Pfarrer Uchenna Aba ist am Pfingstsonntag im Fernsehen zu sehen

Priester aus Nigeria: "Für mich ist es richtig, ohne Familie zu leben"

Veröffentlicht am 17.05.2024 um 00:01 Uhr – Von Madeleine Spendier – Lesedauer: 
Priester aus Nigeria: "Für mich ist es richtig, ohne Familie zu leben"
Bild: © privat

Bonn ‐ Schon als Kind wollte Uchenna Aba Priester werden. Doch der Weg dahin war nicht leicht für ihn. Einmal wurde er sogar aus dem Priesterseminar in Nigeria rausgeschmissen. Seit einigen Jahren lebt der Seelsorger in Deutschland und kommt nicht nur in seiner Pfarrei gut an.

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Weil der Seelsorger aus Nigeria bei einer Gottesdienstübertragung vor zwei Jahren so gut bei den Zusehern ankam, steht er nun erneut vor der Kamera. Dieses Mal wird der Gottesdienst mit ihm aus der St. Vincentius Kirchengemeinde in Goch-Asperden am Pfingstsonntag im ZDF zu sehen sein. Für den Priester aus Nigeria bedeutet das, dass er sich auch Zeit nimmt für die Menschen, die sich nach dem Gottesdienst bei ihm melden. Im Interview mit katholisch.de spricht der 47-jährige Seelsorger darüber, wie er die Reaktionen auf seinen ersten Fernsehgottesdienst erlebt hat und berichtet außerdem, welche berührende Geschichte sich hinter seinem Vornamen verbirgt. Zudem verrät Aba, warum er einmal in Nigeria aus dem Priesterseminar geflogen ist.  

Frage: Herr Pfarrer Aba, am Pfingstsonntag wird der Gottesdienst aus Ihrer Pfarrei Asperden übertragen. Sie sind bestimmt schon aufgeregt?

Pfarrer Aba: Natürlich, die Erwartungen an mich sind groß, denn es ist schon der zweite Fernsehgottesdienst aus unserer Gemeinde und mit mir. Daher muss es dieses Mal wieder sehr gut werden. Ab Freitag proben wir. Aus dem Team gestalte ich zusammen mit vielen Mitwirkenden den Gottesdienst. Ich freue mich schon sehr darauf. 

Frage: Gab es auf Ihren letzten Fernsehgottesdienst auch negative Rückmeldungen?

Pfarrer Aba: Es gab so viele Rückmeldungen. Laut Statistik haben durchschnittlich fast 1 Million Menschen in Deutschland den Gottesdienst über das Fernsehen mitgefeiert und rund 17.000 haben danach beim Zuschauertelefon angerufen. Darunter waren viele positive Reaktionen, aber auch negative. Manche haben mir gesagt, dass ich in der Liturgie dieses oder jenes anders hätte machen können. Zum Beispiel wollte jemand, dass wir zum Credo das nächste Mal ein anderes Lied singen, weil darin die Zeile vorkam "Ich glaube an die katholische Kirche" und derjenige nicht an die katholische Kirche glaubt.

Frage: Glauben Sie denn an die katholische Kirche?

Pfarrer Aba: Als Pfarrer und als Christ, wenn ich beim Credo bekenne "Ich glaube an diese katholische Kirche", dann denke ich vor allem an das, was positiv an ihr ist.

Frage: Was ist denn für Sie positiv an der Kirche und was nicht?

Pfarrer Aba: Positiv zum Beispiel ist, dass die katholische Kirche seit jeher immer wieder versucht für die Menschen da zu sein. Sei es in Freude und Hoffnung, Trauer und Angst und besonders für die Armen und Bedrängten aller Art. Diese positive Erfahrung habe ich schon seit meiner Kindheit gemacht. Das finde ich gut. Negativ ist, wenn jemand seine Macht missbraucht, um andere zu schädigen. Das finde ich nicht gut.

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Video: © ZDF

Pfarrer Uchenna Aba singt während des Gottesdienstes, der 2022 aus seiner Gemeinde St. Vincentius in Asperden im Fernsehen übertragen wurde. Nun wird am Pfingstsonntag der Gottesdienst mit dem Seelsorger aus Nigeria am 14. Mai 2024 ab 9 Uhr 30 im ZDF zu sehen sein.

Frage: Segnen Sie, als Pfarrer aus Nigeria, Menschen, die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung leben?

Pfarrer Aba: Davon war nie die Rede, als ich in der Gemeinde in Nigeria tätig war. Auch jetzt ist so eine Segnung in Nigeria verboten. Denn für die Menschen dort ist Homosexualität nach wie vor ein großes Tabu. In ganz Afrika ist es so. Das Thema ist sehr sensibel und daher sollte man dem mit Respekt und Hochachtung begegnen. Ich versuche hier in der Gemeinde das umzusetzen, was mir die Bistumsleitung vorschreibt. Daher versuche ich eher einen Dialog mit den Menschen zu führen, die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung leben. Mir geht es darum, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Sie haben mir etwas zu sagen. Ich verurteile niemanden. Aber ich habe auch noch kein solches Paar gesegnet. Ich bin auch kein Engel, wissen Sie.

