Vertreter der Parteien diskutierten – AfD war nicht dabei

Vor Brandenburg-Wahl: Debatte mit Tradition in Potsdamer Nikolaikirche

Veröffentlicht am 17.09.2024 um 12:26 Uhr – Von Stefan Meetschen (KNA) – Lesedauer: 

Potsdam ‐ Am Sonntag wird in Brandenburg gewählt. In der Potsdamer Sankt Nikolaikirche trafen nun Vertreter der demokratischen Parteien aufeinander, um respektvoll zu diskutieren. Ein gelungenes kirchliches Experiment.

  • Teilen:

"Das hätte ich mir nie vorstellen können, einmal so in einer Kirche zu stehen", sagte der Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke in Brandenburg, Sebastian Walter, nicht ohne Staunen, bevor er mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Steeven Bretz 30 Minuten über die Bedeutung von Zukunftsängsten in der Politik diskutierte. Durchaus kontrovers, wenn auch mit gedämpfter Rhetorik.

Die beiden waren nicht die einzigen Spitzenpolitiker, welche in Nähe des Altarraums ihre politischen Überzeugungen vertraten: Auf Einladung der Kirchen waren am Montagabend Vertreter der demokratischen Parteien Brandenburgs in der gut gefüllten Sankt Nikolaikirche in Potsdam zusammengekommen, um eine Wahldebatte mit Respekt zu bestreiten. Sieben Kandidaten zu drei Themen – moderiert von der erfahrenen rbb-Journalistin Katharina Gerlach und ergänzt durch Experten-Impulse.

Ein kirchliches Experiment mit Tradition

So stritt der Spitzenkandidat des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) in Brandenburg, Robert Crumbach, mit dem Spitzenkandidaten von Bündnis 90/die Grünen, Benjamin Raschke, über das Leben in einem Flächenland. Die Brandenburgische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Manja Schüle (SPD), dachte mit der FDP-Politikerin Monique Bewer und der Freie Wähler-Repräsentantin Carina Simmes laut über Strategien gegen den Fachkräftemangel nach.

Ein interessantes kirchliches Wahlkampf-Experiment, das – wie der gastgebende evangelische Bischof Christian Stäblein unterstrich – ganz bewusst an die Demokratiebewegung in der DDR vor 35 Jahren anknüpfte. Auch damals habe die Kirche "offene Räume" geboten.

Erzbischof Heiner Koch
Bild: ©KNA/JuliaSteinbrecht

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch war Co-Gastgeber der Wahldebatte.

Eine gute Tradition also, auch wenn die Politiker aufgrund der knapp bemessenen Zeit nur an der Oberfläche der jeweiligen Themen kratzen konnten. Anregend und lehrreich war es trotzdem, wie am Ende des Abends der katholische Co-Gastgeber, der Berliner Erzbischof Heiner Koch, konstatierte. Scherzhaft fügte Koch hinzu: "Ich hätte beim Thema Fachkräftemangel gern nachgefragt, wie wir das denn beim Priestermangel machen sollen."

Dabei dankte der Berliner Erzbischof den teilnehmenden Politikern, aber auch Menschen, die sich während des Wahlkampfes in Brandenburg im Hintergrund für ihre Partei engagieren. "Das ist geschätzte, wertgeschätzte, geachtete Demokratie", so Koch.

Kein Raum für die AfD

Bischof Stäblein bekräftige noch einmal die ablehnende Haltung der Kirche gegenüber der AfD, die bei der Veranstaltung nicht vertreten war. "Wenn wir von der Kirche einladen, dann ist das die Grundlage: die Anerkennung des Anderen und der Wille – durchaus im Streit – miteinander zu gestalten." Es gehe beim demokratischen Wettstreit immer um Leidenschaft für das Lösen von Problemen, um die bedingungslose Achtung der Würde aller sowie den Einsatz für die parlamentarische, auf Verfahren- und Gewaltenteilung beruhende Demokratie. "Da hat das Reden von denen, die das unterlaufen wollen, aber oft genug verachtend agieren, keine Bühne und keinen Sinn."

Diesen "weißen Elefanten" im Raum anzusprechen, war notwendig – nicht nur, weil der AfD-Landesverband in Brandenburg vom Verfassungsschutz seit 2020 als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wird: Aktuelle Umfragen vor der Wahl in Brandenburg am kommenden Sonntag zeigen die AfD mit ungefähr 29 Prozent vor der SPD (26 Prozent) von Ministerpräsident Dietmar Woidke. Gefolgt von CDU (15 bis 19 Prozent) und BSW (14 bis 17 Prozent). Dicht an der Fünfprozenthürde befinden sich jeweils Grüne, Linke und Freie Wähler.

Vor diesem Hintergrund konnte man auch die Worte von Manja Schüle noch besser verstehen, die den Bischöfen dafür dankte, dass "die Kirche geöffnet wurde für ein Agora und nicht für eine Arena". Sprich: In der Sankt Nikolaikirche wurden Argumente ausgetauscht, aber niemand fiel über den anderen her. "Für eine Politikerin in der heutigen Zeit ist es ausgesprochen wohltuend, ein solches Format zu erleben."

Von Stefan Meetschen (KNA)