Demonstrationen gegen und für Abtreibungen in Berlin und Köln
Abtreibungsgegner haben am Samstag in Berlin und Köln demonstriert. Veranstalter des "Marschs für das Leben" ist der Bundesverband Lebensrecht (BVL), ein Zusammenschluss von 15 Organisationen. In beiden Städten formierten sich Gegenprotestzüge.
Laut Polizei nahmen an dem 20. "Marsch für das Leben" in der Bundeshauptstadt weniger als 2.000 Menschen teil. Von rund 4.000 sprach der Veranstalter. Am Gegenprotest seien rund 500 Personen beteiligt gewesen, so die Polizei. Nahe dem Reichstag habe es eine Sitzblockade gegeben, die aber von den Teilnehmenden am "Marsch für das Leben" umlaufen worden sei. Zudem sei der Marsch auf Höhe des Denkmals für die ermordeten Juden umgeleitet worden, nachdem zwei Personen Flaschen mit einer stinkenden Flüssigkeit auf die Fahrbahn geworfen hätten.
In Köln mehr Gegendemonstranten
In Köln fand der Marsch zum zweiten Mal statt. Hier machten laut Polizei deutlich weniger als die angemeldeten 4.000 Personen mit. Die Gruppe der Gegendemonstranten sei größer gewesen; sie hätten deutlich mehr als die 2.500 angemeldeten Personen aufgeboten. Konkretere Angaben zu den Teilnehmendenzahlen machte die Polizei nicht. Eine Blockade des Marschs auf der Severinsbrücke sei geräumt und eine Gruppe Linksautonomer unter den Gegendemonstranten separiert worden. Die BVL-Bundesvorsitzende Alexandra Linder sagte zum Auftakt am Brandenburger Tor in Berlin: "Wir wollen eine lebensbejahende Gesellschaft, in der auch Überraschungskinder angenommen werden, in der Schwangere und Familien echte Hilfe und Lösungen erfahren. Das ist unser Ziel und deshalb sind wir hier."
Kritik kam von der SPD. "Das ist kein Marsch für das Leben, das ist ein Marsch gegen die freie Entscheidung von Frauen in einer echten Konfliktsituation", erklärte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion, Katja Mast. Mit Blick auf die Abtreibungs-Gesetzgebung bleibe noch viel zu tun. Die Ampel-Koalition habe aber bereits wichtige Schritte vorangebracht, darunter das Verbot von Protesten von Abtreibungsgegnern vor medizinischen Einrichtungen oder die Abschaffung des sogenannten Werbeverbots für Abtreibungen, damit Ärzte über Abbrüche informieren können.
Katholische Bischöfe unter den Teilnehmern
In Deutschland ist ein Schwangerschaftsabbruch nach Paragraf 218 im Strafgesetzbuch rechtswidrig. Er bleibt aber bis zur zwölften Schwangerschaftswoche straffrei, wenn es zuvor eine Beratung gab. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission empfiehlt eine Liberalisierung der Gesetzgebung und fordert eine "Entkriminalisierung" der Abtreibung. Dagegen betonte Linder: "Niemand wird mit der geltenden Abtreibungsregelung diskriminiert, stigmatisiert oder kriminalisiert." Sie zeigte sich überzeugt, dass der nächste Bundestag wahrscheinlich keine Mehrheit für Gesetze haben werde, "die Menschen im Stich lassen und ihnen Todesangebote statt Lebensoasen anbieten".
An der Kundgebung in Berlin nahmen die katholischen Bischöfe Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Gregor Maria Hanke (Eichstätt) teil, ferner die Weihbischöfe Matthias Heinrich (Berlin), Josef Graf (Eichstätt) und Florian Wörner (Regensburg). Weihbischof Dominikus Schwaderlapp aus Köln beteiligte sich laut BVL am dortigen Marsch. Im Vorfeld hatte der Vertreter des Papstes in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, ein Grußwort an die Teilnehmenden gerichtet. Innerhalb der katholischen Kirche ist der Marsch umstritten. So kritisierte der Bund der Deutschen Katholischen Jugend im Erzbistum Köln im vergangenen Jahr, dass sich auch rechtsextreme Aktivisten und politische Parteien daran beteiligten. (KNA)