Zunehmende Räumungsversuche von behördlicher Seite problematisch

Evangelischer Bischof: Kirchenasyl muss geschützt bleiben

Veröffentlicht am 27.07.2024 um 10:45 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Zuletzt kam es immer wieder zu Räumungen von Kirchenasyl-Fällen durch die Polizei. Der evangelische Flüchtlingsbischof Christoph Stäblein findet das inakzeptabel. Er hat aber eine Erklärung dafür.

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Das Kirchenasyl muss aus Sicht des evangelischen Bischofs Christian Stäblein stärker vor staatlicher Einmischung geschützt werden. Durch zunehmende Räumungsversuche von behördlicher Seite sei diese Praxis in Deutschland inzwischen schwer beeinträchtigt, sagte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz dem Deutschlandfunk (Freitag). "Ich sehe das mit ganz großer Sorge", so Stäblein, der auch Flüchtlingsbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland ist.

Stäblein äußerte sich insbesondere mit Blick auf einen Fall, der sich im Mai in Niedersachsen zugetragen hatte. Hier sei eine russische Familie von der Polizei aus dem Kirchenasyl geholt und daraufhin abgeschoben worden, hieß es. Vater und Sohn hätten sich durch die Flucht nach Deutschland vor der militärischen Einberufung schützen wollen. Ein solcher Vorgang sei "inakzeptabel", sagte Stäblein. Das Kirchenasyl sei eine wichtige Aufgabe der Kirchen und ein "für unsere Gesellschaft wichtiges Recht", so der Bischof. "Ich glaube, das genau macht unsere Gesellschaft aus, dass sie solche humanitären Ausnahmemöglichkeiten zulässt, weil es in den dann bis dahin stattgefundenen Verfahren ja immer auch zu Situationen kommen kann, in denen sich geirrt wurde, in denen etwas übersehen wurde."

Die Zeit des Kirchenasyls solle genutzt werden, um in bestimmten Härtefällen erneut Überprüfungen durchführen zu können. In vielen Fällen hätten dadurch letztlich positive Asylbescheide ausgestellt und Leben gerettet werden können, sagte Stäblein. Zudem gehe es in den Kirchenasylfällen nicht um eine Anzahl von Menschen, die Auswirkungen auf die Politik haben könnten. Dass ein Kompromiss, der die vergangenen 30 bis 40 Jahre gut funktioniert habe, nun staatlicherseits aufs Spiel gesetzt werde, sei für ihn unverständlich, erklärte Stäblein. Räumungen in Kirchen seien zweifellos ein Zeichen dafür, dass sich der Ton in der Debatte in Deutschland weiter verschiebe. "Ich glaube, es bringt überhaupt nichts, an dieser Stelle rechtsextremen, rechtspopulistschen Parolen hinterherzulaufen und zu glauben, dass das auch nur irgendein Problem löst." (KNA)