Schwester Johanna Domek über das Sonntagsevangelium

Wachheit für Gottes Geist und das Angemessene

Veröffentlicht am 31.08.2024 um 12:15 Uhr – Lesedauer: 
Ausgelegt!

Köln ‐ Im heutigen Evangelium mahnt Jesus, dass äußerliche Formen allein nicht genügen. Wachheit im Glauben bedeute daher, über Konventionen hinauszugehen, meint Schwester Johanna Domek. Ebenso bedeute es, das Herz mit den Taten in Einklang zu bringen.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Jedes Miteinander braucht Formen und Konventionen. Jeder Kultur oder Religion Richtlinien und Gebote. Aber machen wir uns nichts vor. Machen wir auch den anderen nichts vor. Was immer wir nur pro Forma und nicht von Herzen machen, hat nicht die Lebensqualität und Glaubensqualität, die dem Leben guttut. Es wird dem Leben nicht gerecht und auch nicht dem Willen und Gebot Gottes. Jesus ist sehr deutlich darin, uns das zu sagen.

In jeder bloß äußerlichen Treue zur Überlieferung, egal auf welcher Ebene des Lebens die sich abspielt, sowohl im Grundsätzlichen wie im Alttäglichen gibt es zwei Gefahren, auf die er uns hinweist. Das ist zum einen die Gefahr, dass wir nicht wach unterscheiden, was eine von Menschen einer bestimmten Zeit gestaltete Form ist, die zeitnah ein sinnvoller Ausdruck sein mag, der aber nur eine begrenzte Gültigkeit zukommt und dem, was das jetzt angemessene Verhalten ist. Wenn ich einer Form – egal welcher  zu viel Gewicht gebe, übersehe ich womöglich die Notwendigkeit, nach jetzt passenden Verhaltensweisen zu suchen. Eine aktuelle Wachheit und, sagen wir ruhig "Freihändigkeit", ist alle Tage und in allem unverzichtbar. 

Die andere Gefahr, die unser Leben begleitet, ist, dass wir die die Diskrepanz von "Herz und Lippen" nicht wichtig nehmen. Von der Zeit der frühen Wüstenväter und Wüstenmütter im 3. und 4. Jahrhundert an ist darum in der monastischen Tradition besonders dem Umgang mit den eigenen Gedanken viel Aufmerksamkeit gewidmet worden. Unter "Gedanken" verstand man in der Zeit des frühen Mönchtums nicht logisches Denken, wie uns das heute geläufig ist, sondern mit Emotionen geladene Gedanken, innere Haltungen und Dispositionen. Sie sind entscheidend dafür, ob wir Gott mit reinem Herzen verehren. Wenn ich auf dem Weg Jesu gehen will, darf ich die Spannung, die sich da auftut, nicht ignorieren oder überspielen. Es kommt darauf an, ehrlich und geduldig mit diesem Thema der eigenen Haltungen und Beweggründe umzugehen.

Bewahren wir uns die Bereitschaft zur Selbsterkenntnis und Gottverbundenheit mitten im Leben. Beten ist dabei hilfreich, z.B. mit den Worten aus Psalm 51,12: Erschaffe mir, Gott, ein reines Herz und einen festen Geist erneuere in meinem Innern! (EÜ) Eine andere Übersetzung spricht da von einem "willigen Geist". Die Übersetzung "Hoffnung für alle" übersetzt diesen Vers: "Erschaffe in mir ein reines Herz, o Gott; erneuere mich und gib mir die Kraft, dir treu zu sein!"

Evangelium nach Markus (7,1-8.14-15.21-23)

In jener Zeit versammelten sich die Pharisäer und einige Schriftgelehrte, die aus Jerusalem gekommen waren, bei Jesus. Sie sahen, dass einige seiner Jünger ihr Brot mit unreinen, das heißt mit ungewaschenen Händen aßen. Die Pharisäer essen nämlich wie alle Juden nur, wenn sie vorher mit einer Handvoll Wasser die Hände gewaschen haben; so halten sie an der Überlieferung der Alten fest. Auch wenn sie vom Markt kommen, essen sie nicht, ohne sich vorher zu waschen.

Noch viele andere überlieferte Vorschriften halten sie ein, wie das Abspülen von Bechern, Krügen und Kesseln. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten fragten ihn also: Warum halten sich deine Jünger nicht an die Überlieferung der Alten, sondern essen ihr Brot mit unreinen Händen? Er antwortete ihnen: Der Prophet Jesája hatte Recht mit dem, was er über euch Heuchler sagte, wie geschrieben steht: Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir.

Vergeblich verehren sie mich; was sie lehren, sind Satzungen von Menschen. Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen. Dann rief er die Leute wieder zu sich und sagte: Hört mir alle zu und begreift, was ich sage! Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Lästerung, Hochmut und Unvernunft. All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein.

Die Autorin

Sr. Johanna Domek OSB ist seit mehr als 40 Jahren Benediktinerin in Köln-Raderberg, wo sie in der Kurs- und Exerzitienarbeit tätig ist. Darüber hinaus ist sie Beauftragte des Netzwerks alternde Ordensgemeinschaften und hat zahlreiche Publikationen zum Thema Spiritualität veröffentlicht.

Ausgelegt!

Als Vorbereitung auf die Sonntagsmesse oder als anschließender Impuls: Unser Format "Ausgelegt!" versorgt Sie mit dem jeweiligen Evangelium und Denkanstößen von ausgewählten Theologen.