Abweichler der Dreifaltigkeit: Die Pneumatomachen
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"Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes". Oder: "Ich glaube an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht". So oder ähnlich wird immer wieder der Glaube an den dreifaltigen Gott bekannt. Vater, Sohn und Heiliger Geist sind die drei Personen der Trinität. Was uns heutzutage selbstverständlich und unverrückbar vorkommt, war es keineswegs schon immer. Vielmehr hat sich dieses Bekenntnis zum trinitarischen Gott in den ersten christlichen Jahrhunderten erst entwickeln müssen. Auf vielen Synoden und Konzilien wurde heftig debattiert: Wie stehen Sohn und Vater zueinander? Kommt dem Sohn die gleiche göttliche Würde zu wie dem Vater? Und gehört der Heilige Geist überhaupt zur Dreifaltigkeit dazu?
Gerade die letzte Frage klingt für heutige Ohren doch ziemlich fremd. Immerhin taucht das Bekenntnis zum Heiligen Geist als eine Person der Trinität doch immer wieder auf. Ob beim Kreuzzeichen oder im Credo: Der Heilige Geist ist mit dabei. Und das ist auch in der sakramentalen Realität der Kirche so: Gerade das Sakrament der Firmung wird als das Sakrament des Heiligen Geistes bezeichnet. Aber auch bei den anderen Sakramenten wird um das Wirken des Heiligen Geistes gebetet. Und am hohen Pfingstfest gedenkt die Kirche alljährlich der Ausgießung des Heiligen Geistes am ersten Pfingsten als die Jünger versammelt waren und der Geist wie Feuerzungen auf die Versammlung herabkam.
Trotzdem gab es in der Frühzeit der Kirche Menschen, die bestritten haben, dass dem Heiligen Geist die gleiche göttliche Würde zukommt, wie auch Gott-Vater oder Gott-Sohn. Man hat diese Leute aus der Retrospektive als "Pneumatomachen" bezeichnet. Dieses Wort leitet sich vom Griechischen ab: "Pneuma" steht für den Heiligen Geist; dieses Fremdwort taucht auch im heutigen Gebrauch noch im Zusammenhang mit Luft auf (zum Beispiel kennen wir die Begriffe "pneumatisch" oder "Pneumatik"). Der zweite Wortteil kommt von griechisch "mache" und bedeutet auf Deutsch etwa "Schlacht" oder "Gefecht". Die Pneumatomachen sind also diejenigen, die um das Pneuma ein Gefecht führen. Man nennt sie deswegen bis heute auch ganz schlicht die "Geistbekämpfer". Sie wollten nicht das Zugeständnis machen, dass auch der Heilige Geist dem Vater und dem Sohn gleichwesentlich ist. Auf den Punkt gebracht könnte man sagen: Diese Menschen haben die Gottheit des Heiligen Geistes bekämpft.
Erstes Auftreten im vierten Jahrhundert
In der frühen Kirche treten die Pneumatomachen im vierten Jahrhundert auf. Es ist das Jahrhundert, das von zwei wegweisenden Zusammenkünften für die Kirche geprägt ist: Im Jahr 325 trifft sich das Konzil von Nikaia, um dort einen ersten Entwurf für ein christlichen Glaubensbekenntnis zu verabschieden. Und nur wenige Jahrzehnte später, im Jahr 381, treffen die Konzilsväter in Konstantinopel zusammen, um das Credo zu erweitern und zu vertiefen. Bis heute wird manchmal im Gottesdienst das "Große Glaubensbekenntnis" gesprochen, das letztlich auf diese beiden Konzilien zurückgeht. Mit dem Fachwort nennt man es daher auch "Nizäno-Konstantinopolitanisches Glaubensbekenntnis".
In diesem Jahrhundert wird viel über die Trinität und die Christologie gestritten und debattiert. Es treten zum Beispiel Männer wie Arius auf, dem die Behauptung zugeschrieben wird, der Sohn sei dem Vater nicht gleichwesentlich. Sondern der Sohn sei nur ein Geschöpf und dem Vater untergeordnet, wie jedes andere Geschöpf in der Welt auch. Viele theologische Sprachspiele werden zu dieser Zeit konstruiert: Zum Beispiel die sogenannte "Homousie", die besagt, dass Vater und Sohn wesensgleich sind – also das Gegenteil von dem, was wohl die Position des Arius gewesen ist. All diese Dinge, welche die Gottheit Christi und das Verhältnis zwischen Vater und Sohn betreffen, wurden auf dem Konzil von Nikaia (mehr oder weniger) befriedigend getroffen.
