Eichstätter Kathedrale wurde fünf Jahre lang saniert

Hanke zu Dom-Wiedereröffnung: Kehren in geistliches Elternhaus zurück

Veröffentlicht am 20.10.2024 um 00:01 Uhr – Von Roland Müller – Lesedauer: 

Eichstätt ‐ Fünf Jahre hat die Sanierung des Doms zu Eichstätt gedauert. Bischof Gregor Maria Hanke freut sich, dass die Arbeiten an seiner Kathedrale nun beendet sind. Im katholisch.de-Interview verrät er, wie die Wiedereröffnung des Doms gefeiert wird – und welche Veränderungen in der Diözese noch anstehen.

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Der Eichstätter Dom ist nicht nur die Kathedralkirche von Bischof Gregor Maria Hanke, sondern dort befindet sich auch das Grab des heiligen Willibald, des ersten Bischofs der Diözese. Deshalb freut sich das ganze Bistum nun darauf, dass der Dom zu Eichstätt nach einer fünfjährigen Zeit der Sanierung am Sonntag wiedereröffnet wird. Im Interview mit katholisch.de spricht Hanke über die Rückschläge bei den Bauarbeiten am Gotteshaus und erklärt, warum er beim Fest nach dem Eröffnungsgottesdienst eine Kellnerschürze tragen wird.

Frage: Auf der Internetseite des Bistums gibt es eine Uhr, die die Zeit zur Wiedereröffnung des sanierten Eichstätter Doms herunterzählt. Fiebert das Bistum und fiebern Sie, Herr Bischof, der Eröffnung Ihrer Kathedrale entgegen?

Hanke: Ja, wir freuen uns sehr. Die Zeit, die unser Dom geschlossen war, war sehr lang. Für uns in Eichstätt hat der Dom eine enorme Bedeutung: Er ist nicht nur Kathedralkirche, sondern auch Grabeskirche des ersten Bischofs, des heiligen Willibald. Insofern freuen wir uns sehr, dass wir wieder in unser geistliches Elternhaus zurückkehren können.

Frage: Eine der Neuerungen im Dom ist ein neues Lichtkonzept, das etwa die berühmte Willibald-Statue neu ausleuchtet. Sehen Sie Ihren Vorgänger im Bischofsamt nun mit neuen Augen?

Hanke: Ich entdecke immer wieder Neues am heiligen Willibald. Ich lese gerne seine Vita, die er zu Lebzeiten der Nonne Hugeburc diktiert hat. Willibald hatte einen großen Wagemut, an seiner Persönlichkeit kann man immer wieder neue Züge entdecken. Die Willibald-Statue schaut in den Chor des Doms und nach dem alten Raumkonzept stand die Kathedra des Bischofs in einer Linie mit der Statue. Der aktuelle Bischof auf seiner Kathedra und der heilige Willibald befanden sich dann Aug' in Aug'. Die Neuordnung im Altarraum hat das jetzt etwas verändert. Das hat den guten Grund, dass dadurch die Sichtachse zum Hochchor frei wird. Die neue Kathedra ist nun in einer Achse mit dem Ambo angeordnet, dem Ort der Verkündigung im Gottesdienst. Das hat eine theologisch tiefe Bedeutung.

Frage: Welche weiteren Neuerungen gibt es im sanierten Eichstätter Dom?

Hanke: Ich habe es schon erwähnt: Der Altarraum ist neugestaltet worden. Er zeichnet sich durch eine schlichte Vornehmheit aus. Die Kathedra ist nun ein einfacher Holzstuhl, aber im Gesamtensemble ist das sehr wirkungsvoll. Die neue Schlichtheit ist eine Hilfe für die Andacht. Besonders hervorgehoben ist der Ambo. Er ist nicht aus dem gleichen Material wie der Altar, obwohl das in der Regel empfohlen wird. Aber wir haben es nun ganz bewusst nicht so gemacht. Ich halte das im sanierten Dom für sehr gelungen. Der Ambo besitzt eine goldene Fassung, ist aber so durchlässig, dass er nicht klotzig wirkt. Damit zieht er die Blicke der Gläubigen auf den Ort der Verkündigung.

Frage: Während der Sanierung gab es immer wieder Rückschläge, wie größere Schäden am Dach oder der Brand Anfang des Jahres, der die Eröffnung um einige Monate verzögert hat.

Hanke: Das Dachgebälk war sehr schadhaft, da musste viel ausgebessert werden. Wir müssen froh sein, dass wir die Sanierung gerade noch im rechten Moment begonnen haben. Nur wenig später hätten erhebliche Schäden auftreten können, bis dahin, dass Teile des gotischen Gewölbes des Doms durchgebrochen wären. Da haben wir gerade den richtigen Zeitpunkt erwischt. Was mich schon sehr erschüttert hat, war der Brand, der dann aber letztlich doch sehr glimpflich verlaufen ist. Zunächst gab es Befürchtungen, dass sich durch den Brand der Plastikabdeckungen im Dom Stoffe in den frischgetünchten Mauern abgelagert hätten. Das war aber nicht der Fall, da diese schadhaften Stoffe sehr schnell mit Lüftungs- und Absauggeräten unter Kontrolle bekommen wurden. Die Farbproben, die man dann entnommen hat, zeigten, dass die Wände keinen Schaden genommen hatten. Da war ich sehr erleichtert, denn im gegenteiligen Fall hätte das einen erheblichen zeitlichen Aufschub der Wiedereröffnung des Doms bedeutet.

