Der Wappen-Handwerker: Egon Hüls und seine Leidenschaft für Heraldik
Was haben Bischof Georg Bätzing, Erzbischof Udo Markus Bentz und Kardinal Reinhard Marx gemeinsam? Sie sind nicht nur Oberhirten und bedeutende deutsche Kirchenmänner, sondern sie alle führen ein Wappen, das von Egon Hüls gestaltet wurde. Und noch weitere Bischöfe in Deutschland beauftragten Hüls in den vergangenen beiden Jahrzehnten als Heraldiker. Wie viele genau, kann der 86-Jährige auf Anhieb nicht sagen. "Aber es sind im Lauf der Jahre über 15 Bischofswappen gewesen. Ich habe meine Zeichnungen alle in einer Mappe gesammelt und könnte nachsehen", sagt Hüls am Telefon. Ein wenig Stolz scheint in seiner Stimme mitzuschwingen mit Blick auf sein Wirken als heraldischer Grafiker. Und das nicht ohne Grund, denn auch weitere amtierende, emeritierte oder verstorbene Diözesan(erz)bischöfe, wie Franz-Josef Overbeck, Karl-Heinz Wiesemann, Franz-Josef Bode, Hans-Josef Becker oder Kardinal Johannes Joachim Degenhardt, gehören zum Kreis seiner Auftraggeber. Viele von ihnen haben einen Bezug zum Erzbistum Paderborn, denn in der Bischofsstadt an der Pader lebt Hüls. Aufgrund dieses Oeuvres wäre es nicht übertrieben, Hüls als einen der einflussreichsten Vertreter der kirchlichen Heraldik hierzulande zu bezeichnen.
Seine ersten Wappen entwarf Hüls, der in der Tiefdrucksetzerei einer Druckerei gearbeitet hat, im Jahr 2004 für die beiden Paderborner Weihbischöfe Matthias König und Manfred Grothe. Zuvor war er vor allem als Grafiker und Kalligraf tätig. Bis heute gestaltet Hüls etwa die Seiten des Goldenen Buches der Stadt Paderborn, in das sich prominente Besucher eintragen. Auch Urkunden für die Verleihung von Auszeichnungen der Erzdiözese schmückte er aus. "Das ist dann im Erzbistum aufgefallen und man hat mich gefragt, ob ich auch Wappen gestalten kann." Noch heute arbeitet Hüls ausschließlich von Hand: Er zeichnet die Bischofswappen mit seinen Bestandteilen Wappenschild, Prälatenhut mit an der Seite herabhängenden Quasten und Spruchband selbst und ohne digitale Hilfsmittel. "Die Gestaltung eines Wappens ist eine Kunst und ein Handwerk", weiß Hüls. "Das können nicht mehr viele."
Zusammenarbeit mit Historikern und Archivaren
Hüls sieht sich daher in erster Linie als Wappenmaler und nicht als Heraldiker. "Bei meinen Zeichnungen arbeite ich oft mit Historikern oder Archivaren aus dem Erzbistum Paderborn zusammen", verrät er. Diese würden meist die ersten Vorschläge für die Wappengestaltung machen und nachher seine Reinzeichnung abnehmen. Doch mit den heraldischen Regeln kennt sich auch Hüls aus: "Die unterschiedliche Anzahl und Farbe der Quasten zeigt an, ob es sich etwa um einen Bischof, Erzbischof oder Kardinal handelt." Auch sei es entsprechend der klassischen Vorgaben nicht möglich, die Metalle Gold und Silber im Wappenschild aneinander angrenzen zu lassen; gleiches gelte auch für die heraldischen Farben. Doch bei diesen althergebrachten Vorschriften könne man auch mal ein Auge zudrücken und müsse einen "Kompromiss" bei der Gestaltung finden, sagt der Praktiker Hüls. Wenn ein Bischof eine bestimmte Darstellung wünscht oder nicht überlieferte Symbole im Schild abgebildet werden sollen, müsse man "akzeptieren, dass es nicht anders geht".
Aktuell arbeitet Hüls an seinem wahrscheinlich letzten Wappen. Es ist für den Ende Mai ernannten Osnabrücker Bischof, Dominicus Meier. "Ich habe schon Meiers Wappen als Weihbischof in Paderborn entworfen und daher hat er mich gefragt, ob ich nun sein Bischofswappen gestalte", freut sich Hüls. Wie genau es aussehen wird, darf der Wappen-Handwerker noch nicht verraten. Doch einen kleinen Einblick in seinen Entwurf gibt er dann doch: "Es wird sich an dem aktuellen weihbischöflichen Wappen orientieren. Dazu kommt noch ein Symbol des Bistums Osnabrück, der neuen Diözese Meiers." Eigentlich hatte sich Hüls vorgenommen, nach der heraldischen Gestaltung für den im März eingesetzten Paderborner Erzbischof Bentz keine weiteren Wappen mehr zu malen. "Damit hatte ich abgeschlossen." Doch dann kam die Anfrage des ernannten Osnabrücker Bischofs.
