Gegen den Willen der Bundesländer

Zeitung: Ampel will Gesetzentwurf zu Staatsleistungen im Herbst

Veröffentlicht am 23.08.2024 um 08:57 Uhr – Lesedauer: 

Frankfurt ‐ Die Ampelkoalition hatte sich vorgenommen, ein Gesetz zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen auf den Weg zu bringen. Betroffen davon wären vor allem die Bundesländer – sie sträuben sich dagegen. Dennoch soll nun ein Entwurf kommen.

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Die Regierungskoalition will auch gegen den Willen der Bundesländer die Staatsleistungen an die Kirchen beenden. Noch im Herbst soll es dazu einen Gesetzesentwurf geben, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Freitag) berichtet. Das geplante Gesetz soll demnach so gestaltet werden, dass es keine Zustimmung durch den Bundesrat braucht. Es soll die "finanziellen Verflechtungen zwischen dem Staat und den Kirchen kappen", zitiert die FAZ den religionspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Castellucci. Die Bundesländer zahlen der evangelischen und der katholischen Kirche jährlich sogenannte Staatsleistungen, zuletzt mehr als 600 Millionen Euro. Dies sind Kompensationen für frühere Enteignungen von Kirchengütern.

Viele Landesregierungen hatten ein Ablösen der Staatsleistungen wiederholt abgelehnt, unter anderem, weil den Kirchen dann Summen in Milliardenhöhe zustünden. Vertreter der Bundesländer bemängeln laut FAZ den Zeitpunkt des Vorstoßes. "Angesichts der knappen Kassen wäre es klüger, die Ablösung der Staatsleistungen weiter zurückzustellen", sagte der Chef der Staatskanzlei in Sachsen-Anhalt, Rainer Robra (CDU) der FAZ. Außerdem kritisierte er die Pläne eines nicht-zustimmungspflichtigen Gesetzes.

Länder sollen selbst wählen

Um das Gesetz ohne Zustimmung des Bundesrats auf den Weg zu bringen, sollen die Vorgaben zur Ablösung der Staatsleistungen im Entwurf vage bleiben. "Es wird sicher kein Text, der Ländern abschließend die Form der Ablösung vorschreiben wird", so Castellucci. Die Länder sollen demnach selbst wählen, ob sie den Kirchen Geld zahlen wollen oder ihnen Grundstücke, Wald oder Wertpapiere übertragen. Einmalzahlungen stehen genauso im Raum wie eine schrittweise Ablösung der Staatsleistungen mit zusätzlichen Transfers.

Die Regierungskoalition beschäftigt sich mit einem Gesetzentwurf, weil das Grundgesetz vorschreibt, diese historisch bedingten Zahlungen durch Landesgesetze abzulösen. Vor diesem Hintergrund brachte die Bundestagsfraktion der CDU/CSU einen neuen Vorschlag in die Debatte, wie die FAZ berichtet. So schlägt deren rechtspolitischer Sprecher Günter Krings vor, nicht die Staatsleistungen zu streichen, sondern den Passus über deren Ablösung im Grundgesetz.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) riet der Regierung erneut, ihre Pläne nicht weiterzuverfolgen. Die Haushaltslage in vielen Bundesländern sei "infolge der zahlreichen Herausforderungen so angespannt, dass Ablösezahlungen an die Kirchen in absehbarer Zeit finanziell schlichtweg nicht darstellbar sind". Die Länder seien sich in der Frage "sehr einig", sagte Weil der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

CDU-Politiker Rachel: "Grobes Foul"

Der kirchenpolitische Sprecher der Union, Thomas Rachel, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Ein Handeln der Ampelkoalition über die Köpfe der Länder hinweg ist ein Fehler und ein grobes Foul." Es müsse gerecht zugehen: Sowohl für die Kirchen, die einen rechtlichen Anspruch auf gerechte Entschädigung hätten, als auch für die Länder, die diese Mittel letztlich aufwenden müssten. "Im Moment verweisen mehrere Länder darauf, dass sie nicht genug Geld haben, um die Kirchen auszuzahlen."

Der Staatsrechtler Stefan Mückl hält die Pläne für "Theaterdonner". Sie hätten nur symbolischen Wert, um die Handlungsfähigkeit der Koalition zu demonstrieren, sagte er dem kirchlichen Kölner Internetportal domradio.de. "Die Länder haben kein Geld, um eine Ablösung zu finanzieren, die tatsächlich eine Ablösung – also zeitnahes Ende der Zahlungsverpflichtungen – ist", so der an der Päpstlichen Universität Santa Croce in Rom lehrende Jurist und Priester. Abgeltungen über einen Zeitraum von 30 Jahren werde man politisch nicht als "Ablösung" etikettieren können. (mal/KNA)

23.8., 15.15 Uhr: ergänzt um weitere Stimmen.