Das Grab des heiligen Willibald im Dom zu Eichstätt
Bild: ©stock.adobe.com/Pecold

Das Grab des heiligen Willibald im Dom zu Eichstätt.

Frage: Es gab Diskussionen um die Finanzierung der Domsanierung, die zu einem Großteil aus Steuermitteln bestritten wurde. Warum ist es gerechtfertigt, dass die Allgemeinheit für die Renovierung eines Kirchengebäudes zahlt?

Hanke: Ein Dom ist nicht einfach ein kirchliches Gebäude, sondern darüber hinaus auch ein historisches Denkmal, das sehr viel über unsere Region aussagt. Der Glaube hat unsere Gesellschaft stark geprägt und tut es bis zum heutigen Tag. Unser Grundgesetz spiegelt in vielen Punkten diesen christlich durchtränkten Mutterboden wider, auf dem wir nach wie vor stehen. Dome und andere Gotteshäuser sind nicht nur wertvolle kunsthistorische Beiträge zur Kultur unseres Landes, sondern auch Erinnerungszeichen dafür, woher wir mit unseren Werten kommen. Uns Christinnen und Christen erinnern sie daran, dass wir diesen Mutterboden lebendig halten sollen, aus dem unsere Werte erwachsen sind.

Frage: Am Sonntag wird der Dom mit einem großen Fest wiedereröffnet: Es gibt einen Gottesdienst, Domführungen, leckeres Essen und auch eine "Silent Disco". Was ist dabei Ihr Highlight?

Hanke: Ich freue mich natürlich besonders auf den eigentlichen Eröffnungsgottesdienst und die anschließende Begegnung mit den Gläubigen. Wir – Bischof und Domkapitel – werden uns aktiv in den Service der Gastronomie bei dem Fest nach der Wiedereröffnung des Doms einbringen. Wir binden uns Schürzen um und bewirten die Menschen. Auf diese Weise wollen wir ein Zeichen der Nähe zu den Menschen setzen. Daran ist mir sehr viel gelegen.

Frage: Im Bistum Eichstätt gibt es über die Neueröffnung des Doms hinaus weitere Neuigkeiten. Vor einigen Wochen wurde bekannt, dass eine größere Beteiligung der Laien an Entscheidungen im Bistum geplant ist. Wie ist es dazu gekommen?

Hanke: Ich habe bereits nach der Aufdeckung des Finanzskandals in unserem Bistum in Erwägung gezogen, dass wir die Finanzverantwortlichkeit neu aufstellen und sie stärker mit der Pastoralverantwortlichkeit kombinieren. Inzwischen liegt dafür auch ein Entwurf vor, der von Juristen und Kanonisten angefertigt wurde – man muss bei diesen Themen ja auch die staatlichen Vorgaben berücksichtigen. Grundsätzlich habe ich immer gesagt, dass eine neue Form der Partizipation hier sinnvoll ist. Zumal wir sowieso enger zusammenrücken müssen, wenn wir als Kirche kleiner werden. Ich halte zudem die Vielfalt an Gremien, die wir haben, für sehr aufwendig. Es führt zu einem effizienteren Miteinander, einer besseren Verwaltung, wenn wir die Gremien fusionieren oder enger zusammenrücken lassen. Hierzu gibt es in den Gremien noch Austausch- und Klärungsbedarf.

Frage: Stehen diese Überlegungen im Einklang mit dem Aufruf des Papstes zu mehr Synodalität in der Kirche?

Hanke: Grundsätzlich muss klar sein: Demokratie und Synodalität haben gewisse Schnittmengen, sind aber nicht identisch. Wir werden mit Sicherheit nicht einfach ein sogenanntes synodales Gremium haben, das ausschließlich nach demokratischen Prinzipien entscheidet. Das entspricht nicht unserem Auftrag als Kirche. Aber wir müssen neue Formen der Partizipation suchen. Da bin ich durchaus für neue Ideen offen, denn ich bin Ordensmann und komme aus der Tradition der Kapitel. Ich habe keine Berührungsängste einer echten Synodalität gegenüber. Weiterhin ist mir wichtig, wenn wir einen neuen Weg bei diesem Thema finden, dass wir ihn als Bistum nicht alleine gehen. Mir ist daran gelegen, dass sich die Bistümer innerhalb des bayerischen Verbundes zusammentun, die ähnliche Interessen verfolgen. Dann könnten wir gemeinsam einen Weg zu mehr Partizipation entwickeln. Wobei ich nicht weiß, ob sich alle Bistümer in Bayern daran anschließen wollen. Es gibt noch viel Klärungsbedarf auf der diözesanen Ebene mit den verschiedenen Gremien.

