Standpunkt

Begrenzung von Migration muss Konsens in der Mitte werden

Veröffentlicht am 09.09.2024 um 00:01 Uhr – Von Volker Resing – Lesedauer: 

Bonn ‐ Wer für eine Wende in der Flüchtlingspolitik ist, sei fast schon ausländerfeindlich: Diese These wurde auch im kirchlichen Umfeld geäußert, kommentiert Volker Resing. Dabei dürfe Migration nicht länger "die Mutter aller Probleme" bleiben.

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An seiner Äußerung scheiden sich noch immer die Geister. Schon 2018 hatte der ehemalige Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer postuliert, die Migrationsfrage sei die "Mutter aller Probleme". Sechs Jahre später steht immer noch kein anderes Problem so dominant und wirkmächtig im Raum wie eben die Debatte um den Zuzug von Flüchtlingen.

In dieser Woche hatte der Deutsche Landkreistag ein Papier veröffentlicht, in dem er erklärt, die "Aufnahme- und Integrationsfähigkeit der Kommunen" sei erschöpft. "Eine strikte Begrenzung der irregulären Migration ist dringend erforderlich." Nun ist der Landkreistag nicht als lauter und polemischer Akteur bekannt. Vielmehr kennt kaum einer den Verband, obwohl dieser mit seinen kommunalen Gliederungen sozusagen 96 Prozent der Fläche Deutschlands und über zwei Drittel der Bevölkerung vertritt. Es lohnt also, die Stellungnahme ernst zu nehmen.

Die Begrenzung und Kontrolle von Migration muss möglichst zu einem gesellschaftlichen Konsens der Mitte werden. Natürlich kann man anderer Meinung sein. Aber der übliche Verdacht, gerade im kirchlichen Umfeld bisweilen geäußert, dass derjenige, der für eine Wende in der Flüchtlingspolitik eintritt, sich schon in der Nähe von Ausländerfeinden befände, befördert das Gegenteil, eine Stärkung der politischen Ränder. Die Politikwissenschaftlerin Barbara Zehnpfennig schreibt dazu im Onlinemagazin Communio: "Manche Äußerungen oder Verhaltensweisen seitens kirchlicher Vertreter zur Frage des Asyls und der Zuwanderung vermitteln den Eindruck, dass man den moralischen Rigorismus in der Einforderung von Nächstenliebe der Auseinandersetzung mit der Komplexität der Problemlage vorzieht."

Am Wochenende hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sich zu einem strengeren "Grenzmanagement" bekannt, das er zusammen mit der Opposition von CDU/CSU ausbauen wolle. "Ich hoffe, dass es klappt, weil es gut wäre für die Gesellschaft und den Frieden." So wichtig das demokratische Spiel von Regierung und Opposition ist, so wichtig ist es auch, dass Probleme, die von vielen gesehen werden, auch gelöst werden. Und deswegen darf Migration nicht länger "die Mutter aller Probleme" bleiben. Dabei könnten auch die Kirchen helfen.

Von Volker Resing

Der Autor

Volker Resing leitet das Ressort "Berliner Republik" beim Magazin "Cicero".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.