Der Vatikan in der Endlosschleife
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Wahrscheinlich tue ich beiden unrecht. Aber irgendwie sind für mich die Piusbrüder so etwas wie die Griechen des Vatikans. Immer, wenn die Mehrheit der Mitwirkenden und der Zuschauer erleichtert denkt, nun sei das grausame Spiel unwiderruflich zu Ende und man habe der Worte genug gewechselt, treten die Populisten vom Peloponnes ebenso wie die rückwärtsgewandten Fellay-Freunde aufs Neue vor die Mikrophone, um der überraschten Welt mitzuteilen, es gebe wieder frische Vorschläge, über die zu verhandeln es sich lohne.
Realpolitiker in Brüssel wie in Rom mögen argumentieren, es sei in der Tat wichtig, die einen in der Währungsunion und die anderen in der katholischen Kirche konziliarer Prägung zu halten, der Faden meiner persönlichen Geduld droht angesichts der angewandten Taktik allerdings zu zerreißen. Mögen die Verfechter eines geradezu grenzenlosen Entgegenkommens unter dem üblichen Vorbehalt des Jakobus auch vielleicht eines Tages Recht bekommen, ich sehne mich schlicht nach einem Ende des Verfahrens.
"Zeigt endlich mehr Selbstachtung!" möchte ich in solchen Momenten den Kurialen am Tiber zurufen. Vor noch nicht einmal zwei Jahren hatte der zeitweilig exkommunizierte Traditionalisten-Bischof Bernard Fellay Papst Franziskus schließlich noch tadelnd einen "ausgesprochenen Modernisten" gescholten und gewettert: "Die Situation der Kirche ist ein wahres Desaster, und der gegenwärtige Papst macht sie zehntausendmal schlimmer!" Nachdem nun aber sogar ein veritabler Kardinal im bruderschaftseigenen Priesterseminar vorbeigeschaut hat, freut sich Fellay in einem Interview, dass der eben noch abqualifizierte Franziskus die Piusbrüder offensichtlich weiter als Katholiken anerkennt. Gleichzeitig beklagt er jedoch, dass die Kontakte zum Vatikan diskret ablaufen müssten, da sie "heikel" seien.
Ja, wie denn auch anders? Es dürfte viele Katholiken geben, die enttäuscht wären, sollte in Rom der Versuchung nachgegeben werden, die Herde des Herrn an den Stallgeruch einiger selbsternannter Hirten anzupassen, der eher an den inzwischen überwunden geglaubten Muff der Stagnation erinnert als an die frische Luft des Aufbruchs.