Standpunkt

Was gute Gottesdienste ausmacht

Veröffentlicht am 04.09.2024 um 00:01 Uhr – Von Julia Martin – Lesedauer: 

Bonn ‐ Einen guten Gottesdienst zu feiern, ist gar nicht so schwer, meint Julia Martin. Dabei komme es nicht darauf an, ob ein Laie oder ein Priester am Altar stehe. Sie sieht auch Parallelen zur Welt des Essens.

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Gute Gottesdienste zu feiern ist einfach. Und damit widerspreche ich gerne einer Headline, die hier gestern als Aufmacher zu lesen war. Vielleicht tut eine Überlegung gut, was eigentlich ein guter Gottesdienst ist? Denn manchmal kommt es eben – trotz liturgischer Standards – auf andere Faktoren an. Bergmessen, Maiandachten an besonderen Orten, Prozessionen oder Hochfeste wie Weihnachten und die Osternacht werden von wohl den meisten Menschen als schöne Gottesdienste erlebt. Auch das Stundengebet der Mönche darf da nicht unerwähnt bleiben.

Was haben einerseits diese besonderen Formen als auch das Alltägliche gemeinsam? Es kann nicht allein daran liegen, ob ein Priester oder Laie hinter dem Altar steht – denn eigentlich geht es doch um genau dasselbe. Aber es kommt doch auf äußere Faktoren an. In seinem Buch "Gastrophysics" beschreibt der Experimentalpsychologe Charles Spence den Einfluss unterschiedlicher Faktoren auf den Geschmack eines Essens. So fand er unter anderem heraus, dass Chips als geschmacklich besser und frischer empfunden werden, wenn der Crunch lauter ist und Kaffee intensiver aus weißen Tassen schmeckt. Objektive Faktoren beeinflussen subjektive Empfindungen. Wo ist also der "Crunch" im Gottesdienst und die "weiße Tasse" – unabhängig von den persönlichen Vorlieben? Welcher Faktor ist der, der keinen Grabenkampf zwischen Bassgeige oder Mantelalbe stattfinden lässt?

Den Fokus auf das Wesentliche, auf Gott, im durchaus Ungewöhnlichen und an außergewöhnlichen Orten. Andererseits das Alltägliche besonders zu machen. Gilt übrigens auch für jeden Gottesdienstbesucher. Der Wechselgesang der Psalmen wird in der Benediktsregel im Detail beschrieben. Der Ordensgründer widmet allein zwei Kapitel der "Haltung beim Gottesdienst" und der "Ehrfurcht beim Gebet", wo er explizit darauf eingeht, "Herz und Stimme in Einklang" zu haben sowie in "Lauterkeit des Herzens" zu beten. Und das mehrmals täglich.

So einfach. So klar. Oder, um im Bild des Essens zu bleiben: Eine Mahlzeit schmeckt sehr viel besser, wenn man sie auf einem Teller serviert in Ruhe am Esstisch isst statt im Stehen in der Küche direkt aus dem Topf. Schön ist, was wir daraus machen – ob vor oder hinter dem Altar.

Von Julia Martin

Die Autorin

Julia Martin ist Pressesprecherin der Benediktinerabtei Münsterschwarzach.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.