SPD-Politiker hatte scharfe Kritik wegen Missbrauchsaufarbeitung geübt

Kirche als "Staat im Staat"? Kohlgraf kritisiert Müntefering-Aussage

Veröffentlicht am 10.06.2024 um 10:04 Uhr – Lesedauer: 

Mainz ‐ Sie agiere in Sachen Missbrauchsaufarbeitung immer noch als "Staat im Staat": Der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering geht hart mit der katholischen Kirche ins Gericht. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hält dagegen.

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Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat der scharfen Kirchenkritik des früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering widersprochen. Er könne mittlerweile nicht mehr akzeptieren, dass auch von Münteferings Seite behauptet werde, die Kirche verstehe sich als "Staat im Staat" und würde Missbrauchsfälle nicht an die Polizei oder an die Staatsanwaltschaft melden, schrieb Kohlgraf am Sonntag auf seiner Facebook-Seite. "Das entspricht seit Jahren überhaupt nicht mehr der tatsächlichen Praxis."

Selbst wenn die Staatsanwaltschaft bei verjährten Fällen oder bei verstorbenen Beschuldigten keine Prozesse eröffne, griffen dennoch die kirchlichen Verfahren, so Kohlgraf weiter. "Wenn der Staatsanwalt ermittelt, ruht das kirchliche Verfahren. Der Staat hat das absolute Vorrecht." Es gebe klare Verfahrensschritte, die auch mit der unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Missbrauch abgesprochen seien.

Müntefering war am Wochenende in einem Interview mit der "Bild am Sonntag" hart mit der katholischen Kirche ins Gericht gegangen. "Inzwischen mag ich nicht mehr akzeptieren, dass die Kirche sich als Staat im Staat versteht und darstellt. Das finde ich außerordentlich anstrengend“, so der 84-jährige Politiker. Er bezog sich dabei nicht nur auf die Missbrauchsfälle, sondern auch auf eine "Arroganz, mit der die Kirche solche Leute, die ja Straftäter und Verbrecher sind, nicht der Polizei meldet, sondern Fehlverhalten mit ihrem kirchlichen Segen unter sich klärt". Müntefering betonte zudem, dass er gläubiger Katholik gewesen sei, den Glauben an Gott aber verloren habe. Er werde daher offiziell aus der katholischen Kirche "verschwinden". (mal)

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