Standpunkt

"Trad-Wife"-Trend: Rückwärtsgewandte Entwicklungen im Blick haben

Veröffentlicht am 24.09.2024 um 00:01 Uhr – Von Friederike Frücht – Lesedauer: 

Bonn ‐ Haushalt, Kinder und Ehemann als Zentrum des eigenen Lebens: Für Friederike Frücht ist der konservative "Trad-Wife"-Trend ein Warnsignal. Wir müssen rückwärtsgewandte Entwicklungen in der Gesellschaft im Blick haben, fordert Frücht.

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In den letzten Jahren ist der Begriff "Trad-Wife" – eine Abkürzung für "Traditional Wife" – zunehmend populär geworden, besonders in Social Media. Frauen, die sich als "Trad-Wifes" identifizieren, propagieren ein tradiertes Rollenbild: Haushalt, Kinder und ihr Ehemann stehen für sie im Fokus, während dieser als Alleinverdiener über das Leben von Frau und Familie bestimmt. Was auf den ersten Blick nach einer persönlichen und selbstbestimmten Entscheidung für ein "natürliches" Lebensmodell aussehen mag, ist in Wirklichkeit eine Rückkehr zu überholten und potenziell gefährlichen Geschlechterrollen, die überdies idealisiert und als erstrebenswert dargestellt werden.

Das Problem liegt nicht darin, dass Frauen sich freiwillig für Hausarbeit und Kindererziehung entscheiden. Problematisch wird es dann, wenn diese Entscheidung als allgemeingültiges Ideal für alle Frauen dargestellt wird. Zudem suggerieren die "Trad-Wifes" ein romantisiertes Bild von Weiblichkeit und Familienidylle, das patriarchale Strukturen verstärkt. Realistisch lässt sich ein solches Rollenbild nur in relativ wohlhabenden Schichten umsetzen, um den eigenen Lebensstil zu verwirklichen.

Die Idealisierung basiert auf einer aus heutiger Perspektive rückschrittlichen Vorstellung von Geschlechterrollen und konterkariert den langjährigen Kampf vieler Frauen gegen die jahrhundertelange Unterdrückung, die Frauen durch genau solche Rollenzuschreibungen erfahren haben. Diese Strukturen verwehrten Frauen lange den Zugang zu Bildung, politischer Partizipation und ökonomischer Unabhängigkeit. Die "Trad-Wife"-Ideologie ist zudem oft mit konservativen und nationalistischen Strömungen verknüpft, die einen Rückgriff auf vermeintlich "bessere" Zeiten fordern – Zeiten, in denen Geschlechterrollen strikt definiert waren. Es ist kein Zufall, dass viele Anhänger*innen dieser Bewegung gegen Diversität, LGBTQ+-Rechte und moderne feministische Errungenschaften sind.

Bei aller Toleranz sollten wir die Entwicklungen im Blick haben, die in der Gegenwart geführt haben. Dazu gehört auch, wachsam zu sein und rückwärtsgewandte Entwicklungen zu hinterfragen. Nur so lassen sich Vielfalt und Offenheit und damit die persönliche Freiheit jedes und jeder Einzelnen bewahren.

Die Autorin

Friederike Frücht leitet die Abteilung Kommunikation der kfd und ist Chefredakteurin der Mitgliederzeitschrift Junia.

Von Friederike Frücht

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.