Standpunkt

Das abfällige Gerede über alte Menschen in der Kirche muss aufhören

Veröffentlicht am 26.07.2024 um 00:01 Uhr – Von Dirk Bingener – Lesedauer: 
Eine ältere Frau sitzt alleine in der Kirchenbank
Bild: © KNA

Aachen ‐ Mit Blick auf die Kirche hört Pfarrer Dirk Bingener bisweilen den Satz "Da sind doch nur noch alte Leute!". Er fragt sich, was dieser Satz eigentlich aussagen soll und was er über unseren Blick auf alte Menschen verrät – und er macht einen Vorschlag.

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"Da sind doch nur noch alte Leute!" Diesen Satz höre ich bisweilen, wenn jemand über den Gottesdienst in seiner Pfarrei spricht. Und ich frage mich zunehmend: Was soll dieser Satz eigentlich aussagen? Klar, vielleicht soll damit deutlich werden, dass diese Gottesdienstgemeinde so möglicherweise keine Zukunft hat.

Es geht mir hier aber darum, dass in diesem Satz etwas Abfälliges mitschwingt. Ist ein Gottesdienst oder eine Aktivität mit jüngeren Leuten denn mehr wert, besser oder wichtiger als einer mit alten? Solche Bemerkungen reproduzieren eine bestimmte Perspektive auf das Alter, die in unserer Gesellschaft weitverbreitet ist. Seit Langem ist von der Überalterung der Gesellschaft und ihren Folgen die Rede. Themen wie Krankheit und Pflege prägen unser Bild des Alters. Alte Menschen haben Probleme und keine gute Prognose.

Das aber muss in der Kirche doch anders sein. Alle Lebensphasen sind uns Christen wertvoll und von einer unveräußerlichen Würde. In seiner Botschaft zum 4. Welttag der Großeltern und Senioren, den wir am Sonntag begehen, weist der Papst darauf hin. Freilich müssen wir uns auch als Kirche um die Zukunft kümmern. Zuweilen kann aber die Sorge um die Zukunft auch den Blick auf die Gegenwart verstellen. Dann sehen wir die Menschen, die heute häufig in der Kirche sind, nicht mehr als das, was sie sind – älter vielleicht, aber sie macht doch so viel mehr aus, und vor allem sind sie nicht weniger wertvoll.

Der Welttag steht unter dem Leitwort "Verwirf mich nicht, wenn ich alt bin" (Ps 71,9). Er soll uns in Erinnerung rufen, dass jede Person – ganz gleich welchen Alters –, die in der Kirche ihr Zuhause gefunden hat, ein Grund zu großer Freude ist. Und dabei sind ältere Menschen ja keine homogene Masse: egal, ob sie als rüstige Ehrenamtliche die Pfarreiarbeit vor Ort stemmen, als treue Gottesdienstbesucher einfach da sind oder so schwach sind, dass sie kaum noch die Krankenkommunion empfangen können.

Wäre es eigentlich vorstellbar zu sagen: "Da sind doch nur noch alte Leute" und dann anzuschließen: "Und jede und jeder von ihnen ist wertvoll und wunderbar".

Von Dirk Bingener

Der Autor

Pfarrer Dirk Bingener ist Präsident des Internationalen Katholischen Hilfswerkes missio Aachen und des Kindermissionswerkes "Die Sternsinger" in Aachen.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.