Jüngst wurden weitere Missbrauchsanschuldigungen bekannt

Nach Vorwürfen gegen Abbé Pierre etliche Umbenennungen geplant

Veröffentlicht am 11.09.2024 um 09:45 Uhr – Lesedauer: 

Paris ‐ Mitte Juli sorgten Enthüllungen über den populären Armenpriester Abbé Pierre über Frankreich hinaus für Entsetzen. Nun kündigen immer mehr französische Städte die Umbenennung von Erinnerungsorten an.

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Nach den schweren Vorwürfen gegen den als "Vater der Obdachlosen" bekanntgewordenen Armenpriester Abbé Pierre (1912-2007) planen mehrere französische Städte, nach ihm benannte Orte umzubenennen. Dies betreffe Straßen, Gärten oder Schulen, die seinen Namen tragen, berichtete der Sender France Info am Dienstag auf seiner Internetseite. Die von Abbé Pierre gegründete Emmaus-Stiftung hat bereits angekündigt, ihren Namen zu ändern.

Die Stadt Paris, die laut Bericht jedoch "die heilsame Arbeit der Stiftung in völliger Transparenz würdigt", will demnach die Abbé-Pierre-Gärten im 13. Arrondissement in Grands Moulins umbenennen, sobald die Stiftung ihre Namensänderung vollzogen habe. In Saint-Etienne, der Hauptstadt des ostfranzösischen Departements Loire, soll die städtische Kommission für öffentliche Ehrungen über den Abbé-Pierre-Platz entscheiden. Sie solle noch vor Ende des Jahres zusammentreten. Ihr Präsident Gilles Artigues schlägt als neuen Namen Square de la Fondation Emmaüs vor.

Auch etliche Schulen in Frankreich, davon viele private, tragen den Namen des Geistlichen. Im bretonischen Departement Ille-et-Vilaine kündigte die Leitung des Berufsgymnasium in der Stadt Tinteniac ebenfalls eine Änderung an. Die Entscheidung sei in Absprache mit den Schülern und Familien getroffen worden. In der Nachbarstadt Hede-Bazouges unternimmt eine Grundschule denselben Schritt. Die Stadt Nancy kündigte unterdessen die Entfernung einer Gedenktafel an. In der Kleinstadt Lescar im Pyrenäenvorland könnte es zudem zur Entfernung einer sechs Meter hohen Statue des verstorbenen Armenpriesters kommen, die erst 2019 eingeweiht wurde.

Neue Anschuldigungen

Erst am Freitag veröffentlichte die Emmaus-Bewegung weitere Anschuldigungen, die seit Juli bei einer eigens eingerichteten Anlaufstelle eingegangen sind. Demnach wurden in den vergangenen Wochen mindestens 17 zusätzliche Zeugenaussagen gesammelt, die den katholischen Ordensmann belasten. Ihm werden sexuelle Übergriffe gegen Frauen und Minderjährige vorgeworfen.

In Frankreich galt der Priester viele Jahre als eine Art nationale Ikone. Der Name, unter dem er bekannt wurde, stammt aus dem Zweiten Weltkrieg, als er in der Resistance Widerstand gegen die deutschen Besatzer leistete. Lange stand der Sozialaktivist auf Platz eins der beliebtesten Franzosen. Henri Antoine Groues, so der bürgerliche Name Abbé Pierres, hatte die Emmaus-Gemeinschaft 1949 gegründet. Sie setzt sich heute mit Hilfe zur Selbsthilfe in knapp 40 Ländern weltweit gegen Armut und Obdachlosigkeit ein. (KNA)