Am derzeitigen Wappen Meiers lässt sich ablesen, woher die Leidenschaft von Hüls für die Heraldik stammt. Sie erzählt etwas vom Leben und der Mission des Wappenträgers. So zeigt das weihbischöfliche Wappen von Meier das goldene Kreuz des Erzbistums Paderborn, die Christuskrone der Abtei Königsmünster und eine weiße Heckenrose. Dadurch sagt Meier etwas aus über seinen aktuellen Wirkungsort als Weihbischof, seine Vergangenheit als Abt des Benediktinerklosters in Meschede und seine Faszination für die Widerstandgruppe "Weiße Rose" und ihren Einsatz gegen den Nationalsozialismus. Künftig wird wahrscheinlich noch das Osnabrücker Rad – das Symbol der niedersächsischen Stadt und Diözese – Meiers Wappen ergänzen. Doch dazu darf Hüls noch keine Angaben machen. "Ich würde in Teufels Küche kommen", sagt er und lacht.
„Es ist doch eine schöne Sache, wenn ein Bischof ein Wappen hat. Es unterstützt seine Mission.“
"Ein Bischof hat eine gewisse gesellschaftliche Stellung und mit seinem Wappenschild und seinem Wahlspruch richtet er eine Botschaft an die Gläubigen", erklärt Hüls seine Faszination für die Heraldik. Kann er es verstehen, wenn sich Oberhirten, wie der im Mai geweihte Würzburger Weihbischof Paul Reder oder der Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain, gegen ein eigenes Bischofswappen entscheiden? "Es ist doch eine schöne Sache, wenn ein Bischof ein Wappen hat. Es unterstützt seine Mission." Aber der Heraldiker erkennt an, dass sich die Gewohnheiten im Laufe der Zeit verändern: "Bischöfe fragen sich, wozu sie ein Wappen brauchen, wenn sie in Bescheidenheit leben wollen. Das muss man akzeptieren." Zumal etwa Reder auch ein eigens für ihn entworfenes Logo hat, das etwas über sein Amtsverständnis als Bischof aussagt und seinen Wahlspruch nennt.
Kirchliche Heraldik weiterhin von Bedeutung
Doch die kirchliche Heraldik ist weit davon entfernt, in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Noch immer entscheiden sich die allermeisten Bischöfe und auch einige Kleriker, Kirchengemeinden und Gläubige für ein eigenes Wappen. Auch im Corporate Design einiger Bistümer sind Wappen ein fester Bestandteil. So entschied sich das Erzbistum Köln im vergangenen Jahr sogar dafür, den Dom in diesem Kontext durch das traditionelle Diözesanwappen zu ersetzen. Eine Herausforderung für die kirchliche Heraldik ist also nicht ihre Verbreitung – und sie ist auch weit davon entfernt, abgeschafft zu werden, wie katholisch.de im diesjährigen Aprilscherz (natürlich fälschlicherweise) vermeldete. Vielmehr würde es vielen Wappen von Bischöfen aus der Weltkirche guttun, sich etwas mehr an den traditionellen heraldischen Regeln zu orientieren, findet Hüls. Diese sehen etwa eine einfache und klar erkennbare Gestaltung der Wappenschilde vor, was angesichts überladener Darstellungen oft nicht eingehalten wird.
Die von Hüls entworfenen Wappen sind eher klassisch in der Gestaltung und haben eine klare Ordnung, oftmals mit drei oder vier Feldern im Schild. "Etwas Anderes kommt für mich nicht infrage", sagt er mit fester Stimme. Gleichzeitig ist er ganz der Praktiker: Hüls gestaltete das Wappen für Bentz bereits mit einem über dem Schild liegenden Pallium, dem Zeichen, der Erzbischöfe, die einer Kirchenprovinz vorstehen. Diese Stolen werden den neuen Metropoliten jedes Jahr am 29. Juni, dem Hochfest Peter und Paul, vom Papst im Vatikan verliehen. Bei Bentz steht das noch aus und eigentlich dürfte das Pallium daher noch nicht im Wappen geführt werden. Das Erzbistum Bamberg, das sich mit dem ebenfalls im Mai eingeführten Erzbischof Herwig Gössl in einer ähnlichen Situation befindet, entschied sich dafür, das Pallium noch nicht ins Wappen aufzunehmen. Ein heraldischer Fauxpas des Wappen-Handwerkers aus Paderborn? Hüls verneint, nimmt die Kritik aber gelassen und beruft sich auf die Wünsche aus dem Erzbistum Paderborn. Künftig will sich der Wappenmaler wegen seines Alters auf die Kalligrafie konzentrieren. "Die französische Fußballnationalmannschaft trainiert in der Nähe von Paderborn für die Europameisterschaft und die Spieler werden sich im Goldenen Buch verewigen", sagt Hüls über seinen anstehenden Auftrag. Auf die Gestaltung der Seite freut er sich bereits.