Dom zu Eichstätt
Bild: ©stock.adobe.com/herculaneum79

Der Dom zu Eichstätt im Herbst.

Frage: Sie wollen also den anderen Bischöfen in Bayern empfehlen, den eingeschlagenen Weg zu mehr Partizipation der Laien an Entscheidungen mitzugehen?

Hanke: Ich möchte da niemandem Vorschriften machen. Wenn sich aber unser Weg als gut und hilfreich erweist, können wir mit anderen Diözesen gemeinsam eine Lösung finden. Mehrfach wurde das sogenannte Rottenburger Modell in diesem Zusammenhang angesprochen, was aber für uns in Eichstätt bedeuten würde, dass sich die Gestalt unseres Diözesanrats deutlich ändern würde.

Frage: Sie haben den Begriff der Synodalität schon angesprochen und im Moment tagt im Vatikan die Weltsynode zur Synodalität. Wie verstehen Sie diesen Begriff?

Hanke: Synodalität wird von vielen heute allzu leicht mit Demokratie verwechselt. Demokratie basiert aus einem Mehrheitsprinzip und einem Wettbewerb der Konzepte. Es gibt Parteien, die notwendig sind, um eine Dynamik zu entfachen. Das sind alles Dinge, die sich mit Synodalität nicht vertragen. Synodalität geht zunächst einmal davon aus, dass eine Hörbereitschaft und eine grundsätzliche Offenheit da sind, auf das zu hören, was Gott von uns im konkreten Augenblick will. Diese Hörbereitschaft soll uns in der Kirche untereinander einen. Beim Austausch über das Gehörte soll die Kirche im Diskurs herausfinden, wohin uns der Weg führt. Das ist nicht immer leicht und manchmal auch mit Geburtswehen verbunden. Man muss sich gegenseitig gut ertragen können. Das ist ähnlich wie in den Ordensgemeinschaften, in denen man versucht, möglichst konsensual Entscheidungen zu treffen. Es erfordert Toleranz und geistliche Reife, sich in diesen Prozessen auszuhalten und beieinander zu bleiben. Es regnet echte Synodalität nicht vom Himmel herunter.

Frage: Das bedeutet dann aber auch, dass es zu Spannungen in der Kirche kommen kann.

Hanke: Das sehen wir schon in der Apostelgeschichte, die von Auseinandersetzungen unter den Jüngern Jesu berichtet. Aber dieser Streit darf nicht das letzte Wort haben. Man muss dann einen Schritt zurück machen, ins Gebet gehen und Zeit verstreichen lassen. Erst dann sollte man erneut miteinander beraten. Synodalität ist nicht einfach nur ein sachbezogener Prozess, sondern auch ein Weg der Persönlichkeitsentwicklung und Bereitschaft zur Veränderung.

Frage: Sie sind als Benediktiner selbst Ordensmann und Papst Franziskus ist Jesuit. Haben die Orden unter dem aktuellen Papst an Einfluss gewonnen, so wie es die Bischofs- und Kardinalsernennungen der vergangenen Jahre annehmen lassen?

Hanke: Franziskus hat die Orden mehr in die verfasste Kirche hineingeholt. Früher hat man die Orden eher außen vor gelassen oder verstärkt in Missionsgebieten eingesetzt. Als ich als Ordensmann Bischof wurde, war meine Ernennung noch eher ein Ausnahmefall. In Bayern gab es zwar eine ungeschriebene Tradition, dass nach Möglichkeit immer ein Benediktiner Diözesanbischof sein soll. Aber ansonsten gab es in Deutschland lange Zeit keinen Bischof aus einer Ordensgemeinschaft. Franziskus hat das etwas verändert. Ich habe mich beim Schritt vom Kloster ins Bistum nach meiner Bischofsernennung zunächst etwas schwergetan, denn die Abläufe sind anders. Im Orden sind die Wege oft etwas kürzer. Aber die Orden haben ihren Erfahrungsschatz, besonders im geistlichen Bereich, und können die Kirche sehr bereichern. Das gilt auch beim Thema Synodalität.

Frage: Gilt das auch mit Blick auf die Laien in der Kirche? Denn es gibt mit den Drittorden, etwa bei den Franziskanern, oder dem benediktinischen Oblatentum, auch Wege einer engeren Anbindung von Laien an die Orden.

Hanke: Ich begrüße es sehr, wenn sich auch Laien ganz spezifischen Spiritualitäten anschließen. Das gibt es durchaus, etwa im Bereich der Jesuiten. Früher waren die franziskanischen Gemeinschaften sehr stark, was leider zurückgegangen ist. Das ist eine Kostbarkeit der Kirche, die man noch mehr fördern könnte. Vielleicht ist das auch im Zuge der Transformation der Seelsorge mit den wachsenden pastoralen Räumen ein guter Weg. Dann können sie als Frauen und Männer in der Kirche in ihren Pfarreien eventuell besser ihren Dienst tun und die Pastoral lebendiger gestalten.   

Von Roland Müller