Kommunikationspräfekt will vorerst nicht auf Motive des Ex-Jesuiten verzichten

Vatikan hält trotz vieler Missbrauchsvorwürfe an Rupnik-Kunst fest

Veröffentlicht am 22.06.2024 um 11:40 Uhr – Lesedauer: 

Atlanta ‐ Immer noch verwenden die Vatikan-Medien Kunstwerke des Missbrauchsbeschuldigten Marko Rupnik in ihrer Kommunikation – trotz massiver Proteste von Betroffenen. Doch der Kommunikationspräfekt sieht vorerst keinen Grund zum Handeln.

  • Teilen:

Der Präfekt des vatikanischen Kommunikationsdikasteriums Paolo Ruffini will auch weiterhin Kunstwerke des unter Missbrauchsverdacht stehenden Jesuiten Marko Rupnik in der Vatikan-Kommunikation verwenden. Bei einer katholischen Medienkonferenz in Atlanta (USA) sagte er laut der US-amerikanischen Kirchenzeitung "Our Sunday Visitor" (OSV) am Freitag, dass es niemals eine gute Entscheidung sei, Kunstwerke zu entfernen, zu löschen oder zu zerstören. Außerdem sei der vom Vatikan angestrengte Missbrauchsprozess noch im Gange. "Als Christen sollen wir nicht urteilen", sagte Ruffini.

Solange der Prozess noch nicht abgeschlossen sei, stehe es ihm nicht an, eine Entscheidung vorwegzunehmen. Ohnehin verwende sein Dikasterium nur Bilder, die schon vorhanden seien. Das habe auch nichts mit der Zuwendung der Kirche zu Betroffenen zu tun. "Die Nähe der Kirche zu jedem Opfer ist klar", sagte Ruffini. "Aber es ist auch klar, dass ein Prozess läuft, und darauf müssen wir warten. Wir reden nicht über den Missbrauch von Kindern, wir reden über eine Geschichte, die wir nicht kennen." 2020 wurde Rupnik exkommuniziert, weil er eine der Frauen, mit der er Geschlechtsverkehr hatte, in der Beichte von dieser Sünde freigesprochen hatte. Die Exkommunikation wurde noch im selben Monat wieder aufgehoben.

Betroffene, die gegen Rupnik Vorwürfe wegen geistlichem und sexuellem Missbrauch erheben, hatten gegenüber Medien zuvor gefordert, auf die Verwendung von Werken des Mosaikkünstlers zu verzichten. "Bei Rupnik kann man die sexuelle Dimension nicht von der kreativen trennen", sagte die Italienerin Gloria Branciani, ein ehemaliges Mitglied der von dem Ex-Jesuiten gegründeten slowenischen Loyola-Gemeinschaft gegenüber OSV, die Rupnik vorwirft, sie über einen Zeitraum von neun Jahren missbraucht zu haben. "Er hat mir erklärt, dass seine Darstellung von mir das ewig Weibliche repräsentiere. Seine künstlerische Inspiration kommt direkt von seinem Zugang zur Sexualität." Branciani gehört zu den ehemaligen Mitgliedern der Gemeinschaft, die im Februar ihre Vorwürfe öffentlich gemacht haben.

Papst Franziskus hat Verjährung aufgehoben

Rupnik werden seit Jahren verschiedene Formen des Missbrauchs vorgeworfen. Der Fall wurde im Dezember 2022 publik. Ermittlungsverfahren des Jesuitenordens unter Leitung der Glaubenskongregation endeten mit der Feststellung, dass die mutmaßlichen Verfehlungen verjährt seien. 2022 untersagte der Jesuitenorden Rupnik die öffentliche Ausübung seines Priesteramts und ordnete weitere Auflagen an. Mitte Juni 2023 wurde er aus dem Orden ausgeschlossen, nachdem er die Auflagen anscheinend ignoriert hatte. Gegen den Ausschluss hatte der Priester keine Rechtsmittel eingelegt. Rupnik wurde nach seiner Entlassung aus dem Jesuitenorden in das Bistum Koper aufgenommen, das zur Kirchenprovinz Ljubljana gehört.

Im Oktober teilte der Vatikan mit, dass Papst Franziskus das Glaubensdikasterium mit einer Untersuchung der Vorwürfe gegen Rupnik beauftragt hat. Um das kirchliche Verfahren gegen Rupnik zu ermöglichen, hob der Papst die Verjährungsfristen auf. Zuvor hatte die Päpstliche Kinderschutzkommission den Umgang mit Rupnik massiv kritisiert. Über den aktuellen Stand des Verfahrens ist nichts bekannt. Rupnik ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen Mosaikkünstler. Eines seiner bekanntesten Werke ist die 1999 vollendete Kapelle "Redemptoris Mater" im Papstpalast im Vatikan. Daneben gestaltete er Sakralräume unter anderem in Fatima, Lourdes, Krakau und Washington, D.C. Über den Umgang mit seiner Kunst wird seit Bekanntwerden der Vorwürfe weltweit diskutiert. (fxn)