Großerzbischof setzt Ultimatum in Liturgiestreit
Im Liturgiestreit in der syro-malabarischen Kirche in Indien haben Großerzbischof Raphael Thattil und Bischof Bosco Puthur den Gegnern des von der Synode beschlossenen liturgischen Kompromisses ein Ultimatum gesetzt. Priester, die sich ab dem 4. Juli bei der Zelebration des zweiten Teils der Heiligen Messe, der Eucharistiefeier, nicht mit dem Gesicht dem Altar zuwendeten, müssten die Exkommunikation fürchten, heißt es in einem am Sonntag veröffentlichten Hirtenbrief der Großerzdiözese Ernakulam-Angamaly. Der von Großerzbischof Thattil und dem Apostolischen Administrator der Großerzdiözese Puthur unterzeichnete Brief soll am kommenden Sonntag in allen Kirchengemeinden des Großerzbistums verlesen werden.
Weiter fordert der Hirtenbrief alle Diakone und Seminaristen auf, eine Erklärung zu unterzeichnen, in der sie sich zur Feier des Gottesdienstes nach den geltenden Vorgaben verpflichten. Wer sich weigere, müsse damit rechnen, nicht geweiht zu werden. Laien, die ab dem 4. Juli eine Messe besuchten, die nicht nach der von der Synode beschlossenen Liturgie gefeiert werde, würden dadurch nicht die Sonntagspflicht erfüllen. Die Protestbewegung gegen den liturgischen Kompromiss kündigte jedoch an, das Ultimatum nicht einzuhalten. "Ich sage es ganz klar, dass wir die von der Synode beschlossene Messe nicht akzeptieren werden", erklärte Riju Kanjookaran gegenüber der Nachrichtenagentur "UCA News" am Montag. Kanjookaran ist Sprecher der Erzdiözesanen Bewegung für Transparenz, die von Gegnern der neuen liturgischen Regeln gegründet wurde.
Sondersynode tagt am 14. Juni
Das Ultimatum sei eine einseitige Entscheidung von Thattil und Puthur, die nicht mit anderen Priestern oder Vertretern von Laien getroffen wurde, so der Sprecher der Protestbewegung. "Deshalb ist niemand an das Dokument gebunden." Angesichts der für den 14. Juni anberaumten Sondersynode der syro-malabarischen Kirche zur Beilegung des Streits, sei die Veröffentlichung des Hirtenbriefs fragwürdig. "Es zeigt deutlich, dass die Synode weder Priestern noch Laien zuhören wolle. Sie ist nur daran interessiert, die eigene Meinung durchzusetzen."
Der Liturgiestreit spaltet die syro-malabarische Kirche seit Jahrzehnten und ist seit dem Beschluss der Synode im Jahr 2021, eine einheitliche Liturgie einzuführen, noch weiter eskaliert. Die Gegner der Liturgiereform wollen eine durchgehende Feier versus populum, also dem Volk zugewandt. Die einheitliche Form ist eine Kompromisslösung und sieht vor, dass der Wortgottesdienst dem Volk zugewandt und der eucharistische Gottesdienst zum Altar hin gefeiert wird.
Laut den protestierenden Priestern würde eine Veränderung der seit 50 Jahren etablierten Liturgie in ihren Gemeinden nicht akzeptiert. Die Gegner der Liturgiereform haben jüngst sogar den Vorschlag eingebracht, das Großerzbistum Ernakulam-Angamaly vom Rest der syro-malabarischen Kirche abzutrennen und es als neue mit Rom verbundene Kirche eigenen Rechts zu errichten. In den 34 weiteren Diözesen der Kirche wurde die Liturgiereform bereits akzeptiert. (rom)