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Das Pfingstfest setzt den Heiligen Geist ins Zentrum.
Doch damit nicht genug! Denn jetzt rückte der Heilige Geist in den Fokus der Debatten: Die Pneumatomachen waren zwar bereit, das Zugeständnis der Wesensgleichheit von Vater und Sohn zu machen – auf den Heiligen Geist konnten oder wollten sie diese aber nicht ausdehnen. Mit anderen Worten: Der Streit, den man zuvor über Christus geführt hatte, wurde jetzt mit dem Heiligen Geist fortgesetzt. Die Jahrzehnte nach dem Konzil von Nikaia waren also der theologischen Positionsbestimmung hinsichtlich des Heiligen Geistes gewidmet. Jetzt ging es darum, zu erklären, warum auch der Heilige Geist eine Person der Trinität ist und warum er, wie auch der Sohn, ebenfalls am göttlichen Wesen des Vaters Anteil hat.
Verschiedene Gruppen der Geistbekämpfer
Ein Theologe des vierten Jahrhunderts berichtet, dass es unter den Geistbekämpfern unterschiedliche Gruppen gegeben habe: Die einen sagten, der Heilige Geist sei nur ein Geschöpf Gottes und deswegen Gott untergeordnet. Man könne ihn als Knecht Gottes bezeichnen, da er ihm zu Diensten ist. Andere gingen nicht ganz so weit. Sie degradierten den Heiligen Geist nicht öffentlich, sie gingen allerdings auch nicht so weit, ihn als Gott zu bezeichnen. Teil beider Gruppen waren wohl Theologen wie Bischof Macedonius von Konstantinopel oder Eustathius von Sebaste. Letzterer trat übrigens rund um das Konzil von Nikaia für die Wesensgleichheit des Sohnes mit dem Vater ein. Einer seiner Schüler war Basilius von Caesarea, einer der führenden Theologen seinerzeit, der sich vor allem auf dem Konzil von Nikaia großen Ruhm erworben hatte. Wenngleich Basilius hinsichtlich der Göttlichkeit des Heiligen Geistes sehr vorsichtig war, zerbrach in dieser Sache dennoch die Beziehung zu seinem Lehrmeister Eustathius: Die Position der Pneumatomachen war dem auf Vermittlung hinarbeitenden Basilius zu extrem. Er vertrat nach wie vor die These, dass auch der Heilige Geist (ebenso wie der Sohn) Teil der göttlichen Dreifaltigkeit ist.
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Das Konzil von Kontantinopel viertiefte das Glaubensbekenntnis.
Der Konflikt um die Pneumatomachen schwelte nach 325. Eine Lösung konnte erst ein weiteres Konzil bringen, welches der römische Kaiser Theodosius I. für das Jahr 381 nach Konstantinopel einberufen hatte. Der Hintergedanke des Kaisers war übrigens kein theologischer: Den Kaiser trieb vielmehr die Angst um, dass sich die theologischen Streitigkeiten auf die Einheit des Reiches auswirken könnten.
Das Konzil von Konstantinopel versuchte die Debatte um die Göttlichkeit des Heiligen Geistes zu lösen: Denn im Credo, welches das Konzil von Nikaia verabschiedet hatte, hieß es schlicht "Wir glauben den Heiligen Geist". Diese Formulierung war natürlich einigermaßen interpretationsoffen und bot den Pneumatomachen einiges an Angriffsfläche. Denn es wurde zwar gesagt, dass der Heilige Geist zum Glauben der Kirche gehört – über die Stellung des Heiligen Geistes in der Trinität konnte das Glaubensbekenntnis von Nikaia allerdings nicht viel aussagen.
An dieser Stelle setzte das Konzil von Konstantinopel an: Denn für die führenden Theologen der damaligen Zeit war klar, dass auch der Heilige Geist dem Vater wesensgleich ist. Und das wird im neuen Credo von Konstantinopel – das eine Erweiterung des Glaubensbekenntnis von Niakaia darstellt – auch mehr als deutlich. Denn dort heißt es nun: "Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn zugleich angebetet und verherrlicht wird, der gesprochen hat durch die Propheten". Und damit war eindeutig klar: Der Heilige Geist ist nicht, wie die Pneumatomachen behaupteten, nur ein Geschöpf oder ein Knecht des Vaters. Sondern der Heilige Geist ist Vater und Sohn wesensgleich, er ist eine Person der Trinität und damit Gott.