"La Madeleine" – die katholische Olympia-Kirche 2024
Lange Jahre war "La Madeleine", die Magdalenen-Kirche im Herzen von Paris, ein Wechselbalg der Stadtgeschichte. Obwohl eine der meistbesuchten Kirchen der Hauptstadt, nahmen Bürger das klassizistische Bauwerk als Schandfleck wahr. Über viele Jahre blieb die Säulenfassade nahe der Place de la Concorde verhängt, der Eingang oft vermüllt.
Doch zu den Olympischen Sommerspielen, die an diesem Freitag beginnen, haben sich Staat und Kirche zusammengerauft. Bis 8. September soll die Madeleine Olympia-Pfarrei der katholischen Kirche sein – und unter anderem ein Ruheort für die Athleten. Täglich ist ein Gottesdienst für eine je andere Teilnehmernation geplant, zudem Musikprogramme und weitere Veranstaltungen.
Olympia-Eröffnungsmesse am vergangenen Freitag
Nach zweijährigen intensiven Arbeiten wurde vor wenigen Wochen die Fassadenrenovierung abgeschlossen. Rund zehn Millionen Euro wurden investiert, mehr als 150 Kubikmeter Stein und Hunderte Quadratmeter Pflaster erneuert. Am vergangenen Freitag fand hier unter Leitung des Pariser Erzbischofs Laurent Ulrich die katholische Olympia-Eröffnungsmesse statt.
Anwesend in erster Reihe waren neben dem Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, und Bürgermeisterin Anne Hidalgo auch zwei Regierungsmitglieder: Kulturministerin Rachida Dati und Sportministerin Amelie Oudea-Castera. Zu Beginn der Feier verlas Erzbischof Ulrich eine Friedensbotschaft von Papst Franziskus; und der Pfarrer der Madeleine-Gemeinde, Patrick Chauvet, begrüßte Botschafter aus zahlreichen Ländern der Welt.
Wie können wir an einen olympischen Waffenstillstand glauben, wenn es auf der Welt so viele Konflikte gibt, angefangen mit der Ukraine und Gaza, fragte Chauvet. "Bei dieser Messe erleben wir einen Moment der Gemeinschaft, wenn auch nur von kurzer Dauer", so der Pfarrer; Zeichen einer "kleinen Hoffnung, die uns alle beseelt, ob gläubig oder nicht". Nach der Messe ließen jedenfalls Sportministerin Oudea-Castera und IOC-Präsident Bach fünf Tauben als Friedenssymbole fliegen.
Gotteshaus mit eher eigentümlicher Gestalt
Vor 100 Jahren, 1924, als Frankreich erstmals die Olympischen Spiele ausgerichtet hatte, wurde die Eröffnungsmesse in Notre-Dame gefeiert. Das war diesmal – nach dem dortigen Großbrand 2019 – noch nicht wieder möglich. Mit der Madeleine erwartet Besucher und Teilnehmer aber allemal eine ungewöhnliche Olympia-Kirche: Während der Außenbau einem antiken Tempel nachempfunden ist, orientiert sich das Kircheninnere aus den 1830er Jahren mit seinen drei aufeinander folgenden Kuppeln dem Gepräge römischer Thermen.
Diese eher eigentümliche Gestalt ist auch Folge einer unruhigen und unorganischen Baugeschichte. Die Kirche im neoklassizistischen Stil wurde 1764 unter König Ludwig XV. begonnen und sollte einen monumentalen Blickpunkt von der gleichzeitig angelegten Place de la Concorde her bieten. Doch der Kirchbau ging nur schleppend voran – und wurde Ende 1791 im Zuge der Französischen Revolution unterbrochen.
Verschiedene Nutzungspläne aus der Revolutionszeit für das Gebäude wurden nicht realisiert, etwa als Börse, Handelsgericht oder Parlamentsgebäude. 1806 beschloss Kaiser Napoleon I. dann eine Ruhmeshalle für seine Soldaten mit 52 korinthischen Säulen. Doch nach dem gescheiterten Russlandfeldzug 1812 rückte er wieder von der Ruhmeshalle ab. Nach Napoleons Sturz wollte König Ludwig XVIII. das Gebäude als Gedenkkirche für die Revolutionsopfer Ludwig XVI. und Marie-Antoinette fertigstellen lassen.
Weitere Sanierung in den kommenden Jahren geplant
Als es schließlich 1842 tatsächlich vollendet war – erneut unter einem neuen Regime –, wurde "La Madeleine" zur Pfarrkirche des Stadtbezirks. Seither fanden hier auch Totenmessen für diverse Prominente statt, etwa für Frederic Chopin (1849), Jacques Offenbach (1880), Coco Chanel (1971), Josephine Baker (1975), Marlene Dietrich (1992), Charles Trenet (2001) und Johnny Hallyday (2017).
Wenn im Herbst Olympia wieder abgezogen sein wird, sollen binnen fünf bis sechs Jahren noch die Gebäuderückseite und die Seitenfassaden saniert werden. Dann stünde, so der Plan, Maria Magdalena besser denn je da in ihrer unruhigen Geschichte.