Bischöfe und Theologen diskutieren kontrovers über die "Homo-Ehe"

Extrem schwierige Debatte

Veröffentlicht am 05.06.2015 um 17:25 Uhr – Lesedauer: 
Kirche

Bonn ‐ Die Worte "extrem schwierig" von Kardinal Reinhard Marx bringen es auf den Punkt, wenn es um die aktuelle Debatte um die "Homo-Ehe" geht. Bischöfe und Theologen kommen nicht immer zur selben Bewertung. Von Kurienkardinal Müller kommt derweil scharfe Kritik.

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Auf dem Kirchentag in Stuttgart ging Marx, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, am Freitag auf Fragen wie Homosexualität und wiederverheiratete Geschiedene ein. Ein weltweiter Konsens der katholischen Bischöfe zum Umgang mit ihnen sei "extrem schwierig", so der Münchener Erzbischof. Zwischen Europäern, Afrikanern und Lateinamerikanern lägen die Positionen hier weit auseinander. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, habe ihn aber mit dem Hinweis "getröstet", so Marx, dass es sich beim Lutherischen Weltbund auch nicht anders verhalte.

Müller übt scharfe Kritik am Ja zur "Homo-Ehe"

Mit scharfen Worten schaltete sich Müller, der Präfekt der Glaubenskongregation, in die Debatte ein: Das Ja der Iren zur gleichgeschlechtlichen Ehe bedeute eine "Diskriminierung des Ehebundes von Mann und Frau und somit eben auch der Familie", sagte er der Würzburger Zeitung "Die Tagespost" (Samstag).

Es gehe bei der "Homo-Ehe" nicht darum, dass Homosexuelle nicht diskriminiert würden, erklärte Müller. Dies sei eine Selbstverständlichkeit. "Nichtdiskriminierung war nur die Schalmei, mit der sich die Naiven in den Schlaf des Gewissens wiegen ließen", sagte er und betonte, Familie sei eine Lebensgemeinschaft von Vater und Mutter mit ihren Kindern, die Gott ihnen geschenkt und anvertraut habe.

Müller: ZdK hat keine Kompetenz in Lehrfragen

Ausdrücklich stellte sich Müller hinter Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der das irische Referendum als eine "Niederlage für die Menschheit" gewertet hatte. Damit habe Parolin die richtigen Worte gefunden, betonte Müller. Der Kurienkardinal wandte sich dagegen, aus dem Begriff Ehe "nur noch eine Hülse" zu machen. Diese könne man sonst "mit beliebigen Inhalten" füllen. Die Ehe als Bund von Mann und Frau sei aber schon in der Schöpfung selbst grundgelegt, argumentierte Müller. Deshalb werde der Papst dies auch in seiner Umwelt-Enzyklika klar ansprechen.

Kardinal Gerhard Ludwig Müller im Porträt
Bild: ©picture alliance/Stefano Spaziani

Mit scharfen Worten schaltete sich Kardinal Gerhard Müller, der Präfekt der Glaubenskongregation, in die Debatte ein: Das Ja der Iren zur gleichgeschlechtlichen Ehe bedeute eine "Diskriminierung des Ehebundes von Mann und Frau".

In dem Zusammenhang kritisierte Müller auch den Vorschlag des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Formen der Segnung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften sowie von Partnerschaften Geschiedener zu suchen. "Man hat dort keine Kompetenz anstelle des Lehramts wesentliche Inhalte der Offenbarung zu interpretieren oder ihres Inhalts zu entleeren", sagte er. Schon gar nicht könne das Gremium im Namen eines säkularisierten Denkens "Forderungen" an das Lehramt des Papstes und der Bischöfe stellen. Die Forderung, etwas zu segnen, was Gott selbst nicht gut nenne und was einen Verstoß gegen das sechste Gebot darstelle, sei ein "schreiender Widerspruch zum Wort Gottes", so der Präfekt.

Overbeck fordert differenzierte Debatte

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck rief hingegen in der Debatte um eine Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe zu mehr Fingerspitzengefühl auf: "Mir gefällt es überhaupt nicht, dass wir diese Diskussion mit undifferenzierten Schlagworten führen", sagte er der Tageszeitung "taz". "Wir alle, ob Befürworter oder Gegner, müssen lernen, über diese Themen nicht polarisierend zu diskutieren." Für manche sei das irische Referendum ein Fortschritt oder "ein immenser Kulturgewinn", so der Ruhrbischof. "Wir sagen das so nicht."

Die Kirche erlebe derzeit eine echte Globalisierung, so der "Sozialbischof" der Deutschen Bischofskonferenz weiter. Es gehe aktuell um "Mega-Themen wie Ehe, Sex und Homosexualität, weil sie alle bewegen", sagte Overbeck. "Doch es gibt in der Kirche eine Grundposition, nach der die Ehe eine Partnerschaft von Mann und Frau meint", erklärte der Bischof.

Bild: ©KNA

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck betont, dass es in der Kirche eine Grundposition gebe, "nach der die Ehe eine Partnerschaft von Mann und Frau meint".

Katholische Theologen ohne einheitliche Antwort

Zwei Gastbeiträge für die aktuelle Ausgabe der Kirchenzeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse zeigen, dass auch unter katholischen Theologen die Fragen nach dem Umgang mit Homosexualität nicht einheitlich beantwortet werden.

Für eine andere Bewertung von Homosexualität in der Kirche spricht sich dort der katholische Moraltheologe Stephan Goertz aus. Aus der Bibel lasse sich die pauschale Ablehnung von praktizierter Homosexualität nicht ableiten, schreibt der Mainzer Professor: "In keinem Fall verurteilt die Bibel das, was seit circa 150 Jahren unter Homosexualität verstanden wird, also die sexuelle Ausdrucksweise der Beziehungsfähigkeit eines gleichgeschlechtlich orientierten Menschen." In seinem Beitrag erläutert der Theologe, unter welchen Bedingungen gelebte Homosexualität nicht als Sünde bezeichnet werden kann.

Dagegen verteidigt der Paderborner Professor für Moraltheologie, Peter Schallenberg, die ablehnende Haltung gegenüber praktizierter Homosexualität ausdrücklich mit Verweis auf die Bibel. Man könne zwar nur begrenzt von Sünde sprechen, es handele sich aber um in sich "ungeordnete Handlungen". Schallenberg erinnert daran, dass der Katechismus homosexuelle Menschen zur Keuschheit aufruft. Sie sollen sich schrittweise der "christlichen Vollkommenheit" annähern. "Das gilt so radikal nur für den getauften Christen", schreibt Schallenberg.

Schallenberg mahnt zur Gelassenheit

Im Blick auf die Diskussion um die sogenannte "Homo-Ehe" mahnt Schallenberg zur Gelassenheit: Regierung und Parlament "aufzufordern, auf gesetzliche Reglungen für gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu verzichten (selbst wenn der Staat diese als Ehe bezeichnet), halte ich für unangemessen und illusorisch, ja unnötig diskriminierend."

Goertz betont in seinem Beitrag, dass Sexualität nicht nur der Fortpflanzung diene. Sie sei auch Ausdruck einer Liebesbeziehung. Das Zweite Vatikanische Konzil "bestand darauf, dass es keine Hierarchie der Funktionen von Sexualität mehr geben soll", schreibt der Theologe. Wenn zwei Homosexuelle ihre Liebe sexuell ausdrückten - respektvoll und verbindlich - dürfe man das nicht mit Schuld verbinden. (luk/KNA)