Wofür er Nachfolger zu unterrichten für notwendig hielt

Fleißiger Pfarrer schrieb 800-Seiten-Buch für Amtsübergabe

Veröffentlicht am 13.08.2024 um 14:59 Uhr – Lesedauer: 

München ‐ In Pfarrarchiven schlummern Schätze. Zum Beispiel detailreiche Aufzeichnungen Geistlicher über das Leben in Bayern vor 300 Jahren. Um sie zu lesen, muss man jetzt gar nicht mehr in eine Bibliothek.

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Pfarrer haben als Seelsorger an sich genug zu tun. Manche betätigten sich nebenbei als Maler, Dichter oder Obstzüchter. Von außergewöhnlichem Fleiß und Sorgfalt zeugt ein nunmehr digital zugängliches "Salbuch" im Archiv des Erzbistums München und Freising. Auf 800 Seiten kann im Original nachgelesen werden, worüber der Fürholzener Pfarrer Johann Jakob Pämer (1719-1760) seine Nachfolger zu unterrichten für notwendig hielt.

An dem Konvolut für die Amtsübergabe arbeitete Pämer 15 Jahre. Normalerweise waren Salbücher eher knapp gehalten. In seinen Notizen finden sich nicht nur Hinweise zum Gottesdienst oder darüber, welche Dienstboten faul oder gar aufsässig seien. Pämer berichtete von historischen Ereignissen wie Raubzügen während des Österreichischen Erbfolgekriegs. Außerdem hielt er mit genauem Datum fest, wann Unwetter die Ernte vernichteten oder fast alle Pferde im Stall ertrinken ließen. Daneben beschäftigte er sich mit Tierheilkunde. Für die Behandlung der sogenannten Lungensucht brauchte es nach seinen Erkenntnissen unbedingt zwölf ausgekochte Schneckenhäuser.

Der Priester hatte 27 Geschwister

Als Quelle zur bayerischen Geschichte bietet das Fürholzener Salbuch tiefe Einblicke. Allerdings sind die handschriftlichen Aufzeichnungen in ihrer Mischung aus Kirchenlatein und Dialekt schwer lesbar. Die junge Historikerin Lisa Kellerer hat sie für ihre Masterarbeit an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität in heutiges Deutsch übertragen. Mehrfach hat sie über ihre Forschungsergebnisse Vorträge gehalten. Ihre Recherchen förderten bemerkenswerte Lebensumstände des Priesters zutage. So hatte Pämer offenbar noch 27 jüngere leibliche Geschwister.

Im digitalen Archiv des Erzbistums München und Freising können Interessierte inzwischen ausgewählte Unterlagen aus Pfarrarchiven kostenlos einsehen. Die Originale aus mittlerweile 250 Pfarreien lagern zentral in einem Depot in Neufahrn bei Freising. (KNA)