Studie hatte mehr als 400 Betroffene ermittelt

Bistum Osnabrück: Nicht nachlassen bei Missbrauchsaufarbeitung

Veröffentlicht am 09.10.2024 um 13:12 Uhr – Lesedauer: 

Osnabrück ‐ Eine Woche nach Veröffentlichung einer Studie zu Missbrauchsfällen in der Diözese reagiert das Bistum Osnabrück – zusammen mit Betroffenen. Die fordern unter anderem, dem Erzbistum Hamburg mehr Druck zu machen.

  • Teilen:

Nach Vorstellung einer Studie zu sexualisierter Gewalt will sich das Bistum Osnabrück weiter um Aufklärung bemühen. "Wir dürfen nicht nachlassen in der Aufarbeitung, Betroffene bestmöglich unterstützen und alles Erdenkliche tun, dass sexualisierte Gewalt keine Zukunft mehr hat", sagte der Verwaltungschef des Bistums, Generalvikar Ulrich Beckwermert, am Mittwoch vor Journalisten. Bisher ergriffene Maßnahmen im diözesanen Schutzprozess sollten ausgebaut und verstetigt werden. Auch würden Betroffene weiter eingebunden und der Dialog mit externen Fachleuten fortgesetzt. Beckwermert vertrat den kurzfristig erkrankten Bischof Dominicus Meier.

Die Studie der Universität Osnabrück, an der auch Betroffene beteiligt waren, war vergangenen Mittwoch vorgestellt worden. Von 1945 bis zur Gegenwart ermittelten die Forscher mehr als 400 Betroffene und 122 beschuldigte Priester und Diakone. Nach der Präsentation erster Zwischenergebnisse vor zwei Jahren war im vergangenen Jahr der langjährige Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode zurückgetreten.

Gemeinden müssen über Täter informiert werden

Bodes Rücktritt sei auch Folge einer kirchenrechtlichen Anzeige durch den Betroffenenrat gewesen, so Ilona Düing, Vertreterin des Betroffenenrats Nord der Bistümer Hamburg, Hildesheim und Osnabrück. Anders als früher funktioniere der Dialog mit dem Bistum inzwischen deutlich besser.

Die Studie bewerteten Kirchenvertreter und Betroffene übereinstimmend als wertvoll. Sie leiste genau das, was Papst Franziskus unlängst gefordert hatte: "Das Böse muss ans Licht gebracht werden, damit es bekannt wird", so Düing. In ersten Gesprächen habe man der Bistumsleitung bereits konkrete weitere Schritte unterbreitet. Dazu gehöre, Gemeinden und Institutionen über Täter in ihrer je eigenen Geschichte "betroffenensensibel und mit Augenmaß" zu informieren. In den vergangenen Jahren hatte es im Bistum dazu mehrfach Kritik gegeben.

Bild: ©picture alliance/dpa/Maja Hitij (Symbolbild)

Betroffenenvertreterin Düing übte Kritik am Erzbistum Hamburg. Auf dessen Gebiet, das bis 1994 zu Osnabrück gehörte, lebten noch viele Betroffene. Dort aber komme die Aufarbeitung von Missbrauch kaum noch voran.

Außerdem müssten bestehende Maßnahmen ausgebaut und verstetigt werden sowie Zeugnisse von Betroffenen der Nachwelt erhalten bleiben. Schutzkonzepte, Umgang mit Vorwürfen und Aufarbeitung sollten fester Bestandteil von Visitationen werden, wenn der Bischof Pfarreien besucht. Nachdrücklich forderte Düing, Vertreter des Bistums müssten mit Verantwortlichen des Erzbistums Hamburg sprechen. Auf dessen Gebiet, das bis 1994 zu Osnabrück gehörte, lebten noch viele Betroffene. Dort aber komme die Aufarbeitung von Missbrauch kaum noch voran.

Generalvikar Beckwermert würdigte vor allem die Beteiligung Betroffener an der Studie. Die mit ihnen entwickelten Narrative rund um sexualisierte Gewalt und Einblicke in typische Szenen seien wichtig für Prävention und Bildungsarbeit. Wegen einzelner Fragen, etwa zu seelsorglichen Aufgaben, wolle man das weitere Gespräch mit den Forschern suchen. Am mitunter kritisierten System kirchlicher Zahlungen zur Anerkennung des Leids von Betroffenen wolle das Bistums vorerst festhalten, auch wenn dieses sicher weiter entwickelt werden müsse.

Heinz-Wilhelm Brockmann, externer Sprecher der Monitoring-Gruppe zum diözesanen Schutzprozess, würdigte ebenfalls die von der Studie analysierten Narrative und Einblicke. Diese könnten helfen, die kirchliche Gesellschaft zu sensibilisieren. Auch könnten sie zu klugem und entkrampftem Umgang mit Sexualität und sexualisierter Gewalt beitragen. (KNA)