Frage: Sie sind früher einmal, als Sie zum Priester ausgebildet wurden, aus dem Priesterseminar in Nigeria geflogen. Stimmt das?

Pfarrer Aba: Ja, das ist richtig. Und nicht nur einmal bin ich von dort rausgeflogen. Ich habe damals versucht zu leben, was ich richtig finde. Wenn ich etwas nicht möchte, dann mache ich das auch nicht. Ich sollte dort zum Beispiel morgens in der Kirche sein, um mit den anderen zu beten, auch mittags vor dem Essen und abends, insgesamt vier Mal am Tag. Das fand ich zu viel. Ich fand es besser, nur dann zu beten, wenn ich es für richtig erachte. Daher bin ich da nicht hingegangen. Und das gefiel meinem Regens gar nicht. Irgendwann wollten er das nicht mehr mitansehen. Daher musste ich aus dem Seminar ausziehen. Aber schon nach zwei Wochen habe ich einen Anruf bekommen, dass ich wieder zurückkommen soll. Später wurde ich sogar einmal suspendiert, also rausgeschmissen aus dem Seminar. Dann war ich fast vier Wochen draußen. Ich hatte einfach alles falsch gemacht. Also ich bin zu lange im Bett geblieben, ich war nicht pünktlich, ich habe geschwiegen, wenn ich reden sollte und dann war ich wieder zu laut, wenn ich etwas sagte. Nach den vier Wochen bin ich aber wieder zurück ins Seminar. Dann habe ich wieder alles mitgemacht, also nicht ganz...

Frage: Aber es lag sicher nicht nur an den Regeln im Seminar, dass Sie damals rebellierten, oder?

Pfarrer Aba: Ja, ich war damals unsicher, ob ich weiterhin im Priesterseminar bleiben oder einfach gehen sollte. Ich hatte wirklich ein Problem mit der Entscheidung, Priester zu werden. Ich wollte mich noch prüfen und dann bewusst dafür entscheiden. Und nicht nur von vornherein alles so mitmachen, nur weil man es machen muss. Damals erkrankte auch mein Papa schwer. Das beschäftigte mich sehr und ich machte mir meine Gedanken.

Frage: Trotzdem sind Sie immer wieder ins Seminar zurückgegangen. Sie hätten sich eine längere Auszeit erbitten können?

Pfarrer Aba: Ja, für mich gab es keine andere Möglichkeit. Denn alle meine Freunde waren im Priesterseminar. Das war mein Freundeskreis. Ich war vor dem Seminar auf einem Internat, das als Vorbereitung für das Priesterseminar diente. Wir waren damals fast 70 Priesteramtskandidaten in meinem Jahrgang. Es war für mich dann wie ein Sprung, als ich mich endlich ganz bewusst dazu entschieden hatte, dass ich Priester werden möchte. Dann hat man es im Seminar akzeptiert, dass ich nicht immer alles mitgemacht habe. Ich war halt ein freiheitsliebender Typ.

Bild: ©privat

"Laut Statistik haben durchschnittlich fast 1 Million Menschen in Deutschland den Gottesdienst über das Fernsehen mitgefeiert und rund 17.000 haben danach beim Zuschauertelefon angerufen. Darunter waren viele positive Reaktionen, aber auch negative", sagt Pfarrer Aba.

Frage: Fänden Sie es gut, wenn katholische Priester heiraten könnten?

Pfarrer Aba: Ich hatte mir während meiner Ausbildung immer wieder darüber Gedanken gemacht. Manchmal habe ich mir vorgestellt wie es sein könnte eine Freundin zu haben. Das ist sicher sehr schön. Dann habe ich mir vorgestellt, wie es sein würde, ohne feste Partnerschaft des Lebens zu gestalten. Und das ist auch schön und sehr bereichernd. Ich denke, jeder sollte seine eigene Lebensentscheidung treffen, ob er heiraten möchte oder nicht. Für mich als Priester ist es richtig, ohne eigene Familie zu leben. Meine Familie, das sind für mich die Menschen in den Gemeinden. Das gibt meinem Leben Sinn und dafür bin ich sehr dankbar.

Frage: Sind Sie der Einzige aus Ihrer Familie, der Priester geworden ist?

