Wiener Dompfarrer: "Scheinheiligkeit geht mir auf die Nerven"
Toni Faber, Pfarrer im Wiener Stephansdom, hat Scheinheiligkeit mit Blick auf moralische Urteile in der Kirche kritisiert. "Ich möchte mich möglichst wenig mit Fehlern anderer aufhalten und bitte auch, das mit meinen so zu halten", sagte er der Zeitung "Kurier" (Wochenende). "Scheinheiligkeit geht mir auf die Nerven", so der Geistliche.
Jesus habe selbst gesagt, Zöllner und Dirnen seien ihm lieber als jene, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt seien und andere verachteten. So sei etwa der im August verstorbene prominente Bauunternehmer Richard Lugner kein moralisches Vorbild gewesen, habe aber stets ehrlich zu seinen Fehlern gestanden.
Für mehr Reformwillen
Faber plädiert für mehr Reformwillen innerhalb der katholischen Kirche. Als Theologiestudent habe er noch gehofft, weibliche Priester, die Abschaffung des Pflicht-Zölibats und die Segnung homosexueller Paare zu erleben. Allerdings seien diese Fragen nicht zentral für die kirchliche Zukunftsfähigkeit: Die evangelische Kirche, "die aber leider nicht besser dasteht als wir", habe diese Reformen schließlich bereits umgesetzt. Dennoch befürworte er das evangelische Modell, auch wenn er sich mit 62 Jahren nicht nach einer eigenen Familie sehne, versicherte Faber. Zugleich bedeute der Zölibat aus seiner Sicht "Freiheit für Gott".
Toni Faber ist seit 27 Jahren als Dompfarrer im Wiener Stephansdom tätig. Aufgrund zahlreicher öffentlichkeitswirksamer Initiativen ist er in Österreich landesweit bekannt. (KNA)