"Assoziationen an dunkelste Kapitel deutscher Geschichte"

Bischof Timmerevers empört über "Eugenik"-Äußerung von Ärztechef

Veröffentlicht am 29.08.2024 um 12:34 Uhr – Lesedauer: 

Dresden ‐ Beim Wort "Eugenik" denkt man sofort an die Nazis und deren Massenmorde an Behinderten zum Zweck einer "Rassenhygiene". Ein leitender Mediziner in Sachsen hat den Begriff jetzt verwendet. Kritik kommt nicht nur von der Kirche.

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Der Bischof von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, hat die umstrittenen Humangenetik-Äußerungen des Chefs der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen, Klaus Heckemann, scharf kritisiert. Er weise dessen Überlegung und Formulierungen "mit ihren Bezügen zur Eugenik" entschieden zurück, sagte Timmerevers der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Donnerstag in Dresden. "Sie rufen Assoziationen an dunkelste Kapitel deutscher Geschichte wach und sind mit Wert und Würde des Lebens jedes einzelnen Menschen unvereinbar."

Heckemann hatte in der Zeitschrift der Vereinigung im Juni einen Artikel über genetische Diagnostik verfasst und darin von "Eugenik" als Chance, "allerdings in ihrem besten und humansten Sinn", geschrieben. Der Begriff "Eugenik" bezeichnet die sogenannte Erbgesundheitslehre. Die Nationalsozialisten verbanden das mit ihrem Konzept von "Erb- und Rassenhygiene" und verübten im Zuge dessen Massenmorde an Menschen mit Behinderungen.

Timmerevers sagte weiter: "Ich bin dankbar, dass sich zahlreiche Repräsentanten des medizinischen Sektors bereits sehr rasch klar ablehnend dazu geäußert haben." Sowohl der Hauptausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS) wie auch Sachsens Ärztekammer und die Dresdner Hochschulmedizin distanzierten sich in den vergangenen Tagen deutlich von Heckemanns Äußerungen.

Heckemann schreibt von "Vision"

Ebenso Sozialministerin Petra Köpping (SPD): "Aus meiner Sicht werden die Einlassungen seiner Funktion und Verantwortung als Vorstandsvorsitzender der KVS nicht gerecht." Das Sozialministerium hat die Aufsicht über die Vereinigung, den Vorsitzenden wählt aber die Vertreterversammlung.

Heckemann stellt in seinem Artikel Überlegungen zu einer erweiterten Präimplantationsdiagnostik an, um das Risiko der Geburt eines schwerstkranken Kindes zu vermindern. Gefettet schreibt er: "Ganz deutlich: Dies ist eine Vision, die möglich wird, wenn genetische Untersuchungen sehr viel preiswerter zu erbringen sind. Die gesellschaftliche und ethische Diskussion darüber ist natürlich vorher zu führen!"

Zum heutigen Zeitpunkt gebe es allerdings noch gar nicht die Notwendigkeit, diese Diskussion zu führen, "denn eine solche Idee würde momentan noch an den immensen Kosten scheitern". Dies müsse jedoch nicht so bleiben. (KNA)