Kritik an Papstaussagen zum Ende der Stammesgewalt
Ein Thema des Papstes in Papua-Neuguinea war am Wochenende die Gewalt – speziell jene zwischen den Stämmen und rund 800 verschiedenen ethnischen Gruppen im Land. "Ich hoffe insbesondere, dass die Gewalt zwischen den Stämmen endet, die leider viele Opfer fordert, ein friedliches Zusammenleben verunmöglicht und die Entwicklung behindert", betonte Papst Franziskus während der zweiten Station seiner Reise in den Asien-Pazifik-Raum. Er appellierte an das Verantwortungsbewusstsein aller, die Spirale der Gewalt zu unterbrechen.
Weiter forderte Franziskus in der Hauptstadt Port Moresby mehr Respekt für Frauen. In dem Land mit gut zehn Millionen Einwohnern leiden Frauen unter patriarchalen Strukturen sowie damit verbundener Gewalt und Diskriminierung. Die Zahl der Berichte über Vergewaltigungen steigt. Auch kommt es in Papua-Neuguinea zu Verfolgung und Ermordung von Frauen als Hexen. Obwohl rund 90 Prozent der Einwohner Papua-Neuguineas Christen sind, spielt der Glaube an Magie und Hexerei weiter eine große Rolle.
"Aus einer westlichen Perspektive betrachtet"
Clement Papa (53) ist sogenannter Koadjutor-Erzbischof im Erzbistum Mount Hagen in Papua-Neuguinea. Als solcher ist er dem dortigen Erzbischof Douglas William Young zur Seite gestellt. Papa ist in Mount Hagen im Hochland von Papua-Neuguinea geboren und aufgewachsen. Für ihn steht außer Frage, dass die Kultur der Gewalt in seinem Heimatland ein Ende haben muss. Gleichzeitig aber ist er der Ansicht, dass der Papst, wie viele andere Kritiker auch, die Zustände in seinem Land zu sehr aus einer westlichen Perspektive betrachtet.
"Menschen von Außen kennen und verstehen Papua-Neuguinea nicht wirklich", sagte Papa am Samstagabend (Ortszeit) im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Das aus hunderten Stämmen mit ebensovielen Sprachen bestehende Papua-Neuguinea ist ein Land im Übergang von einer Stammesgesellschaft zu einem westlichen Gesellschaftskonzept." Eine traditionelle Stammesgesellschaft sei aber noch weit entfernt von dem westlichen Konzept von Politik, Justiz und Rechtsstaatlichkeit. "Das wird bei der Betrachtung von Außen zu wenig berücksichtigt und verstanden", so der Koadjutorerzbischof.
Die Insel Neuguinea teilten sich einst die Kolonialmächte Niederlande, Deutschland und Großbritannien. Während der niederländische Teil gegen den Willen der Bevölkerung Anfang der 1960er Jahre Teil von Indonesien wurde, kam das heutige Papua-Neuguinea nach dem Zweiten Weltkrieg erst unter australische Verwaltung, bis es 1975 ein souveräner Staat wurde.
Die westliche Dominanz ist auch in der Geschichte der Stadt Mount Hagens präsent, die nach dem aus Ostpreußen stammenden ehemaligen Landeshauptmann der deutschen Kolonie Neuguinea, Curt von Hagen, benannt wurde. Erster Erzbischof der erst im Jahr 1982 gegründeten Erzdiözese war der Amerikaner George Elmer Bernardi. Sein Nachfolger wurde der aus Hessen stammende Michael Meier. Amtierender Erzbischof ist der Australier Douglas Young, der dem im Mai dieses Jahres von Papst Franziskus zum Koadjutorerzbischof ernannten Papa vor gut einem Monat, am 3. August, die Bischofsweihe spendete. Papa ist damit der erste einheimische Bischof in Mount Hagen.
Papstbesuch mit Strahlkraft
Trotz seiner Kritik hält Papa die Visite von Franziskus für enorm wichtig und sieht sie als positiv an für die Stärkung des Glaubens und die Weiterentwicklung der noch jungen Kirche in Papua-Neuguinea. Die Strahlkraft gehe aber auch über das Land hinaus. "Wir mögen zwar auf der globalen Bühne unbedeutend sein", sagt er, "aber wir sind auch das Land auf der Grenze zwischen Asien und Ozeanien." Laut dem Statistischen Jahrbuch des Vatikans 2023 wächst die katholische Kirche in Asien. In den Ländern Ozeaniens wurde das Christentum in den letzten 200 Jahren durch westliche Missionare die dominante Religion.
Papua-Neuguinea ist nach Indonesien die zweite Etappe der 12-tägigen Papstreise durch vier Länder Asiens und Ozeaniens. Weitere Stationen seiner bis 13. September dauernden Reise sind Osttimor und Singapur.