Pfarrer Aba: Ja, ich habe sieben Geschwister. Ich bin der Älteste und wurde als Einziger von uns Priester. Das reicht aber schon für diese Familie. (lacht) Mein Vater ist stolz, dass ich Priester geworden bin. Meine Mutter hat erst gezögert. Später hat sie sich dafür begeistern können. Viele meiner Freunde aus der Schule sind Priester geworden, andere haben geheiratet und eine Familie gegründet. Wir treffen uns regelmäßig, dann fliege ich nach Nigeria und wir tauschen uns aus.

Frage: Sind Sie heute froh über Ihre Entscheidung, Priester zu sein?

Pfarrer Aba: Ja, sehr froh. Ich kann als Priester so vielen Menschen Freude bereiten und ihnen helfen. Ich bin einfach gerne im Dienst für die anderen. Wenn ich zu Hause in meinem Dorf in Nigeria bin, dann sagen viele Kinder "Papa" zu mir. Es sind nicht meine leiblichen Kinder, aber sie freuen sich so, als wäre ich ihr Vater. Weil sie dankbar sind, dass ich ihnen helfe und für sie und ihre Familien da bin. In Nigeria ist ein Priester wie ein Vater für die Menschen. Hier in Asperden sagen alle "Uche" zu mir.

Frage: Was bedeutet Ihr Vorname "Uchenna"?

Pfarrer Aba: "Uchenna" bedeutet "Gottes Wille". Meine Eltern haben mich so genannt, weil ich bei der Geburt zu Hause keinen guten Start hatte. Ich wurde sehr früh, also schon mit sieben Monaten geboren. Das Krankenhaus war weit weg. Alle glaubten, dass ich nicht überleben werde. Daher haben meine Eltern gesagt: "Was auch immer passiert, wir werden es akzeptieren, es ist Gottes Wille!" Und ich habe überlebt.

„Ich wollte schon als Kind Priester werden, ich war sogar Messdiener in meiner Gemeinde. Der damalige Pfarrer war für mich ein Vorbild. Er hat gesungen, getanzt, mit uns gespielt und für uns lecker gekocht. Das habe ich alles in guter Erinnerung.“

—  Zitat: Pfarrer Uchenna Aba

Frage: Was möchten Sie den Menschen durch ihren Fernsehgottesdienst an Pfingsten mitgeben?

Pfarrer Aba: Dass ich für sie da bin. Ich habe schon bei meinem letzten Fernsehgottesdienst so viele freudige Rückmeldungen bekommen. Es hat sich so eine Community gebildet. Manche haben mich zu sich eingeladen. Dann habe ich tatsächlich manche Familien besucht, deren Kinder getauft, Paare getraut. Ein Ehepaar ist extra zu mir in die Messe gekommen, weil es seine Goldene Hochzeit mit mir feiern wollte. Eine andere Familie aus Neuler in Baden-Württemberg hat mich zu sich nach Hause eingeladen. Das war ein Fest dort, ich wurde empfangen wie ein König. Wir haben uns umarmt, als würden wir uns schon ewig kennen. Das war alles nur wegen dieser Fernsehübertragung eines Gottesdienstes. Aber wenn man so verehrt wird, muss man auch aufpassen. Dessen bin ich mir bewusst. Ich muss aufpassen, dass das nicht ausgenutzt wird. Aber ich habe keine Angst vor Menschen. Eine schlimme negative Erfahrung oder Drohung habe ich bisher noch nie erlebt. Gott sei Dank. Ich mag gar nicht daran denken.

Frage: Gut, dass Sie damals wieder zurück ins Priesterseminar gingen. Sonst gäbe es heute keinen ZDF-Gottesdienst mit Ihnen …

Pfarrer Aba: Ja, da hat der Heilige Geist gewirkt. Ich wollte schon als Kind Priester werden, ich war sogar Messdiener in meiner Gemeinde. Der damalige Pfarrer war für mich ein Vorbild. Er hat gesungen, getanzt, mit uns gespielt und für uns lecker gekocht. Das habe ich alles in guter Erinnerung. Ich dachte immer, ich möchte so sein wie er. Er hat so viel Freude ausgestrahlt. So eine positive Lebenseinstellung möchte ich anderen auch weiterschenken. Ich bin meinem Pastoralteam und den vielen Ehrenamtlichen in meinen sechs Gemeinden wirklich dankbar. Es geht nur gemeinsam.

Frage: Ist die Predigt schon fertig für den TV-Gottesdienst am Pfingstsonntag?

Pfarrer Aba: (lacht) Nicht ganz. Da muss der Heilige Geist noch etwas wirken. Ich lasse mich noch inspirieren. Ich weiß noch nicht, ob ich wieder singen werde in der Predigt wie beim letzten Mal. Aber ich möchte den Menschen sagen, dass Pfingsten ein hoffnungsvolles Fest ist. Der Heilige Geist bewegt unsere Welt und die Kirche noch heute – und das macht er wie ein Vater und wie eine Mutter.

Von Madeleine Spendier