Am Dienstag wird der Eichstätter Oberhirte 70 Jahre alt

Gregor Maria Hanke – Benediktiner, Bischof und Bewahrer

Veröffentlicht am 02.07.2024 um 00:01 Uhr – Von Steffen Zimmermann – Lesedauer: 

Eichstätt ‐ Mehr als zwei Jahrzehnte lebte Gregor Maria Hanke als Benediktiner in Plankstetten, ehe er 2006 Bischof von Eichstätt wurde, wo er seither manche Krise zu meistern hatte. In der Bischofskonferenz zählt der passionierte Bergsteiger zu den Kritikern des Synodalen Wegs. Heute wird er 70 Jahre alt.

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Wer sich mit dem Leben von Gregor Maria Hanke beschäftigt, erkennt schnell, dass dessen kirchliche Vita sich im Wesentlichen in zwei Abschnitte unterteilen lässt – in einen vor dem 2. Dezember 2006 und in einen danach. An diesem Tag nämlich wurde Hanke vom damaligen Bamberger Erzbischof Ludwig Schick zum Bischof geweiht und als neuer Oberhirte von Eichstätt in sein Amt eingeführt. Damit endete eine mehr als zwei Jahrzehnte andauernde Lebensphase, die Hanke zunächst als Mönch und später als Abt in der traditionsreichen Benediktinerabtei Plankstetten verbracht hatte, und es begann seine bis heute andauernde Amtszeit als Oberhirte des – gemessen an der Zahl der Katholiken – kleinsten bayerischen Bistums. Als solcher feiert Hanke an diesem Dienstag, dem Fest Mariä Heimsuchung, seinen 70. Geburtstag.

Aus Franz Maria wurde im Kloster Gregor Maria

Geboren wurde Hanke am 2. Juli 1954, zwei Tage vor dem "Wunder von Bern", in Elbersroth im Landkreis Ansbach. Hier besuchte er – noch als Franz Maria Hanke – die Volksschule, ehe er 1965 auf das Bischöfliche Studienseminar in Eichstätt wechselte. Nach dem Abitur trat er in das Priesterseminar des Bistums ein und studierte Katholische Theologie in Eichstätt und London. Dem Diplom im Jahr 1980 folgte ein Jahr als Religionslehrer an einer Berufsschule, bevor er 1981 in die Abtei Plankstetten eintrat. Hier legte Hanke 1982 – nun versehen mit dem Ordensnamen Gregor – seine Profess ab, und hier wurde er am 10. September 1983 vom damaligen Eichstätter Bischof Alois Brems zum Priester geweiht.

Bild: ©Benediktinerabtei Plankstetten (Archivbild)

Bis zu seiner Bischofsweihe 2006 die Heimat von Gregor Maria Hanke: die Benediktinerabtei Plankstetten.

Während dieser Zeit studierte Hanke noch Anglistik und verbrachte von 1983 bis 1985 zwei Studienjahre im englischen Oxford. Nach seiner Rückkehr in das Kloster wurde er zunächst Gastmeister und war als solcher am Aufbau und der Leitung des Gäste- und Tagungshauses der Abtei beteiligt. Am 13. Juli 1993 wurde Hanke dann zum 54. Abt der Abtei Plankstetten gewählt, die Benediktion erfolgte drei Monate später. In den folgenden Jahren widmete sich der schlanke Vollbartträger – der nebenher noch an der Jesuitenhochschule St. Georgen in Frankfurt am Main promovierte – vor allem der ökologischen Umstellung der Wirtschaftsbetriebe der Abtei. Unter seiner Ägide wurde die gesamte Landwirtschaft des Klosters auf organisch-biologische Wirtschaftsweise umgestellt und Plankstetten dadurch zu einem Bio-Kloster mit bundesweiter Ausstrahlung.

