Vatikanangestellte: "Unzufriedenheit wächst erbarmungslos"
Privatisierung und Outsourcing, stagnierende Gehälter verbunden mit Mieterhöhungen, intransparente und nicht leistungsorientierte Beförderungen, unveröffentlichte Haushaltsbilanzen – die Liste der Vatikangewerkschaft ADLV zu mutmaßlichen Missständen ist lang. Deshalb hat sich die Vereinigung in einem am Dienstag veröffentlichten Brandbrief erneut an den kirchlichen Arbeitgeber gewandt. Es mangele an Kommunikation über geplante Reformen. Die Unzufriedenheit wachse erbarmungslos, schreibt der Verband der Vatikanangestellten auf seiner Internetseite.
"Teil der Gemeinschaft der Vatikanangestellten zu sein, sollte bedeuten, Mitglied einer besonderen Familie zu sein, die sich durch spezifische Werte auszeichnet", so die ADLV. Doch beklagt sie eine zunehmende Auslagerungen von Arbeitsplätzen. Dies würde einen "radikalen Kurswechsel" hin zu einem vollwertigen Unternehmen bedeuten: "Ein etwas klaustrophobischer multinationaler Konzern, dem viele der Boni, Belohnungen und Annehmlichkeiten fehlen, die stattdessen externe Mitarbeiter genießen." Das sogenannte Outsourcing betreffe bereits Reinigungspersonal und Pförtnerdienste ebenso wie den Einsatz externer Wirtschaftsprüfungsunternehmen und die Verwaltung von Immobilien und Wertpapiervermögen.
Einrichtung werde langsam "dekonstruiert"
Das gleiche Schicksal werde bald der vatikanische Supermarkt Annona erleiden, seine Verwaltung übernehme eine "bekannte italienische Marke". Zwar sollen die 30 bis 40 Angestellten innerhalb des Vatikans versetzt werden, wohin genau sei jedoch unklar. Ebenso, ob die Privatisierung auch andere Vatikan-eigene Betriebe treffen werde. "Wir haben den Eindruck, dass die Einrichtung langsam 'dekonstruiert' wird", so die Gewerkschaft.
Die ADLV hat nach eigenen Angaben rund 600 Mitglieder. Anders als die regulären Gewerkschaften in anderen Ländern hat sie kein Streikrecht. Verbesserungen der Arbeitsbedingungen werden in der Regel durch Gespräche mit den Verantwortlichen der unterschiedlichen Körperschaften im Vatikan erreicht. Wegen finanzieller Engpässe haben sich die Arbeitsbedingungen im Pontifikat von Papst Franziskus teilweise verschlechtert. (KNA)