Wiege Kataloniens: Kloster Montserrat feiert 1.000-jähriges Bestehen
Es war ein historisches Treffen. Eigentlich versammeln sich die Benediktiner-Äbte alle vier Jahre zu einem internationalen Kongress an ihrem Sitz im Kloster Sant'Anselmo in Rom. Doch vergangene Woche kamen die fast 100 Benediktiner-Oberen im katalanischen Bergkloster von Montserrat rund 40 Kilometer nordwestlich von Barcelona zusammen.
Dass das Treffen diesmal nicht in Rom stattfand, hat einen besonderen Grund: Vor 1.000 Jahren gründeten die Benediktinermönche das spektakulär in den Gebirgsfelsen von Montserrat gehauene Kloster. Das war im Jahr 1025. Streng genommen ist das 1.000-Jahr-Jubiläum also 2025.
"Aber wir haben uns entschieden, das Jubiläumsjahr bereits am 8. September zu beginnen, dem Festtag der Jungfrau von Montserrat, zumal der 31. Dezember oder der 1. Januar kein gutes Datum für Eröffnungsfeierlichkeiten sind", erklärt Bernat Juliol, Prior von Montserrat.
Jahrhundertealte schwarze Madonna
So fand die Eröffnungszeremonie am Sonntag mit einer feierlichen Messe statt. 15 Monate lang feiert aber nicht nur das Kloster mit unzähligen kulturellen Events und religiösen Zeremonien, sondern die gesamte Region Katalonien. Montserrat ist heute nämlich eine Art Nationalheiligtum für die Mittelmeerregion im Nordosten Spaniens – die religiöse und kulturelle Wiege Kataloniens.
Im September 1881 erklärte Papst Leo XIII. die Muttergottes von Montserrat zur Schutzpatronin der Region. Seit 27. April 1947 thront die Marienfigur im oberen Teil der Apside der Basilika auf einem Altaraufsatz aus Silber, nachdem sie zum Schutz während der Napoleonischen Kriege und des Spanischen Bürgerkriegs (1936-1939) immer wieder versteckt wurde. Sie ist der Grund, warum die Benediktiner hier oben auf 720 Meter Höhe in den Bergen überhaupt ihr Kloster errichteten.
Die schwarze Madonna, die wegen ihrer Farbe auch "La Moreneta" genannt wird, stammt aus dem 12. Jahrhundert. Doch ihre Verehrung ist weitaus älter. Bereits um 880 nach Christus fanden Hirten der Überlieferung nach hier in den Bergen in einer Felsgrotte eine schwarze Madonnenstatue, wie Prior Juliol erklärt. Sie wollten die Figur ins Tal zum Bischof bringen. Doch plötzlich sei die Statue so schwer geworden, dass sie nicht mehr habe fortbewegt werden können. Das sahen sie als Zeichen, dass die Muttergottes an diesem Ort bleiben wollte.
Man baute ihr an der Stelle eine Andachtskapelle, die aufgrund der vielen Pilger schon bald zum christlichen Heiligtum und Wallfahrtsort wurde. "Später im Jahr 1025 errichtete dann der damalige Benediktinerabt Oliba hier das Kloster, weshalb wir am 30. Oktober, seinem Todestag, alle Geistlichen Kataloniens zu einem großen Treffen nach Montserrat einladen", erläutert der Prior.
Oliba (971-1046) war mehr als nur ein Mönch. Er wird von vielen als geistiger Vater Kataloniens angesehen, war Abt verschiedener Benediktinerklöster, Bischof von Vic und stammte aus der Dynastie der Grafen von Barcelona. Damit fing das Kloster an, auch großen politischen Einfluss in Katalonien zu erlangen. Von Olibas erstem romanischen Kloster und den Erweiterungen aus dem 15. Jahrhundert ist kaum noch etwas übrig. 1811 zerstörten französische Besatzungstruppen das Gebäude. Der erst Mitte des 19. Jahrhunderts abgeschlossene Wiederaufbau stand ganz im Zeichen der "Renaixenca", der kulturellen und sprachlichen Wiedergeburt Kataloniens und eines gestärkten katalanischen Selbstbewusstseins.
Der Industrialisierung Kataloniens im 19. Jahrhundert habe das nationale Selbstwertgefühl, der bis heute nach Unabhängigkeit strebenden Region gestärkt, sagt Historikerin Linda Jones von der Pompeu-Fabra-Universität in Barcelona. Bücher und Zeitschriften wurden vermehrt in katalanischer Sprache gedruckt. "Dabei spielte der bereits 1499 gegründete Verlag des Klosters Montserrat eine wichtige Rolle", so die Expertin. Von kultureller Bedeutung ist nicht zuletzt die Escolania de Montserrat, die zu den ältesten Chören und Musikschulen Europas zählt. Im Jubiläumsjahr wird der Knabenchor mehr als 400 Auftritte absolvieren.
Getötete Mönche des Bürgerkriegs gelten als Märtyrer
1936 suchte der Bürgerkrieg das Kloster heim. Es wurde kurzerhand zum Militärhospital der republikanischen Truppen umfunktioniert. Die anarchistischen Soldaten töteten dabei 23 Mönche, die heute als Märtyrer der katholischen Kirche gelten. Im heutigen Sitzungssaal der Montserrat-Mönche sind sie in Wandmalereien verewigt.
Die republikanischen Truppen zerstörten und plünderten Kirchen im ganzen Land, töteten unzählige Geistliche. Als 1939 schließlich der faschistische Putsch-General Francisco Franco den Krieg gewann, jubelte man nicht nur in Montserrat. Doch schon bald sei der totalitäre Charakter der Franco-Diktatur unübersehbar gewesen, so der Prior. Widerstand regte sich. Franco unterdrückte sämtliche Autonomiebestrebungen, verbot die katalanische Sprache. Das Kloster fing an, politisch Verfolgten Unterschlupf zu bieten, widersetzte sich mit religiösen Schriften der Zensur.
Für die fortwährende Unabhängigkeitsbewegung Kataloniens hat Montserrat daher eine immense Symbolkraft. Nicht selten versuchen die separatistischen Kräfte, die sich von Spanien lossagen wollen, das Kloster für ihre politischen Ziele zu instrumentalisieren. Aber auch aus dem Kloster selbst hörte man immer wieder entsprechende Stimmen. "Doch wir wollen ein Ort des Dialogs sein, um Kataloniens gespaltene Gesellschaft wieder zusammenzubringen", versichert Prior Juliol. Jährlich können sich rund 2,5 Millionen Besucher davon überzeugen.