Die Ökologie und die Bewahrung der Schöpfung sind auch ein prägendes Thema seiner Amtszeit als Bischof. 2011 wurde für die Diözese ein Klimaschutzkonzept erstellt, mit dem der CO2-Ausstoß bis 2030 halbiert werden soll. Daran hat sich inzwischen die "Klimaoffensive 2035" angeschlossen. "Damit sind wir als Bistum auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität. Es geht dabei um Verantwortung aus dem Glauben", sagte Hanke vergangenes Jahr in einem Interview. Dies bedeute, anzuerkennen, dass die Welt nicht nur für die heute lebenden Menschen da sei, sondern auch für künftige Generationen. "Und für Tiere, Pflanzen, Landschaften – denn die Schöpfung ist ein Wert in sich, ihre Schönheit ist ein Lob Gottes. Sie ist für uns eine Gabe, nicht unser Steinbruch. Insofern sind wir zum Teilen mit allen Geschöpfen gehalten", so der Bischof. Zugleich bekannte er, dass auch er in Sachen Klimaschutz noch nicht perfekt sei: "Ich habe immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich mal nach Rom reisen und dazu das Flugzeug nehmen muss."

Erst KU-Krise, dann Finanzskandal

Seit seinem Amtsantritt als Bischof war Hanke, der privat ein passionierter Bergsteiger ist, wiederholt auch als Krisenmanager gefragt. Im Juni 2008 geriet zunächst die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) in schweres Fahrwasser, als Hanke als damaliger Großkanzler der Hochschule den Kanzler Gottfried von der Heydte beurlaubte. Anlass für diesen Schritt waren "konkrete Anhaltspunkte für eine nicht durchgängige sach- und fachgerechte Amts-, Haushalts- und Wirtschaftsführung" – ein Vorwurf, der später von externen Prüfern bestätigt wurde. Als sich die Führungskrise an der KU auswuchs, sorgte Hanke dafür, dass die anderen bayerischen Bischöfe mit im Boot blieben und Kardinal Reinhard Marx als Vorsitzender der Freisinger Bischofskonferenz die einzige katholische Universität im deutschen Sprachraum schließlich zur Chefsache machte.

„Ich bin zutiefst überzeugt, dass die Kirche eine Erneuerung braucht, die vom Evangelium ausgeht.“

—  Zitat: Bischof Gregor Maria Hanke

Während an der KU danach wieder Ruhe einkehrte, erlebte Hanke einige Jahre später bei den Bistumsfinanzen eine böse Überraschung. Im Rahmen einer von ihm angestoßenen Transparenzoffensive entdeckten externe Wirtschaftsprüfer, dass der frühere stellvertretende Finanzdirektor zusammen mit Projektentwicklern und einem Mittelsmann rund 60 Millionen US-Dollar in hochriskante, meist ungesicherte Darlehen in den USA investiert hatte. Anfang 2018 machte Hanke den Skandal selbst öffentlich und bekannte zumindest eine moralische Mitverantwortung. Im Zuge der Affäre wurden zeitweilig auch Verdachtsmomente gegen ihn selbst geprüft, auch Rücktrittsforderungen wurden laut. Erst vor wenigen Wochen gab Hanke zu, dass er tatsächlich zeitweilig zum Rücktritt entschlossen gewesen sei – auf Anraten seiner Anwälte dann aber auf diesen Schritt verzichtet habe. Der befürchtete finanzielle Schaden des Skandals erwies sich unterdessen als kleiner als befürchtet: 40 Millionen Euro des in den USA investierten Geldes sind in den vergangenen Jahren wieder an das Bistum zurückgeflossen.

In der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) ist Hanke Mitglied der Kommission für Wissenschaft und Kultur und der Kommission für Ehe und Familie. Jenseits dieser offiziellen Ämter wird er in der Öffentlichkeit seit Jahren zur konservativen Minderheit unter den Bischöfen gezählt. Dazu beigetragen hat vor allem Hankes reservierte Haltung gegenüber dem Synodalen Weg. Diesen hat er von Anfang an mit mahnenden Wortbeiträgen begleitet, indem er etwa schon früh vor überhöhten Erwartungen an das deutsche Reformprojekt warnte und einige Beschlussvorlagen in der Synodalversammlung als nicht vereinbar mit der kirchlichen Lehre kritisierte. So betonte Hanke bei der ersten Versammlung im Frühjahr 2020, dass der Synodale Weg für sich klären müsse, ob er sich von der Tradition der Kirche und der Gemeinschaft der Weltkirche abkapseln wolle. Bei den Abstimmungen in den Synodalversammlungen stimmte er unter anderem gegen eine Überprüfung des Ausschlusses der Frauen vom Priesteramt und gegen eine lehramtliche Neubewertung von Homosexualität.

