die Autorin

Theresia Kamp hat Theologie und Romanistik studiert. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Pastoraltheologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und schreibt regelmäßig für verschiedene christliche Medien.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.