Bibelwerk-Direktorin: Man muss Bibel manchmal widersprechen
Die Direktorin des Katholischen Bibelwerks, Katrin Brockmöller, hat sich für eine sorgfältige Kontextualisierung der Bibel stark gemacht. "Man darf biblischen Aussagen widersprechen, ja man muss es manchmal sogar, und noch mehr denen, die behaupten, etwas stünde genau so und nicht anders in der Bibel – und hätte daher auch heute genau so zu sein", schreibt Brockmöller in der "Herder Korrespondenz" (September-Ausgabe). Die Bibel widersetze sich einfachen Antworten auf große Fragen.
Momentan sei allerdings zu beobachten, dass antisemitische, frauen- und queerfeindliche sowie antidemokratische Äußerungen mit Bibelzitaten begründet würden. Dies dürfe man nicht tolerieren. "Fundamentalistische Bibelauslegungen führen sehr selten zu mehr Respekt voreinander, und auch nicht zu einem tieferen Verständnis biblischer Texte." Die Bibel und ihre Deutung würden so zum Kern der Entfremdung und Abgrenzung.
Preis der Ehrlichkeit
Dagegen nehme die biblische Hermeneutik soziologische, religiöse, kulturelle, literarische und historische Kontexte ernst. Dies möge anstrengend sein. "Sie ist aber der Preis der Ehrlichkeit einem antiken Text gegenüber." Dies sei "weder Aufgabe nur der Theologie oder nur der Kirchen, sondern Aufgabe aller, die über das oder mit dem Buch der Bücher sprechen."
Forschungsergebnissen zufolge ist ein Drittel der Bibellesenden der Meinung, man müsse diese wortwörtlich verstehen. Die anderen zwei Drittel müssten gestärkt werden, so Brockmöller.
Das Katholische Bibelwerk in Stuttgart gibt es seit 1933 und hat etwa 20.000 Mitglieder. Der Verein will die Heilige Schrift verbreiten und gibt Materialien zur Bibelarbeit heraus und veranstaltet Kurse. Zudem hält er die Rechte an der Einheitsübersetzung. (cph)