Kritik am Synodalen Weg – mit Schützenhilfe aus dem Vatikan

Auch wenn Hanke nach eigener Aussage kein Reformverweigerer ist ("Ich bin zutiefst überzeugt, dass die Kirche eine Erneuerung braucht, die vom Evangelium ausgeht"), scheint seine Skepsis gegenüber dem Synodalen Weg mit den Jahren noch angewachsen zu sein. Gemeinsam mit dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und seinen beiden bayerischen Mitbrüdern Stefan Oster (Passau) und Rudolf Voderholzer (Regensburg) hat Hanke wiederholt seine von der Mehrheit abweichende Meinung kundgetan und sich dafür auch Schützenhilfe aus dem Vatikan geholt. Anfang 2023 etwa wandten sich die vier Bischöfe – damals gemeinsam mit Augsburgs Oberhirten Bertram Meier – ohne Rücksprache mit den anderen Mitbrüdern in der DBK mit der Frage an Rom, ob sie verpflichtet seien, am geplanten Synodalen Ausschuss teilzunehmen. Der Vatikan engte den Spielraum für Reformen daraufhin noch einmal ein.

Bild: ©katholisch.de (Archivbild)

Bischof Hanke scheut ein offenes Wort und möglichen Widerspruch nicht, wenn ihm ein Anliegen auf den Nägeln brennt.

Im Juni 2023 blockierte Hanke dann gemeinsam mit Oster, Voderholzer und Woelki die geplante Finanzierung des Synodalen Ausschusses über den Verband der Diözesen Deutschlands (VDD). Man wolle nicht mit viel Geld ein Gremium auf die Beine stellen, das später aufgrund der Vorgaben aus dem Vatikan so nicht handlungsfähig sei, hieß es zur Begründung. Die vier Bischöfe sagten in der Folge auch ihre eigene Teilnahme an den Sitzungen des Gremiums ab. Appelle, ihre Haltung zu überdenken, fruchteten bislang nicht.

Gegen Verbannung religiöser Symbole aus der Öffentlichkeit

Dass Hanke, wenn ihm ein Anliegen auf den Nägeln brennt, ein offenes Wort und möglichen Widerspruch nicht scheut, zeigt sich jedoch nicht nur bei innerkirchlichen Debatten. Immer wieder bezog er in der Vergangenheit in aktuellen Debatten klar Position – jüngst etwa zu der unter der Ampelregierung neu entfachten Diskussion um Schwangerschaftsabbrüche. Nach den Empfehlungen einer Expertenkommission, diese künftig in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen straffrei zu stellen und rechtlich zu erlauben, appellierte Hanke an die Regierung, den Vorschlägen nicht zu folgen. Angesichts von jährlich schon jetzt mehr als 100.000 Abtreibungen auf Grundlage des geltenden Rechts erschließe sich ihm nicht, weshalb diese Regelungen aufgeweicht werden sollten. "Ich sehe mit großer Sorge Tendenzen in der Regierung, die Tötung ungeborener Kinder nicht nur zu tolerieren, sondern ausdrücklich für rechtmäßig zu erklären", fügte der Bischof hinzu. Nötig sei aber mehr Einsatz für einen umfassenden Lebensschutz.

Auch gegen die Verbannung religiöser Symbole aus der Öffentlichkeit zog Hanke schon zu Felde. Wer dies tue, "muss wissen, dass er gegen die Wurzeln des Baumes vorgeht, an dessen Früchten er partizipiert". Die Welt bleibe auf gelebten christlichen Glauben angewiesen, wenn Menschenwürde und Menschenrechte Bestand haben sollten. Diese Ideen hätten sich "gerade in Ländern mit einer christlichen Glaubensgeschichte entwickelt" und von dort her Aufnahme in der Völkergemeinschaft gefunden. Eine Gesellschaft, die ihr Zusammenleben an Werten orientiere, könne auf die Rückbindung an Gott nicht verzichten. Es sei denn, man begnüge sich "mit sogenannten Werten, die nicht mehr sind als augenblickliche Mehrheitsmeinungen".

Von Steffen Zimmermann