Das Bonifatiuswerk unterstützt seit 175 Jahren Minderheitskatholiken
"Boni facere" – Gutes tun: Das hat sich das Bonifatiuswerk zum Programm gemacht. Nicht nur in nord- und osteuropäischen Regionen, wo es kaum Katholiken gibt, ist das in Paderborn angesiedelte Hilfswerk aktiv. Ein wichtiger Akzent seiner Arbeit liegt inzwischen auch auf der Förderung katholischen Lebens hierzulande. Denn die Kirchenzugehörigkeit schwindet, Religion und christlicher Glaube verlieren ihre gesellschaftliche Bindekraft, die finanziellen und personellen Ressourcen werden geringer. Am Freitag begeht das Bonifatiuswerk den 175. Jahrestag seiner Gründung.
Die Diaspora – das Leben in der Zerstreuung – beginne schon vor der Haustür, erklärte Generalsekretär Georg Austen 2021 in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Auch in katholischen Kerngebieten nähmen hierzulande immer weniger Menschen am kirchlichen Leben teil. "Diejenigen, die ihren Glauben leben, fühlen sich nicht selten allein", sagte Austen. Christsein verlange aber "nach Nähe und Kontakt". Die Hilfsorganisation wolle auch dabei helfen, den Glauben in der Gesellschaft wieder zur Sprache zu bringen.
Die größte Herausforderung für die Zukunft sieht Austen darin, "die Glaubenswirklichkeit und Relevanz des christlichen Glaubens in die heutige Zeit zu transferieren sowie im Dialog das Vertrauen der Menschen (wieder) zu gewinnen und notwendige Reformen anzugehen". Die Diasporasituation zeige sich heute als "ein Verortet-Sein in einem säkularen, mehrheitlich nichtgläubigen Umfeld".
"Keiner soll alleine glauben"
"Keiner soll alleine glauben" – das ist der zeitlos gültige Leitgedanke des Bonifatiuswerks. Zu sehen ist er auch als Schriftzug auf den aktuell mehr als 600 rapsgelben "Boni-Bussen". Die Kleintransporter sind in den Fördergebieten unterwegs, um Gemeinden zu vernetzen und Menschen in abgelegenen Regionen zu kirchlichen Angeboten wie Kommunionunterricht, Seniorentreffs oder der Kirchenchorprobe zu fahren.
Ein Klassiker sind die seit 1969 angebotenen Religiösen Kinderwochen. Die Aktion "Weihnachtsmannfreie Zone" wirbt seit 2002 für "den echten Nikolaus", der im Gegensatz zum Weihnachtsmann christliche Werte wie Nächstenliebe, Einsatzbereitschaft und Mut verkörpere. Seit 2013 unterstützt das Bonifatiuswerk missionarische Projekte in ganz Deutschland. Damit Multiplikatoren im Firmunterricht Glaubensinhalte zeitgemäß vermitteln können, bietet das Hilfswerk seit 2023 als erstes digitales Großprojekt eine entsprechende App an.
Möglichkeiten, an die vor 175 Jahren niemand dachte, als das Hilfswerk – damals noch unter dem Namen "Bonifatius-Verein" in Regensburg – am 4. Oktober 1849 gegründet wurde. Damals gab es tiefgreifende gesellschaftliche und politische Veränderungen. Arbeiter aus dem katholischen Schlesien zogen ins protestantisch geprägte Preußen. Kirchen, Pfarrhäuser oder Schulen gab es für sie nicht. Erste große Herausforderung des Vereins war es, diese Katholiken zu unterstützen.
Später, nach der deutschen Teilung, setzte sich der 1968 in Bonifatiuswerk umbenannte Verein dafür ein, dass katholisches Glaubensleben in der DDR möglich blieb. Seit 1974 unterstützt das Hilfswerk katholische Christen in Schweden, Norwegen, Island, Finnland und Dänemark, 1995 kamen Lettland und Estland hinzu.
Mehr als 1.000 Projekte
Allein 2023 hat das Bonifatiuswerk 1.123 Projekte für katholische Minderheiten in Deutschland, Skandinavien und dem Baltikum mit 9,6 Millionen Euro gefördert. Das Geld fließt in den Bau von Kirchen, Klöstern, Schulen und Kindergärten, religiöse Kinder- und Jugendfreizeiten sowie soziale Projekte.
Immer am dritten Sonntag im November ruft das Bonifatiuswerk zu Spenden in den katholischen Gottesdiensten auf – in diesem Jahr am 17. November. Die vorausgehende Diaspora-Aktion steht 2024 unter dem Motto "Erzähle, worauf Du vertraust" und wird am 10. November in Regensburg eröffnet.
Vertrauen ist nötig: Auch das Bonifatiuswerk beobachtet mit Sorge den "fundamentalen Transformationsprozess", in dem sich die katholische Kirche befindet und der Hilfswerke und Bistümer vor große Herausforderungen stellt. Ein Problem ist etwa die Überalterung der Spenderinnen und Spender. Generalsekretär Austen gibt sich trotzdem zuversichtlich: "Trotz aller schmerzhaften Um- und Abbrüche möchten wir an einer Kirche der Zukunft mitbauen, die Freude am Glauben vermittelt und Orientierung auf die existenziellen Fragen der Menschen in einer komplexen Gesellschaft gibt".